Aus guter Familie. Leidensgeschichte eines Mädchens
Jetzt kaufen
Durch das Verwenden dieser Links unterstützt du READO. Wir erhalten eine Vermittlungsprovision, ohne dass dir zusätzliche Kosten entstehen.
Beschreibung
Autorenbeschreibung
Gabriele Reuter (1859–1941) war eine bedeutende deutsche Schriftstellerin und zu Lebzeiten sehr erfolgreich. Mit Aus guter Familie (1895) wurde sie über Nacht berühmt.
Beiträge
Roman über eine unverheiratete Frau während der Kaiserzeit
Der 1896 publizierte Roman "Aus guter Familie" behandelt das Leben der jungen Agathe, die wie der Titel bereits verrät aus einer gutbürgerlichen Familie während der wilhelminischen Zeit stammt. Agathe ist voller Wünsche und Träume. Als sie konfirmiert wird, bekommt sie ein Buch mit Gedichten geschenkt, was der Vater gleich als für sie unpassend reglementiert. Als kurz darauf ihre Freundin Eugenie ihr heimlich erzählt wo die kleinen Kinder tatsächlich herkommen, reagiert Agathe mit Abscheu und distanziert sich von der Freundin. Sie treibt sich bis zum späten Abend auf der Straße herum und wird von ihrer Mutter mit der Gerte dafür geschlagen und kurze Zeit später in ein Pensionst gegeben. Agathe ist eine sensible junge Frau, die sich nicht richtig anpassen kann. Ihre schwärmerische Liebe erfährt viele Ernüchterungen, z.B. dass ihr Bruder dem Dienstmädchen nachstellt und ein von ihr angebeteter Maler ein uneheliches Kind gezeugt hat. Die Regeln, die die Gesellschaft ihr und anderen Frauen auferlegt hat, gelten nicht für die Männer. Selbst als sie in eine Vernunftehe mit einem älteren Mann flüchten will, kommt diese nicht zustande, da der Bruder ihre Mitgift verspielt hat. Agathe findet keinen anderen Halt, als unverheiratet bei den Eltern zu bleiben und diese zu umsorgen. Ihr Wunsch nach Bildung wird von ihrem Vater unterdrückt. Als sie ein naturwissenschaftliches Buch aus der Bibliothek ihres Vaters liest und sich weitere Bücher wünscht, wird ihr dieser Wunsch als für eine Frau unpassend verwehrt; stattdessen erhält sie einen Ratgeber über das Trocknen von Blumen. Agathe rutscht in eine Resignation und schließlich gelangt sie in eine nervöse Überspanntheit. Aus heutiger Sicht würde man ihr vielleicht eine Depression diagnostizieren. Zeit ihres Lebens wurde ihr auferlegt sich anzupassen und eigene Wünsche zu unterdrücken. Diese äußern sich schließlich in romantische Vorstellungungen und Phantasien, die an der Realität scheitern und Agathe immer mehr ernüchtern, zurückdrängen und letztendlich psychisch krank machen. Das Buch war zu Beginn aufgrund des altmodischen Schreibstils etwas schwierig zu lesen, was sich dann schnell legte. Agathe tat mir sehr leid und ich habe oft beim Lesen gedacht dass es gut ist, das die Zeiten sich geändert haben und eine Frau grundsätzlich selbstbestimmt leben kann. Ich fand den Roman sehr interessant und werde demnächst noch Effi Briest als zeitgenössisches Pendant lesen.
Zu Unrecht in Vergessenheit geraten!
