Ein tief bewegender Roman über Verlust, Überleben und familiäre Verbundenheit.
Michel Bergmann erzählt die Geschichte seiner Mutter – eine jüdische Frau, die den Holocaust überlebt hat und nach dem Krieg versucht, ein neues Leben aufzubauen.
Die Erzählung ist persönlich, eindringlich und zugleich von feinem jüdischem Humor durchzogen. Besonders berührend ist die liebevolle, aber auch reflektierte Sicht des Sohnes auf seine Mutter – eine Frau, die ihr Leben trotz aller Brüche mit Würde lebt.
Bergmann schafft es, große Themen wie Erinnerung, Identität und die Nachwirkungen der Shoah auf leise, aber kraftvolle Weise zu erzählen.
Ein Buch, das lange nachhallt.
Ein lautes, aber zartes Portrait einer Mutter voller Traumata und Widersprüche.
Maméleben hat mich berührt. Die Geschichte ist still, aber intensiv, und besonders die Mutter-Sohn-Dynamik hat mich gepackt, sie erinnerte mich stellenweise an „I’m Glad My Mom Died“.
Das Holocaust-Trauma der Mutter liegt wie ein unsichtbarer Boden unter allem. Es erklärt ihr Verhalten, ihre Härte, ihre Abwesenheit, nicht, um sie reinzuwaschen, sondern um ihre Geschichte einzuordnen.
Einige nacherzählte Episoden wirkten auf mich etwas irrelevant und hätten nicht zwingend Raum gebraucht. Trotzdem habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Es bleibt nah an seinen Figuren, ohne sie zu idealisieren. Ein stilles, eindringliches Porträt über eine Mutter voller Widersprüche.
Ich fand das Buch sehr ehrlich. Eine schwierige Mutter-Sohn-Beziehung, bei der nichts beschönigt wird. Anfangs fand ich es etwas schwierig, der Geschichte zu folgen, aber das legte sich. Die Mutter ist echt ein schwieriger und - für mich - unsympathischer Charakter und der Autor hat diesen sehr gut zum Leben erweckt. Man sieht die immer unzufrieden meckernde Dame, die ihrem Sohn in einer Tour Undankbarkeit und Nutzlosigkeit vorwirft direkt vor sich. Trotz allem ist die ungespielte Trauer und Liebe zur Mame nach deren Tod ehrlich und irgendwie auch nachvollziehbar.
Ich musste mich dabei ertappen, dass ich den Schlussfolgerungen des Autors so gar nicht folgen konnte. Trotz des erlebten Traumas denke ich, dass jeder Mensch/jede Mutter die Wahl hat, die Person zu werden, die man sein möchte, oder zumindest ihr nah zu kommen. Ohne dabei ein weiteres Trauma in der nächsten Generation auslösen zu müssen und den eigenen Sohn so zu schikanieren. Vielleicht ist genau dieser Aspekt das Gute des Buches: dass ich diese Thematik und meine Haltung dazu mal ein bisschen überdenke.
Es war nicht leicht für den Autoren, bei einer Mutter aufzuwachsen, die den Holocaust überlebt hat und ihm seine ganze Kindheit und Jugend durch Undankbarkeit und Versagertum vorgeworfen hat.
Für mich, als Enkelkind des Tätervolkes war das eine sehr intensive und bedrückende Erfahrung beim Lesen, vieles hatte ich mir vorher nicht bewusst gemacht. Dennoch
Ist das kein trauriges oder bitteres Buch (es hätte alles Recht dazu!), denn dem Autoren ist es gelungen, mit der richtigen Mischung aus Trauer, Wut, Enttäuschung, Bewunderung und Humor eine wunderschöne Liebeserklärung an seine verstorbene Mutter zu schreiben.
Was für ein berührendes Buch.
MAMELEBEN oder das gestohlene Glück
Michel Bergmann
Sprecher: Michel Bergmann
Michel Bergmann erzählt auf eindringliche Weise über das Leben seiner „Mame“ Mutter. Wie sie den Holocaust überlebte, fast alle Angehörigen im Krieg verlor und auf vieles in ihrem Leben verzichtete, bis hin zu ihrem Tod.
Sie war eine stolze und eigenwillige Frau; eine Frau mit Ecken und Kanten, die sich zum Alter nicht abschliffen, sondern noch kantiger wurden. Eine Frau, die es verstand, andere zu manipulieren und ihrem Sohn ständig ein schlechtes Gewissen einzureden: „Du rufst zu selten an, du besuchst mich nie.“ Und wenn er seine Mutter abholte und sie in die Provence mitnahm, dann war es zu heiß, zu kalt, das Bett zu weich oder zu hart. Es wurde nur gemeckert - es war Charlotte Bergmann nie recht.
Schuld waren immer die anderen: „Und dafür habe ich den Krieg überlebt?“ „Da überlebt man und so dankst du es mir!“
Andere außenstehende Menschen schätzten sie sehr. Sie war gebildet und kultiviert, so freundlich und selbstlos.
Aber es gab auch wunderbare Seiten an Mame zu entdecken: Wie sie ganz spontan und herzlich das Kind aus der ersten Ehe ihres Mannes aufnahm - auch als Geschäftsfrau war sie unübertroffen.
Ein wirklich rührendes Buch mit einem schönen Ende, das Michel Bergmann geschrieben hat.
