Die Geschichte wird aus der Perspektive verschiedener Personen zu verschiedenen Zeiten entwickelt und führt schließlich zu einem großen Ganzen zusammen. Es war mir zu langatmig.

Grundsätzlich ist es ein schöner Roman, der meiner Meinung nach jedoch deutlich kürzer hätte sein können. Das Leben von Claudette ist spannend, kommt im Verlauf der Geschichte aber leider viel zu kurz. Als Leser begleitet man hauptsächlich Daniel. Seine Perspektive ist nicht uninteressant, wirkt durch den Erzählstil jedoch mitunter anstrengend. Es entsteht der Eindruck, dass eine Nebenfigur mehr Aufmerksamkeit erhält als die eigentliche Hauptfigur. Die Erzählstruktur ist sehr sprunghaft. Die Handlung wechselt häufig zwischen Vergangenheit und Gegenwart, und es tauchen ständig neue Charaktere mit eigenen Sichtweisen auf. Das hat mich mit der Zeit zunehmend genervt und teilweise gelangweilt. Die eigentlich spannende Geschichte wird dadurch unnötig entschleunigt. Einige Passagen wirken auf mich überflüssig. Dazu gehören zum Beispiel Fußnoten mit den Gedanken eines Kindes oder ausführliche Beschreibungen von Auktionsgegenständen, die als Teil der Handlung eingefügt werden. Diese Stilmittel haben für mich nicht richtig zur Geschichte gepasst und wirkten gezwungen. Trotz aller Kritik wollte ich dennoch wissen, wie es weitergeht. Vor allem Claudettes Part hat mir gut gefallen, und ich war gespannt, wie sich alles am Ende für sie auflöst.
Die grandios komponierte, mit toller Sprache erzählte Lebensgeschichte von Daniel und Claudette. Zu Beginn habe ich etwas gehadert mit den Zeitsprüngen, aber zunehmend hat mich vor allem der wunderbare Sprachstil erreicht. Die Figuren sind vielschichtig, haben Schwächen und Stärken, die im Leseverlauf immer besser nachvollziehbar sind. Auch dieses 3. gelesene Buch der Autorin hat sich sehr gelohnt.
Ein Mann. Er steht auf der Stufe der Hintertür und dreht sich eine Zigarette. Das Wetter ist wechselhaft, wie so oft, der Garten glänzt saftig grün, die Äste sind schwer vom Regen der weiter fällt. Der Mann bin ich. - Zitat, Seite 9 Mit den zitierten Sätzen steigen wir in die Geschichte ein, die im Jahre 2010 in Irland einsetzt, und zunächst aus der Ich-Perspektive von Daniel, unserer Hauptfigur, erzählt wird. Er bricht zu einem Familientreffen bei seinem Vater in den USA auf und seine Frau (eine "Irre") und seine zwei kleinen Kinder begleiten ihn zum Flughafen. Noch ahnt Daniel nichts von den Konsequenzen dieser Reise - auf seine Ehe, seine Kinder und ihn selbst ... Der Roman ist wie ein Kaleidoskop; bei jedem neuen Kapitel wechseln wir die Perspektive, den Standort und die Zeit. Die Geschichte ist keineswegs chronologisch aufgebaut, aber folgt trotzdem einem von der Autorin klug durchdachtem Muster. Interessant ist, dass wir nur Daniel als Ich-Erzähler erleben, während seine Frau Claudette, oder auch seine Kinder aus erster Nähe, nur aus der erzählerischen Distanz wahrnehmen, wobei der Blick von außen in diesen Kapiteln auch auf unseren Protagonisten gerichtet ist. Während der Tonfall der ersten Kapitel sehr humorvoll, manchmal sogar recht flapsig, ist, wird er im Laufe der Geschichte ernsthafter. Vielleicht wollte die Autorin den Einstieg so erleichtern und die Lesenden für ihre Figuren erwärmen - was ihr gut gelingt! In ihr Ehe- oder Familiendrama hat sie außerdem eine sehr interessante Frauenfigur als Gegenpol zum Protagonisten erdacht: die fiktive verschwundene Schauspielerin Claudette Wells, deren Vita sie mit Zeitungsinterviews und sogar einem Glossar aus Bild und Text mit Liebhaberstücken (Fanartikel) in den Roman einfließen lässt. Wie man unschwer erkennen kann, handelt es sich bei dem Inhalt des Buches um ein komplexes Werk, welches eine abwechslungsreiche Lektüre verspricht. Die Autorin Maggie O'Farrell wurde 1972 in Irland geboren und zunächst eher mit historischen Romanen bekannt. Doch auch bei "Hamnet" (oder "Judith und Hamnet") und "Portrait einer Ehe" geht es um verheiratete Paare. Mit dem aktuellen Werk beweist die Autorin, dass sie in jedem Jahrhundert schreibtechnisch zu Hause sein kann. Was die Übersetzung angeht, muss unbedingt erwähnt werden, dass es sprachliche Besonderheiten gibt, da zum einen der Protagonist Daniel Linguist von Beruf ist, außerdem wird auch mal französische "Geheimsprache" benutzt. Kathrin Razum hat hier alle Herausforderungen des Textes mit Bravour gemeistert. FAZIT Die Romane der Autorin haben mich bisher noch nie enttäuscht. Die komplexe Gestaltung ihrer Charaktere ist bemerkenswert. Nur die etwas kitschige Geschichte der Mutter des Protagonisten war mir zuviel, vor allem an Klischees, aber da diese Episode für das Gesamtwerk unerheblich ist, kann man dies leicht verzeihen. Es gibt nicht ganz so viele Werke, welche die Vater-Kind-Beziehung einfühlsam betrachten und auch die Nöte der Väter aufgreifen, wenn sie nach Ende ihrer Ehe von den Kindern getrennt werden. Auch diese Thematik ist hier aufgegriffen und anschaulich behandelt worden. Insgesamt eine unbedingte Leseempfehlung!
Familiengeschichte, sprachgewaltig, tiefgründige Charaktere, emotional und fesselnd.