Gabriele Reuter ist ein weiteres Beispiel für eine zu Unrecht in Vergessenheit geratene, grandiose Autorin. Ihr Roman »Aus guter Familie«, erstmals 1895 veröffentlicht, erzählt die Geschichte von Agathe Heidling, einer jungen Frau aus einer wohlhabenden Familie, die an den konservativen, gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen ihrer Zeit zerbricht. Dabei wollte Agathe alles richtig machen, eine gehorsame Tochter, Ehefrau und Mutter sein. Reuter zeichnet Agathes innere Zerrissenheit und Verzweiflung mit großer psychologischer Feinfühligkeit nach. Sie ist gefangen in der Rolle, die ihr von der Familie und Gesellschaft zugewiesen wurde, während ihr jegliche Möglichkeit zur Selbstverwirklichung verwehrt wird. Mit Agathe hat Reuter eine Protagonistin erschaffen, mit der sich zu ihrer Zeit sicherlich viele Frauen identifizieren konnten, die unter den gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen litten. Ich bewundere Reuter für ihre scharfsinnige Gesellschaftskritik und ihren Mut, vermeintliche Tabuthemen wie die weibliche Sexualität und Emanzipation anzusprechen. Gabriele Reuter wurde für ihren Roman übrigens sehr gefeiert und schlagartig berühmt. Sogar Sigmund Freud war ein Fan von ihr und der Meinung, dass der Roman: »[..] die besten Einsichten in das Wesen und die Entstehung von Neurosen verrät« S. 262. Schön, die Protagonistin Agathe wäre sicherlich ein spannendes Fallbeispiel für ihn..🙃 Der Roman erinnert leicht an »Effi Briest« von Theodor Fontane, ebenfalls im 1895 Jahr veröffentlicht, ebenfalls erfolgreich. Doch während Fontane fester Bestandteil des Literaturkanons wurde, ist Reuter fast vollständig in Vergessenheit geraten. Kommt euch bekannt vor? Mir auch. (👉🏼An dieser Stelle übrigens eine große Leseempfehlung für Nicole Seiferts »Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt«!) Umso schöner, dass es nun endlich eine feine Neuausgabe des Romans gibt, mit einem lesenswerten Nachwort von Tobias Schwartz.

Traurige Heldin
Anfang war es etwas schwer in den Roman herein zu finden. Aber er ist Großartig. Gesellschaftskritik wie ich ihn unheimlich gerne lese - wunderbar analysiert und Messerscharf beschrieben. Anfangs habe ich gedacht einen Jugendroman, oder eine Art Coming-of-Age Story, ende des 19. Jahrhunderts zu lesen, aber der Roman ist so viel mehr. Zwischen den Zeilen erkennt man die Geschichte. Gegen Ende eskaliert es dann völlig. Großartige Geschichte mit einer wunderbar tragischen Hauptprotagonistin.

Agathe Heidling ist Tochter eines Regierungsrates und somit Teil einer konservativen, großbürgerlichen Familie. Von Kind an machen alle ihr deutlich, was sie von ihr erwarten: eine brave Ehefrau zu sein und ihrem Mann Kinder zu schenken. Doch während für ihre Freundin Eugenie Wutrow all das in Erfüllung geht, tut Agathe sich schwer. Immer wieder steht sie zwischen den Stühlen und versucht, allen um sie herum gerecht zu werden. Diese Haltung fordert jedoch schon bald ihren Preis. „Aus guter Familie“ wurde bereits 1895 publiziert und stammt aus der Feder der 1859 geborenen Schriftstellerin Gabriele Reuter. Obwohl sie Thomas Mann zu ihren Leser*innen zählen durfte, blieb sie doch zu Lebzeiten recht unbekannt – was die Reihe „Reclams Klassikerinnen“ ändern möchte. Die Handlung wird von einem allwissenden Erzähler geschildert, der Agathe - von ihrer Konfirmation mit 16 Jahren an - ungefähr 20 Jahre lang begleitet. Dabei wirkt die junge Frau nicht immer sympathisch, sieht sie doch oft auf andere herab und urteilt über sie – ein Symptom ihrer eigenen Unsicherheit. Ihr ganzes Leben lang hat Agathe mit den an sie gestellten Erwartungen zu kämpfen. Schon bei ihrer Konfirmation hat sie das Gefühl, nicht gläubig genug zu sein und während ihr Vater sich eine gute Ehe für sie wünscht, versucht ihr progressiver Cousin Martin sie auf seine Seite zu ziehen. Dem gegenüber steht ihre Freundin Eugenie, die genau weiß, was sie will und sich statt ihres Liebhabers für eine stabile Ehe mit Agathes Bruder Walter entscheidet. Sie wird all das erreichen, was Agathe sich wünscht – und das sogar auf Kosten ihrer Freundin. „Aus guter Familie“ zeigt ein Frauenschicksal der klassischen Moderne, einer Zeit, die von einem rasanten Wandel und dementsprechenden Spannungen geprägt war. Während sich um sie herum Frauenrechtlerinnen erheben, zerbricht Agathe an der Rolle, welche die Gesellschaft ihr zugedacht hat und von der sie sich nicht zu lösen vermag. Sie verliebt sich mehrmals unglücklich und leidet an Nervosität und Hysterie; heute würden wir sagen: sie war depressiv. Ein wichtiger, viel zu wenig bekannter Klassiker.