Zu guter Letzt muss er wahrscheinlich selbst entscheiden, ob es immer Mutterliebe war, die Charlotte „Mame" Bergmann ihm gegeben hat.
Fazit:
Wunderbare Reflexion einer Mutter-Sohn-Beziehung. Sehr hörens-/lesenswert.
5/ 5
[Rezensionsexemplar] Heute möchte ich euch ein starkes Buch empfehlen, eines über das Leben einer Mutter, erzählt von ihrem Sohn:
"Mameleben - oder das gestohlene Glück" von Michel Bergmann, erschienen im @diogenesverlag
"Großartig und nervtötend, liebevoll und erdrückend" (Zitat Klappentext) so war Charlotte "Lotte" Bergmann. Als deutsche Jüdin hat sie den Holocaust zwar überlebt, dabei aber soviel verloren...
Bergmann beschreibt in seinem Buch das Leben seiner "Mame", deren tiefe Traumata des Holocaust sie nie überwunden hat.
Er schreibt auch über die Beziehung der beiden zueinander, die alles andere als einfach ist.
Nie scheint Bergmann der Mutter zu genügen, die für ihr einziges Kind ein ganz anderes Leben im Sinn hatte: nämlich eines, das sie selbst gern gelebt hätte....
Am Ende des Buches schreibt Bergmann "... die Ingredienzien dieses Leben [...] haben nicht nur psychische Schäden verursacht. Sie haben Krankheiten und Todesursachen provoziert und letztendlich auch die Gene verändert, die an uns weitergegeben wurden."
Erst im Rückblick auf sein Leben und das seiner Mutter kann er die schwierige Beziehung der beiden zueinander verstehen.
Das Buch ist ein Stück weit eine Abrechnung mit dem Leben und ein ganz besonderes, literarisches Denkmal, an eine Frau, die sich selbst immer wieder neu erfunden und sich dabei "verlebt" hat.
Auch wenn diese Mutter-Sohn-Beziehung sich auf den ersten Blick nicht so liest, steckt sie, neben allen Vorwürfen, auch voller Liebe in beide Richtungen.
Geschrieben ist die Geschichte aus der Ich-Perspektive des Autors. Der Stil Bergmanns ist leicht, aber voller Melancholie, teilweise sarkastisch und hat mich in seiner Tiefe beeindruckt! Im Text finden sich immer wieder jiddische Worte und Redewendungen, hierfür findet sich im Anschluss an die Erzählung ein Glossar.
Ein lesenswertes Buch #gegendasvergessen!
»Sie hat sich erschaffen und mitten ins Leben gesetzt! Von vielen bewundert, von manchen gefürchtet, von einigen obsessiv begehrt, aber stets sich selbst genug. Sie liebt mich, so wie sie zu lieben vermag, besitzergreifend, mit aller Besessenheit und allen Einschränkungen, daran habe ich keinen Zweifel.
Aber ich bin nicht in ihrem Sinne geraten. Ich erfülle nicht ihre übermenschlichen Erwartungen.« (S.110)
Gegenüber ihrem Sohn Michael hat die Mutter - Charlotte - viele Vorwürfe, Erwartungen und insgesamt eine sehr hohe Anspruchshaltung. Wenn sie vor anderen von ihrem Sohn spricht, lobt sie ihn in höchsten Tönen. Dieser Widerspruch zeigt sich auch in anderen Bereichen ihrer Mutter-Sohn-Beziehung, die sehr von den Erfahrungen der Mutter als Überlebende des Holocaust und eines Internierungslagers gekennzeichnet ist.
In »Mameleben« schreibt der Autor, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Michel Bergmann über das Leben seiner Mutter, die Mutter-Sohn-Beziehung, seine Erinnerungen an das gemeinsame Leben und stückweit auch über sich. Der Autor gehört der 1. Nachkriegsgeneration an, wurde er 1945 im Internierungslager geboren.
Mit diesem Werk schreibt der Autor seiner Mutter ein literarisches Denkmal, Liebeserklärung, Abrechnung und eine facettenreiche Biografie - kurzum ALLES IN EINEM. Michel Bergmann porträtiert eine Frau, die viel durchgemacht hat; deren Lebensweg durch die Machtergreifung der Nazis einen ganz anderen Gang genommen hat (»Ich habe mich […] verlebt.« (S.227)), als sie sich erträumt und gewünscht hat; die zu sich selbst sehr hart war, aber auch zu ihrem geliebten Sohn; die Verantwortung trägt; eine sehr gute Geschäftsfrau ist; deren Leben von Verlusten und Überlebenswillen geprägt war, wie es exemplarisch für viele Shoah-Überlebende ist.
Dieses erzählende Sachbuch zeichnet sich durch die ehrliche, persönliche, melancholische, stellenweise vorwurfsvolle und insgesamt liebevolle Erinnerung Michel Bergmanns an seine Mutter Charlotte aus. Es ist ein sehr persönliches Buch geworden, das immer wieder jüdische Wörter verwendet (es gibt am Ende einen Glossar!) und insgesamt ein sehr eindrucksvolles Porträt zweier Generationen zeichnet.
Leseempfehlung für alle Fans von Shelly Kupferbergs ‚Isidor‘ und erzählenden Biografien 🤍