
„Wie du mich ansiehst“ von Eva Lohmann Verlag: Eisele Mit den Jahren wandelt sich die Schönheit – nicht verloren, nur neu gezeichnet. Und doch bleibt sie, die stille Sehnsucht, im Blick des Anderen begehrt zu sein. Eva Lohmann ist mit ihrem neuen Roman ein besonderes Buch gelungen: ehrlich, einfühlsam, tief und gleichzeitig unterhaltsam leicht. Eine Geschichte, die nicht laut sein muss, um zu berühren – und die viele von uns, gerade ab 40, direkt ins Herz trifft. Im Zentrum steht Johanna, Ü40, Mutter einer 15-jährigen Tochter, Ehefrau eines Kapitäns, Inhaberin eines Blumenladens – und Tochter eines verstorbenen Vaters, der ihr nicht nur einen verwilderten Garten, sondern auch eine tiefe Stirnfalte hinterlassen hat. In diesem Garten findet Johanna einen Rückzugsort, als ihr Leben ins Wanken gerät. Ihr inneres Chaos spiegelt sich in der äußeren Veränderung – und sie trifft eine Entscheidung, die sie sich nie hätte vorstellen können: Sie lässt ihre Sorgenfalte wegspritzen. Ausgerechnet sie, die immer für innere Werte stand und das auch ihrer Tochter so vermittelt hat. Was dann folgt, ist eine kluge, feinfühlige Auseinandersetzung mit Themen, über die unsere Generation lange geschwiegen hat: Das Älterwerden, die Sichtbarkeit von Frauen, der Wunsch nach Schönheit – und die Scham, sich diesem Wunsch hinzugeben. Was ist Eitelkeit, was ist Selbstfürsorge? Wie viel äußerer Schein darf sein, ohne dass wir uns selbst verraten? Johanna ringt mit genau diesen Fragen. Und mit den Reaktionen ihrer Familie. Ihre Tochter verurteilt sie, ihr Mann versteht sie nicht – dabei möchte er doch einfach nur gemeinsam in Würde alt werden. Und auch er kämpft, still und unausgesprochen, mit seinen eigenen Unsicherheiten. Es sind die leisen Zwischentöne, die dieses Buch so besonders machen. Die Konflikte sind echt, aus dem Leben gegriffen, manchmal schmerzhaft nah. Und dennoch ist da immer eine gewisse Leichtigkeit, eine Wärme, die einen durch die Seiten trägt. Beeindruckend ist auch, wie Eva Lohmann den Generationendialog einfängt. Da ist Ruby, Johannas deutlich jüngere Mitarbeiterin, voller Ideen, Tatendrang und pragmatischer Lockerheit – was für Johanna nicht nur inspirierend, sondern auch herausfordernd ist. Soll sie ihr Raum geben, ihre Ideen zulassen? Oder meldet sich doch das vertraute Gefühl von „Ich weiß es besser“? Genau hier zeigt sich, wie wichtig Offenheit, Mitgefühl und gegenseitige Unterstützung zwischen den Generationen sind – und wie schnell alte Muster durchbrochen werden könnten, wenn wir einfach nur hinhören. Dieser Roman ist ein Geschenk für alle Frauen ab 40. Ein Buch, das nicht vorgibt, Antworten zu haben, aber die richtigen Fragen stellt. Das tröstet, ohne zu beschönigen. Das Mut macht, ohne Druck auszuüben. Und das zeigt, wie viel Freiheit im Älterwerden liegen kann – wenn wir bereit sind, uns selbst wirklich zu begegnen. Der Schreibstil ist flüssig, liebevoll, durchdacht – mit Sätzen, die klingen wie Musik und Gedanken, die nachhallen. Man liest, nickt, lächelt, vielleicht weint man auch ein bisschen – und legt das Buch am Ende mit dem Gefühl weg: Ich bin nicht allein. Eine klare Empfehlung für alle, die sich selbst und das Leben zwischen Jugend und Altsein besser verstehen möchten. Und für alle, die sich fragen, ob man faltenlos glücklich sein kann – oder ob Glück nicht doch viel tiefer sitzt.