Froh diesen Klassiker entdeckt zu haben. Gut nachvollziehbar das Reiter mit diesem Buch den Weg des moderneren Romans geebnet hat. Ein Mädchen gebeutelt durch das Patriarchat, dessen innere Stimme nach Emanzipation ruft- noch zu schwach - aber trotzdem sehr eindringlich. Protagonistin als Schwester der Herzen und im Geiste für selbstbestimmte Frauen .
„Ihre Heiterkeit war ein wenig laut und gewaltsam. Alle die Damen sprachen mit einer gewissen Aufdringlichkeit von ihrer inneren Befriedigung, von ihren segensreichen Berufspflichten, von den Beschwerden der Ehe und der Schönheit ihres freien Mädchenlebens.“
Die Protagonistin ist zu Beginn des Buches ein Teenager und am Ende ungefähr in ihren späten Dreißigern. Ich finde, dass die Geschichte ihre volle Wirkung erst mit Fertiglesen des Buches entfaltet, weil man die Figur dann wirklich lang begleitet hat auf verhältnismäßig wenigen Seiten. Die Geschichte spiegelt die gesellschaftlichen Erwartungen zu der Zeit an Frauen (eine "gute Partie" heiraten, Kinder kriegen und sich dann eher dem häuslichen Leben widmen) wieder und auch, was passiert, wenn dem nicht entsprochen wird. So richtig abgerundet wurde das Leseerlebnis für mich noch durch das Nachwort, das überaus präzise die Literaturwelt während und rund um die Zeit der Erscheinung des Buches erläutert und mit den jeweiligen gesellschaftlichen Veränderungen/Strömungen in Perspektive setzt.
Mehr von Gabriele Reuter
AlleBeschreibung
Autorenbeschreibung
Gabriele Reuter (1859–1941) war eine bedeutende deutsche Schriftstellerin und zu Lebzeiten sehr erfolgreich. Mit Aus guter Familie (1895) wurde sie über Nacht berühmt.
Beiträge
Roman über eine unverheiratete Frau während der Kaiserzeit
Der 1896 publizierte Roman "Aus guter Familie" behandelt das Leben der jungen Agathe, die wie der Titel bereits verrät aus einer gutbürgerlichen Familie während der wilhelminischen Zeit stammt. Agathe ist voller Wünsche und Träume. Als sie konfirmiert wird, bekommt sie ein Buch mit Gedichten geschenkt, was der Vater gleich als für sie unpassend reglementiert. Als kurz darauf ihre Freundin Eugenie ihr heimlich erzählt wo die kleinen Kinder tatsächlich herkommen, reagiert Agathe mit Abscheu und distanziert sich von der Freundin. Sie treibt sich bis zum späten Abend auf der Straße herum und wird von ihrer Mutter mit der Gerte dafür geschlagen und kurze Zeit später in ein Pensionst gegeben. Agathe ist eine sensible junge Frau, die sich nicht richtig anpassen kann. Ihre schwärmerische Liebe erfährt viele Ernüchterungen, z.B. dass ihr Bruder dem Dienstmädchen nachstellt und ein von ihr angebeteter Maler ein uneheliches Kind gezeugt hat. Die Regeln, die die Gesellschaft ihr und anderen Frauen auferlegt hat, gelten nicht für die Männer. Selbst als sie in eine Vernunftehe mit einem älteren Mann flüchten will, kommt diese nicht zustande, da der Bruder ihre Mitgift verspielt hat. Agathe findet keinen anderen Halt, als unverheiratet bei den Eltern zu bleiben und diese zu umsorgen. Ihr Wunsch nach Bildung wird von ihrem Vater unterdrückt. Als sie ein naturwissenschaftliches Buch aus der Bibliothek ihres Vaters liest und sich weitere Bücher wünscht, wird ihr dieser Wunsch als für eine Frau unpassend verwehrt; stattdessen erhält sie einen Ratgeber über das Trocknen von Blumen. Agathe rutscht in eine Resignation und schließlich gelangt sie in eine nervöse Überspanntheit. Aus heutiger Sicht würde man ihr vielleicht eine Depression diagnostizieren. Zeit ihres Lebens wurde ihr auferlegt sich anzupassen und eigene Wünsche zu unterdrücken. Diese äußern sich schließlich in romantische Vorstellungungen und Phantasien, die an der Realität scheitern und Agathe immer mehr ernüchtern, zurückdrängen und letztendlich psychisch krank machen. Das Buch war zu Beginn aufgrund des altmodischen Schreibstils etwas schwierig zu lesen, was sich dann schnell legte. Agathe tat mir sehr leid und ich habe oft beim Lesen gedacht dass es gut ist, das die Zeiten sich geändert haben und eine Frau grundsätzlich selbstbestimmt leben kann. Ich fand den Roman sehr interessant und werde demnächst noch Effi Briest als zeitgenössisches Pendant lesen.
