Ludmillas Bruder ist spurlos verschwunden. Jahre später, sie besucht gerade das Grab ihres Vaters, fällt ein junger Mann von einem Baum, der ihrem Bruder zum verwechseln ähnlich sieht, nach dem Unfall aber keinerlei Erinnerungen an sein Leben hat. Sie gibt sich kurzerhand als seine Schwester Lucy aus und kümmert sich um ihn. Sie ist der festen Überzeugung ihren verschollenen Bruder gefunden zu haben und es konnte alles so schön sein, wäre da nicht die Tatsache, dass dieses Auftauchen Lu‘s sehr geordnetes, streng getaktetes Leben, welches aus Arbeit und der Pflege ihrer alkoholkranken Mutter besteht, komplett auf den Kopf stellt. - Mit dem, von der Autorin angegebenen Genre „Magischer Realismus“ konnte ich ehrlich gesagt absolut gar nichts anfangen und musste es erstmal googlen. Auch danach war ich nur bedingt schlauer, aber der Klappentext klang so gut, dass ich es trotzdem gewagt habe. Es hat sich auf alle Fälle gelohnt. Weber beschreibt in meinen Augen eine komplexe Posttraumatische Belastungsstörung ihrer Protagonstin Ludmilla, auch Züge einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung zeigen sich. Dies macht sie so geschickt, dass man am Ende absolut gar nicht mehr weiß, was jetzt eigentlich Realität und was Phantasie ist. Das Auftauchen von Lucy, genau in dem Moment als sie ihren vermeintlichen Bruder wiederfindet, macht durchaus Sinn und könnte als Retraumatisierung verstanden werden, etwas was aber erst zum Ende hin erklärbar wird. Es gibt sicherlich viele Arten dieses Buch zu lesen und zu interpretieren, da es viel Raum für eigene Gedanken lässt. Ich habe den psychologischen Ansatz gewählt, einfach weil es für mich der naheliegendste war und ich mir Dinge/Vorkommnisse erklären muss. Ich bin aber auch sehr gespannt darauf, wie es andere Leser*innen auslegen. Sprachlich ist noch ein bisschen Luft nach oben. Die Autorin kann sich ausdrücken und dies auch zu Papier bringen, ich hätte aber einen konstanteren Stil besser gefunden. Der Wechsel zwischen fast kindlicher und gehobener Sprache hat es mir ein wenig schwer gemacht, dass Buch einzuordnen. Mal liest es sich wie ein Kinderbuch, mal wie eins für Erwachsene… aber wer weiß, vielleicht ist dies auch Absicht. Nichtsdestotrotz hat es sich sehr gut und flüssig lesen lassen und die bildhafte Sprache hat gerade bei den Segmenten mit Stellario für tolle Assoziationen gesorgt. Im Fazit kann ich sagen, dass dieses Buch mich positiv überrascht hat. Ich hab mit einer tollen Geschichte gerechnet, aber nicht mit dieser Tiefe. Ein wirklich gelungenes Debüt das ich euch allen ans Herz legen kann.
Dieses Buch hat mich überrascht! Es ist anders, als alles was ich bisher gelesen habe. Es ist aus dem Bereich magischer Realismus. Der Einstieg viel mir schwer, denn es gab zunächst viele Namen und Sichtweisen und ich wusste nicht so Recht, wo das Buch hin wollte. Doch es lohnt sich dran zu bleiben! Die Autorin schreibt stellenweise (für mich) fast schon philosophisch. Man spürt, wie viele Gedanken und Mühe sie sich zu dem Buch gemacht hat! Hut ab vor der schriftstellerischen Leistung! Leider ist das auch gleichzeitig mein Kritikpunkt, denn es ist nicht immer leicht zu lesen. Im Buch bewegen wir uns zusammen mit Ludmilla zwischen Wirklichkeit und Phantasie. Und mit Stellario und dessen Szenen kommt auch die große Phantasie der Autorin zum Vorschein. Das ist wirklich toll ❤️ Ich hatte eine Vermutung, in welche Richtung sich das Buch bewegen könnte, es kam dann aber doch eine für mich überraschende Wendung. Sowas mag ich sehr. 👍 Es ist eine ergreifende und berührende Geschichte. Ich fragte mich die ganze Zeit was denn nun tatsächlich die Wahrheit ist. Daher ist der Titel "Wahrheiten" in zweierlei Hinsicht sehr passend ohne Spoilern zu wollen. 😊 Fazit: eine anspruchsvolle, tiefgründige Lektüre mit einer klaren Lese-Empfehlung! 4,5/5 Sternen
"Wenn rauhe Wirklichkeit oft gleich Verwundet zarte Herzen, So flüchten sie sich in mein Reich, Ich lindre ihre Schmerzen; Denn alles Glück, man glaub es nie, Am End' ist's doch nur Phantasie." Wahrheiten ist ein Roman aus dem Genre magischer Realismus und handelt in Leipzig im Jahr 2019. Worum geht es in dem Buch? Protagonistin ist Ludmilla. Sie rettet einem jungen Mann das Leben, der große Ähnlichkeit mit ihrem verschwundenen Bruder hat. Sie besucht den Mann im Krankenhaus, doch der der hat sein Gedächtnis verloren. Kann es sein, dass der Mann wirklich Ludmillas Bruder ist? Ludmilla wünscht es sich so sehr dass sie dem Mann erzählt, sie wäre seine Schwester. Das Leben der Protagonistin verändert sich komplett. Und was hat es mit dem phantastischen Wesen namens Stellario auf sich, das immer wieder zu Ludmilla spricht? Meinung Wahrheiten ist ein wirklich gelungenes Debüt der Autorin, das mich richtig gefesselt hat. Die Geschichte hat mich berührt und die Thematik war sehr interessant. Das Buch hat sich für mich zum Pageturner entwickelt. Ich wollte unbedingt wissen, wie alles ausgeht. Das Ende hätte ich so nicht erwartet, es war aber passend. Die Charaktere waren sehr liebevoll ausgearbeitet und ich konnte mich gut in das Geschehen hinein versetzen. Mein heimlicher Favorit war natürlich Stellario. Er hat mir mehrfach ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Auf den ersten Seiten wusste ich nicht recht, wohin die "Reise" gehen wird, aber das lag wahrscheinlich daran, dass ich mir unter dem Begriff magischer Realismus nicht so viel vorstellen konnte. In Wahrheiten werden Themen wie Traumata, Verlust, Trauer, Sucht, Selbstfindung, schweres familiäres Umfeld, aber auch Freundschaft und natürlich Phantasie, in eine tiefgründige, berührende Geschichte gepackt. Ich habe Wahrheiten sehr gerne gelesen. Wer sich von der Thematik angesprochen fühlt, wird sicher nicht enttäuscht werden.