Sprachgewaltig und mitreißend, obwohl nicht viel passiert. Ein ganz besonderes, ruhiges Buch.
10% um festzustellen, dass das nicht mein Fall ist. Der Ton ist distanziert, bider und steif. Teils ultra kurze Sätze, Verknappungen. Wirkt auf mich zu gewollt künstlerisch, experimentell(?). Ähnliche Art der Literatur ist mir bereits beim Bachmann Wettbewerb begegnet, für die ich mich ebenfalls nicht erwärmen konnte.
Ein liebevoller Herr Harald
In dieser Geschichte lernt man Herrn Harald kennen und gleich lieben. Wie er die Welt sieht und in ihr lebt, ist eine tolle Erfahrung beim Lesen. Es ist manchmal witzig, aber auch tragisch. Das Ende ist traurig-schön.
Ein herrlich unnormaler Mensch
Herr Harald ist Garderoben-Mitarbeiter an der Oper. Alles geht seinen geregelten Weg in seinem Leben, alles ist minutiös durchgeplant. Er lebt allein und hat kaum Kontakt zu Außenwelt. Bis eines Tages ein Mantel nicht abgeholt wird und das Leben von Herrn Harald aus den Fugen gerät. Denn in der Manteltasche befindet sich eine Pistole. Bezauberndes Buch über einen Einzelgänger, der plötzlich mit so vielen neuen Sachen konfrontiert wird: zartes Verliebtsein, vergessene Pistole, zugelaufene Katze und dann muss alles auch noch geplant werden...
Der Garderobier der Worte Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 stand u. a. „Dagegen die Elefanten“ von Dagmar Leupold; erschienen 2022 bei Jung und Jung. Darin lernen die Leserinnen und Leser Herrn Harald kennen. Herr Harald ist ein Garderobier in der Oper, Balkon links und bei Bedarf in der Philharmonie, der dem Publikum gewissenhaft die Mäntel abnimmt, den Kindern zu Weihnachten Schokoladennikoläuse schenkt und sich seine Zeit zwischen Anfang und Ende der Vorstellungen mit einem Italienisch-Sprachbuch vertreibt. Außerdem notiert Herr Harald in einem Notizbuch immer die „Wörter des Monats“ und gibt sich ganz eigenen Gedanken dazu hin. Überhaupt regieren und bestimmen die Gedanken den Roman. Dabei geht es auch mal kreuz und quer und hin und her von einem Thema zum nächsten und zurück. Wenn man am Ende der Lektüre den kauzigen Protagonisten durch ein Jahr in seinem Leben begleitet hat, in dem vieles gleich und doch manches anders läuft als Herr Harald es gewohnt ist, ist man gewillt, ihn zu adoptieren – er ist im Kern ein herzensguter Mensch, den man einfach gernhaben muss *g*. Dagmar Leupold versteht es meisterhaft, ihrem auf den Protagonisten zugeschnittenen Roman die passenden Worte zu verleihen; kein Wort zu viel oder zu wenig hat sich seinen Weg aufs Papier gesucht. Feinfühlig, warm – eine wahre Wohltat in diesen (menschlich) kalten Zeiten. Mehr Worte bleiben mir ehrlich gesagt nicht – lest diese literarische und sprachliche Wohltat einfach selbst. Klare Leseempfehlung und natürlich 5*. ©kingofmusic
Das Buch ist sprachlich sehr schön. Man verfolgt Herrn Harald und seine Gedanken, die manchmal ein wenig lustig sind. Er sammelt schöne Wörter und denkt in schön zu lesenden Sätzen. Die Handlung plätschert allerdings eher langsam vor sich hin und gegen Ende haben mir die schönen Formulierungen allein nicht mehr ganz ausgereicht, um mich zum lesen zu motivieren. Das Ende hat mich gar nicht begeistert.