Zu Unrecht in Vergessenheit geraten!
Gabriele Reuter ist ein weiteres Beispiel für eine zu Unrecht in Vergessenheit geratene, grandiose Autorin. Ihr Roman »Aus guter Familie«, erstmals 1895 veröffentlicht, erzählt die Geschichte von Agathe Heidling, einer jungen Frau aus einer wohlhabenden Familie, die an den konservativen, gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen ihrer Zeit zerbricht. Dabei wollte Agathe alles richtig machen, eine gehorsame Tochter, Ehefrau und Mutter sein. Reuter zeichnet Agathes innere Zerrissenheit und Verzweiflung mit großer psychologischer Feinfühligkeit nach. Sie ist gefangen in der Rolle, die ihr von der Familie und Gesellschaft zugewiesen wurde, während ihr jegliche Möglichkeit zur Selbstverwirklichung verwehrt wird. Mit Agathe hat Reuter eine Protagonistin erschaffen, mit der sich zu ihrer Zeit sicherlich viele Frauen identifizieren konnten, die unter den gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen litten. Ich bewundere Reuter für ihre scharfsinnige Gesellschaftskritik und ihren Mut, vermeintliche Tabuthemen wie die weibliche Sexualität und Emanzipation anzusprechen. Gabriele Reuter wurde für ihren Roman übrigens sehr gefeiert und schlagartig berühmt. Sogar Sigmund Freud war ein Fan von ihr und der Meinung, dass der Roman: »[..] die besten Einsichten in das Wesen und die Entstehung von Neurosen verrät« S. 262. Schön, die Protagonistin Agathe wäre sicherlich ein spannendes Fallbeispiel für ihn..🙃 Der Roman erinnert leicht an »Effi Briest« von Theodor Fontane, ebenfalls im 1895 Jahr veröffentlicht, ebenfalls erfolgreich. Doch während Fontane fester Bestandteil des Literaturkanons wurde, ist Reuter fast vollständig in Vergessenheit geraten. Kommt euch bekannt vor? Mir auch. (👉🏼An dieser Stelle übrigens eine große Leseempfehlung für Nicole Seiferts »Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt«!) Umso schöner, dass es nun endlich eine feine Neuausgabe des Romans gibt, mit einem lesenswerten Nachwort von Tobias Schwartz.

Traurige Heldin
Anfang war es etwas schwer in den Roman herein zu finden. Aber er ist Großartig. Gesellschaftskritik wie ich ihn unheimlich gerne lese - wunderbar analysiert und Messerscharf beschrieben. Anfangs habe ich gedacht einen Jugendroman, oder eine Art Coming-of-Age Story, ende des 19. Jahrhunderts zu lesen, aber der Roman ist so viel mehr. Zwischen den Zeilen erkennt man die Geschichte. Gegen Ende eskaliert es dann völlig. Großartige Geschichte mit einer wunderbar tragischen Hauptprotagonistin.

