Recht geradlinige Geschichte ohne große Überraschungen, eher schwache Protagonistin, aber tolle Nebencharaktere, stilistisch nicht ganz ausgereift
Ich habe mehrmals in Erwägung gezogen, das Buch abzubrechen. Doch irgendwie bringe ich es trotz aller Vorsätze nicht übers Herz, Bücher unbeendet beiseitezulegen. Diese Einleitung lässt schon ahnen, dass ich nicht überzeugt war. Der Stil ist leider nur mittelmäßig. Ein inflationärer Gebrauch an Füllwörtern, überflüssige Erklärungen, die Subtext zunichte machen und offensichtliche Fehler (Verwechslung von scheinbar und anscheinend u.ä.) lassen mich zweifeln, ob es tatsächlich ein Lektorat gab, wie in der Titelei angegeben. Im letzten Drittel wurde der Stil ein wenig besser, aber immer noch nicht richtig professionell. Das Worldbuilding wirkte auf mich unstimmig und unausgereift. Selbst am Ende habe ich kein klares Bild von Ishøgh. Mal wird es als Dorf bezeichnet, dann wieder als Stadt. Der Palast ist in der Ferne kaum auszumachen, aber fußläufig in kurzer Zeit erreichbar. Es gibt Kirchen mit Kreuzen und Glocken, Gottesdienste und Weihnachten, aber als unsichtbare Macht, die zwei Menschen zusammenführt, oder die Königin leitet, wird stets das Schicksal genannt und nicht Gott. Das passt für mich nicht zusammen und erzeugt den Eindruck, dass die Welt nicht "zu Ende gedacht" ist. Mit Alva als Protagonistin bin ich nicht warm geworden. Sie war mir zu (willens-)schwach. Sie war selten in der Lage, eigenständig Entscheidungen zu treffen und wenn sie mal etwas gemacht hat, war ihr gleich alles zu anstrengend, oder sie war zu ängstlich, musste wieder gerettet werden etc. Rik und Kaden hingegen fand ich gut gelungen. Die Geschichte empfand ich als geradlinig ohne große Wendungen - weder vorhersehbar noch unvorhersehbar. Positiv fand ich die verschiedenen POVs. Ich mag so etwas sehr und fand es schön, einen Einblick in die Gedankenwelt von Charakteren wie Kotzbrocken Ida zu bekommen. Das hilft enorm, auch solche Charaktere zu verstehen und ist der Autorin hier wirklich gut gelungen. Auch den Wechsel zwischen dem Ich-Erzähler und dem Personalen Erzähler fand ich als Stilmittel gut gewählt und passend eingesetzt. Fazit: Falls du eine relativ geradlinige Geschichte suchst, dich nicht an einer Protagonistin störst, die stark von außen gelenkt wird und dir die gängigen Stilregeln nicht allzu wichtig sind, könnte das Buch etwas für dich sein. PS: eine Triggerwarnung zum Thema "Kindstod" wäre angemessen. Diese Thematik geht in keiner Weise auf dem Klappentext hervor und wird zu Beginn doch sehr klar behandelt und leider nicht nur angedeutet.