
Tolle Fantasy mit knurrigen Piraten und viel Mondmagie
Mit „Ein Hauch von Schicksal – Mondhexe & Piratenblut“ führt Mina Bekker Lesende erneut in das Universum ihrer Schattensaat-Reihe und verknüpft geschickt düstere Fantasy, emotionale Tiefe und einen Hauch Rebellion miteinander. Zwar spielt das Buch in der gleichen Welt wie „Scátha“ (Band 1) und knüpft an die Ereignisse an, lässt sich aber auch eigenständig lesen. Wer den Vorgänger also noch nicht kennt, kann dennoch problemlos in die Geschichte eintauchen. Im Mittelpunkt steht Jess, eine junge Frau, die unter der Last ihrer unkontrollierbaren Magie leidet und sich nichts sehnlicher wünscht, als ein „normales“ Leben zu führen. Als das Schicksal ihr den rätselhaften Piraten Ambrose quasi vor die Füße spült, beginnt eine Reise voller innerer Kämpfe, unerwarteter Gefühlen und gefährlicher Entscheidungen. Besonders gelungen ist die Balance zwischen actionreichen Momenten und emotionaler Tiefe, ganz ohne ins Kitschige abzurutschen. Der Autorin gelingt es hervorragend, starke Charaktere zu zeichnen. Jess ist verletzlich, zornig, mutig und dabei nie perfekt. Durch ihre inneren Konflikte und ihr Gefühl, „falsch“ zu sein, wirkt sie sehr nahbar. Man versteh sie und ihr Handeln sehr gut. Ambrose wiederum wird von einer Mischung aus Härte und Verletzlichkeit charakterisiert und kämpft mit seinen eigenen Dämonen. Die beiden freunden sich an und es entsteht eine Verbindung abseits klassischer Romantikmomente. Vielmehr steht das gegenseitige Vertrauen im Fokus, so dass sich die entstehende Zuneigung sehr authentisch anfühlt. Die Liebesgeschichte ist präsent, aber nie aufdringlich. Ich hatte immer das Gefühl, dass sie die Handlung begleitet, ohne sie zu dominieren. Das liest sich sehr angenehm. Der Schreibstil hat mir ebenfalls gut gefallen. Er spinnt eine tolle Atmosphäre und man fühlt sich immer mittendrin. Gerade die Gedankenwelt der Figuren ist oft poetisch angehaucht, ohne dass es sich unpassend anfühlt. Gleichzeitig schreckt Mina Bekker auch vor düsteren Themen nicht zurück. Ausgrenzung, Fremdbestimmung, Trauma und Schuld spielen eine wichtige Rolle, werden aber feinfühlig und durchdacht behandelt. Auch dadurch bleibt die Geschichte trotz aller Dunkelheit stets hoffnungsvoll und wirkt nicht erdrückend negativ. Am Worldbuilding hat mir die Lebendigkeit der Welt mit ihren kleinen, liebevollen Details gefallen. Man wird in die Geschichte und ihre Welt voller Regeln hineingeworfen, findet sich aber schnell zurecht. Auch deshalb, weil diese nicht durch ellenlange Erklärungen rübergebracht werden, sondern durch das Handeln der Figuren. So versteht man nach und nach mehr, welche Gesetze gelten und in welcher Umgebung sich Jess und Ambrose bewegen. Ich mochte die Mondmagie schon bei „Scátha“ sehr, auch hier spielt sie eine zentrale Rolle und wirkt nicht wie etwas, dass man schon zigmal gelesen hat. Zusammen mit den Piraten-Elementen eine tolle Mischung. Auch, weil es mal nicht um kitschige Piratenromantik geht, sondern um einen knallharten Überlebenskampf, Loyalität und Freiheit. Ein toller zweiter Band mit einer neuen Geschichte, einer starken Frauenfigur, einer klug aufgebauten Liebesgeschichte und einer harten, aber dennoch spannenden Welt.