Agathe Heidling ist Tochter eines Regierungsrates und somit Teil einer konservativen, großbürgerlichen Familie. Von Kind an machen alle ihr deutlich, was sie von ihr erwarten: eine brave Ehefrau zu sein und ihrem Mann Kinder zu schenken. Doch während für ihre Freundin Eugenie Wutrow all das in Erfüllung geht, tut Agathe sich schwer. Immer wieder steht sie zwischen den Stühlen und versucht, allen um sie herum gerecht zu werden. Diese Haltung fordert jedoch schon bald ihren Preis. „Aus guter Familie“ wurde bereits 1895 publiziert und stammt aus der Feder der 1859 geborenen Schriftstellerin Gabriele Reuter. Obwohl sie Thomas Mann zu ihren Leser*innen zählen durfte, blieb sie doch zu Lebzeiten recht unbekannt – was die Reihe „Reclams Klassikerinnen“ ändern möchte. Die Handlung wird von einem allwissenden Erzähler geschildert, der Agathe - von ihrer Konfirmation mit 16 Jahren an - ungefähr 20 Jahre lang begleitet. Dabei wirkt die junge Frau nicht immer sympathisch, sieht sie doch oft auf andere herab und urteilt über sie – ein Symptom ihrer eigenen Unsicherheit. Ihr ganzes Leben lang hat Agathe mit den an sie gestellten Erwartungen zu kämpfen. Schon bei ihrer Konfirmation hat sie das Gefühl, nicht gläubig genug zu sein und während ihr Vater sich eine gute Ehe für sie wünscht, versucht ihr progressiver Cousin Martin sie auf seine Seite zu ziehen. Dem gegenüber steht ihre Freundin Eugenie, die genau weiß, was sie will und sich statt ihres Liebhabers für eine stabile Ehe mit Agathes Bruder Walter entscheidet. Sie wird all das erreichen, was Agathe sich wünscht – und das sogar auf Kosten ihrer Freundin. „Aus guter Familie“ zeigt ein Frauenschicksal der klassischen Moderne, einer Zeit, die von einem rasanten Wandel und dementsprechenden Spannungen geprägt war. Während sich um sie herum Frauenrechtlerinnen erheben, zerbricht Agathe an der Rolle, welche die Gesellschaft ihr zugedacht hat und von der sie sich nicht zu lösen vermag. Sie verliebt sich mehrmals unglücklich und leidet an Nervosität und Hysterie; heute würden wir sagen: sie war depressiv. Ein wichtiger, viel zu wenig bekannter Klassiker.
Froh diesen Klassiker entdeckt zu haben. Gut nachvollziehbar das Reiter mit diesem Buch den Weg des moderneren Romans geebnet hat. Ein Mädchen gebeutelt durch das Patriarchat, dessen innere Stimme nach Emanzipation ruft- noch zu schwach - aber trotzdem sehr eindringlich. Protagonistin als Schwester der Herzen und im Geiste für selbstbestimmte Frauen .
„Ihre Heiterkeit war ein wenig laut und gewaltsam. Alle die Damen sprachen mit einer gewissen Aufdringlichkeit von ihrer inneren Befriedigung, von ihren segensreichen Berufspflichten, von den Beschwerden der Ehe und der Schönheit ihres freien Mädchenlebens.“
Die Protagonistin ist zu Beginn des Buches ein Teenager und am Ende ungefähr in ihren späten Dreißigern. Ich finde, dass die Geschichte ihre volle Wirkung erst mit Fertiglesen des Buches entfaltet, weil man die Figur dann wirklich lang begleitet hat auf verhältnismäßig wenigen Seiten. Die Geschichte spiegelt die gesellschaftlichen Erwartungen zu der Zeit an Frauen (eine "gute Partie" heiraten, Kinder kriegen und sich dann eher dem häuslichen Leben widmen) wieder und auch, was passiert, wenn dem nicht entsprochen wird. So richtig abgerundet wurde das Leseerlebnis für mich noch durch das Nachwort, das überaus präzise die Literaturwelt während und rund um die Zeit der Erscheinung des Buches erläutert und mit den jeweiligen gesellschaftlichen Veränderungen/Strömungen in Perspektive setzt.