Ein Roman, der berührt und nachdenklich stimmt
Der Schreibstil von Mareike Fallwickl spricht mir sehr zu. Das Thema rund um sexuellen Missbrauch und Machtmissbrauch wird so real dargestellt, dass trotz des schweren Themas die Geschichte flüssig verläuft und zusätzlich doch so schön - manchmal klar und manchmal abstrakt - formuliert war. Auf der einen Seite ist da der selbstverliebte Wenger. Der ehemals gefeierte Schriftsteller ist nach einer persönlichen Krise arbeitslos und lässt sich gehen, seine Frau hat ihn verlassen (was natürlich nicht seine Schuld war), seine Kinder hassen ihn (was natürlich nicht seine Schuld ist) und niemand will noch seine Bücher kaufen (was natürlich auch nicht seine Schuld ist). Als er eines Tages Briefe von einer fremden Frau erhält, die nicht für ihn bestimmt sind, Briefe; die voll mit Wut, Schmerz, Liebe und Hass beladen sind, weiß er auf einmal worüber er schreiben will. Dabei ist ihm jedes Mittel recht - über Plagiate oder Ideenraub denkt er gar nicht nach, auch sind seine abwertende Einstellung und Äußerungen gegenüber Frauen äußerst fragwürdig und sexistisch. Auf der anderen Seite ist da seine 17-jährige Tochter Zoey. Rebelisch, eher Einzelgängerin und künstlerisch sehr begabt und seit Jahren verliebt in einen Jungen, der sie nicht sieht. Und auch sie hat die Briefe in der Wohnung ihres Vaters heimlich gelesen und ist von den Inhalten erschüttert - denn sie hat ähnliches erlebt, wie die fremde Frau. Doch auch Zoey lernt zu kämpfen und lässt sich nicht kleinkriegen. Und dann sind da noch die Briefe, welche trotz des entsetzlichen Geschehens mit so viel Liebe, Traurigkeit, Hoffnung und letztendlich mit so viel Mut enden, dass sie mich stellenweise zu Tränen gerührt haben.