Ein Reifeprozess, der sich bis zur letzten Seite lohnt.
Im letzten Band der Cruel -Castaways-Reihe von L. J. Shen lernen wir den Weltenbummler Riggs besser kennen, der mit Mitte 30 durch das Leben streunt und sich hin und wieder bei seinen Freunden einquartiert, bevor er wieder aufbricht, um die ganze Welt zu erkunden. Für mehr als einen One Night Stand ist in diesem Leben weder Platz noch hat er Lust, sich fest zu binden. Das ändert sich allerdings, als die oberflächliche Duffy ihn mit ihrer Chefin in flagranti erwischt und ihm ein unmoralisches Angebot macht. Duffy setzt im Gegensatz zu Riggs alles daran, sich bestmöglich zu verheiraten, um den Schatten ihrer eher ärmlichen Vergangenheit endlich abzulegen und nie wieder Geldsorgen leiden zu müssen. Ihre versnobter Art hat mich anfänglich regelrecht angeekelt. Mit ihren Second-Hand-Designerteilen schaut sie auf andere herab, immer darauf bedacht, etwas besseres darzustellen. Um an eine Greencard zu kommen und ihren Traum nach Reichtum und Sorglosigkeit weiter verfolgen zu können, nimmt sie es sogar in Kauf, den ärmlich wirkenden Riggs zu heiraten, der seinem nächsten Auftrag nur entgehen kann, wenn er sich fest bindet. Die zwei sind sich anfangs überhaupt nicht grün, beißen aber in den sauren Apfel, um sich gegenseitig einen Gefallen zu tun. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, wo Riggs doch ein Milliardär ist, dem nichts mehr zuwider ist als Reichtum, während Duffy die beste Vorlage für jeden Goldgräber ist. Schon deshalb ist Riggs darauf bedacht, in ihr gar nicht erst den Verdacht aufkommen zu lassen, er sei vermögend. Immerhin ist ihre gefakte Liason auch mit einem Ablaufdatum versehen, nach dem sie sich nie wieder begegnen wollen. Aber manchmal kommt eben alles anders als man denkt, vor allem, wenn Gefühle ins Spiel kommen, auch wenn man sich noch so sehr gegen sie wehrt. Nachdem ich der Protagonistin anfänglich eher ablehnend gegenüberstand, wuchs sie mir mit jeder Seite mehr ans Herz. Durch ihre eher unschöne Vergangenheit hatte sie allen Grund sich eine Maske zuzulegen und darunter deftige Selbstkomplexe zu entwickeln. Riggs wirkte auf mich wie ein tapsiger Labradorwelpe, der durchs Leben irrt und jedem bunten Schmetterling nachjagt. Er war auf jeden Fall ein Garant für jede Menge Lacher bei seinem pubertären Verhalten. Die Geschichte der beiden handelt nicht nur von Liebe, sondern auch von Selbstfindung. Wie sich die Charaktere in dem Band entwickelt haben, war einfach nur fantastisch. Um so zermürbender war der Weg zum Happy End, wollten sich doch beide eine bittere Enttäuschung ersparen. Schließlich hatte ihre Scheinehe ein Ablaufdatum. Ich fand nicht nur die Idee super, sondern auch all die Hürden und Steine, die die Autorin dem Paar in den Weg geworfen hat. Es wirkte nichts an den Haaren herbeigezogen. Alles war authentisch, wenn auch manchmal etwas überspitzt dargestellt, aber das durfte es ruhig auch sein. Bei L. J. Shen gleicht kein Buch dem anderen und jedes Liebespaar hat eine ganz eigene Dynamik. Trotzdem schafft sie es immer wieder, mich komplett zu fesseln und ihre Bücher zu lieben. Es war einfach fantastisch.