»Wort des Monats: Moostrost« Schon nach wenigen Seiten verlor ich mein Leserinnenherz an Herrn Harald. Ich liebte seine würdevolle Art. Ich liebte seinen feinen Sinn fürs Detail. Ich liebte die respektvolle Aufmerksamkeit, die er sogar den scheinbar belanglosesten Gegenständen schenkt. Da eröffnen sich ganze Welten in seinen Gedanken, in seinen Metaphern und behutsamen Bildern; da breitet sich beim Lesen ein tiefer innerer Reichtum vor dir aus. Er ist ganz ohne Zweifel exzentrisch, indes auf ruhige Art, die nichts fordert und nichts erwartet. Ach, Herr Harald, du Held der kleinen Dinge. »Überhaupt hat er schöne Antworten auf nicht gestellte Fragen parat, schlanke Gedanken. Schlank, denn sie haben eine gute Figur. (…) Aussprechen lassen sich solche Gedanken jedoch nicht, sie würden bei Luftkontakt zerstäuben, so flaumig sind sie.« (ZITAT) Sein Beruf könnte als banal unterschätzt werden, doch er übt ihn aus mit Stolz. Ohne Groll, ohne Bitternis nimmt er hin, dass er übersehen wird, als sei er nur ein nützlicher Gegenstand. Klaglos hat er sich eingerichtet in seiner Einsamkeit, und doch stockt dir als Leser:in manchmal der Atem ob der stillen Sehnsucht, die aus den Zeilen spricht. Wie jeder Mensch hat auch Herr Harald Wünsche und Gefühle, doch als er sich in eine Frau verliebt, die ebenfalls von allen übersehen wird, bringt das seine Routinen empfindlich durcheinander. Hier hätte Dagmar Leupold abrutschen können in den Kitsch – den romantischen oder den Betroffenheitskitsch, völlig egal, beides wäre eine Schmälerung von Herrn Haralds Persönlichkeit und Potential gewesen. Aber sie umschifft das gekonnt, lässt ihrem Protagonisten Raum zum Scheitern, dadurch aber auch zum Wachsen. Die Waffe, die Herr Harald eines Abends in einer Manteltasche findet, wird zum Inbegriff möglicher Veränderung. »Bin ich froh, flüstert Herr Harald und weiß selbst nicht, ob mit oder ohne Fragezeichen. Sicher ist, dass es zwei Herzkammern gibt, die es ihm nun leichter machen, Freude, Aufregung und Sorge unterzubringen, und zwar so, dass Platz für Ausdehnung bleibt, denn alle drei können wachsen.« (ZITAT) Es ist eine Geschichte der leisen Töne, ohne klassischen Spannungsbogen, ohne dramatische Entwicklungen. Wahrhaft großartig wird sie erst dann, wenn man ihr mit Herrn Haralds Wertschätzung für das Unspektakuläre Raum gibt – aber dann liest sich alles wie aus einem Guß, als könnte man es gar nicht anders erzählen. Sprachlich ist diese zarte Erzählung eine Wucht. Fazit: Herr Harald ist Garderobier im Theater, ein Beruf, den er mit stiller Würde ausübt. Er hat keine Familie, keine Freunde, im beruflichen Alltag wird er als Mensch gar nicht wahrgenommen. Dennoch scheint ihm nichts zu fehlen, bis seine Welt in zweierlei Hinsicht erschüttert wird: Er verliebt sich, er findet eine Waffe, und beides öffnet eine gedankliche Brücke zu dem, was im Leben vielleicht noch möglich wäre. Der Roman lebt vor allem von seinem wunderbaren Protagonisten, aber auch von seinem einmaligen still-poetischen Schreibstil. Ein introspektives Leseerlebnis, das eher vom Wesen der Dinge erzählt als einer Handlung von A bis Z zu folgen.
Sprachgewaltig und mitreißend, obwohl nicht viel passiert. Ein ganz besonderes, ruhiges Buch.

🅁🄴🅉🄴🄽🅂🄸🄾🄽 🐘 [unbezahlte Werbung] Dagegen die Elefanten! von Dagmar Leupold Mein Leseeindruck: 》Da hängt er nun, ein leichter Sommermantel in Schiefergrau. Herr Harald hat sofort den Geruch erkannt, der von ihm ausgeht: Freesien. Ein altmodischer Geruch, niemand kauft mehr Freesien,....《 (Seite 164). Ein Buch, über das ich lange nachdenken musste. Schwierig. Der Schreibstil war für mich sehr ungewohnt und ich habe recht lange gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt hatte. Das Buch erzählt von Herrn Harald und lebt quasi von Herrn Harald und seinen Wortspielereien samt wandernden Gedanken, die mich nicht immer richtig abholen konnten. Jedoch liegt ein ziemlich großer Fokus eben darauf. Zur Geschichte: Herr Harald verfolgt klare Strukturen und Regeln. Er arbeitet in der Garderobe einer Oper. Wir begleiten Herrn Harald zwölf Monate lang durch seinen streng geordneten Alltag. Alles hat seine Ordnung, bis er eines Abends Johanna oder Marie sieht (er nennt sie so, weil sie aussieht wie eine Johanna oder Marie), sie ist die Umblätterin des Pianisten am Klavier. Er denkt fortan ständig an Johanna oder Marie, bis er eines Abends in einem nicht abgeholten Mantel eines Gastes eine Pistole findet. Johanna oder Marie scheint so weit weg für ihn, aber die Pistole ist sehr nah... So ähnlich beschreibt der Klappentext die Geschichte des Buches. Ich hatte deswegen direkt Kopfkino und selbstverständlich macht man sich durch diese Beschreibung so seine Gedanken. Als ich mich an den etwas anderen Schreibstil und Herrn Haralds Gedanken gewöhnt habe, bekam ich langsam Gefallen daran. Jedoch nahm es nie so richtig Fahrt auf und das Ende der Geschichte war für mich eher enttäuschend, da hatte ich mir definitiv etwas anderes darunter vorgestellt. Herr Harald ist ein eher unscheinbarer und unsichtbarer Mensch, der kaum von anderen Menschen wahrgenommen wird. Dagmar Leupold hat ihn wahnsinnig gut beschrieben. Seine ganzen Eigenarten und die Eigensinnigkeit hat sie wirklich auf den Punkt getroffen. Dies macht einem nur mehr bewusst, wie wichtig schon ein Lächeln oder eine freundliche Geste ist. In dieser Geschichte geht es wohl einfach mehr um die Message dahinter, die definitiv angekommen ist. Wenn man außer Acht lässt, dass man hier keine allzu reißerische Geschichte in den Händen hält, kann das Buch bestimmt überzeugen.