
𝙒𝙖𝙧𝙪𝙢 𝙬𝙤𝙡𝙡𝙩𝙚 𝙞𝙘𝙝 𝙙𝙖𝙨 𝘽𝙪𝙘𝙝 𝙡𝙚𝙨𝙚𝙣? Mit dem Buch Die seltsame Sally Diamond habe ich Liz Nugent als Autorin lieben gelernt. Es ist ein absolutes Highlight und zählt zu meinen Lieblingsbüchern – und sollte unbedingt von allen gelesen werden, die spannungsgeladene Geschichten mögen. Genau deshalb habe ich nun zu Kleine Grausamkeiten gegriffen, in der Hoffnung, wieder so ein großartiges Buch zu entdecken. 𝙆𝙡𝙖𝙥𝙥𝙚𝙣𝙩𝙚𝙭𝙩: Nur jeweils ein Jahr sind die Drumm-Brüder William, Brian und Luke auseinander und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. William hat als Filmproduzent Karriere gemacht und glaubt, ihm stehe einfach alles zu, Brian, der mittlere Bruder, Lehrer und Künstleragent betätigt sich als wenig selbstloser Friedensstifter, Luke, psychisch instabiles Nesthäkchen, ist ein international gefeierter, sehr einsamer Popstar. Aber keiner von ihnen ist der, der er zu sein scheint. Vom Tag ihrer Geburt an hat ihre narzisstische, ziemlich abgefeimte Mutter die Brüder darauf abgerichtet, um ihre Aufmerksamkeit zu buhlen. Sie spielen Spielchen, doch im Laufe der Jahre werden diese Spiele – die kleinen Grausamkeiten – immer unheimlicher, gnadenloser und gefährlicher. Toxisch geradezu, denn nur zwei der Brüder werden überleben. 𝙀𝙞𝙜𝙚𝙣𝙚 𝙈𝙚𝙞𝙣𝙪𝙣𝙜: >>Drei Brüder auf einer Beerdigung. Einer von ihnen liegt im Sarg, betrauert von seinen Geschwistern. Aber welcher? Und warum? << Zwei spannende Fragen, die es zu klären gilt. Damit ihr meine Meinung zum Buch besser versteht, möchte ich euch etwas zum Aufbau erzählen: Zu Beginn wird man direkt mit den oben genannten Fakten zur Beerdigung konfrontiert. Die Idee, die Geschichte so zu starten, fand ich einfach genial. Danach folgen drei Teile, die jeweils die Perspektive eines Bruders schildern. Den Anfang macht William. Man bekommt Einblicke in seine Kindheit, seine Jugend und sein Erwachsenenleben, wobei seine Eltern und Brüder eine zentrale Rolle spielen. Es folgen die Perspektiven von Luke und Brian. Nach rund 330 Seiten kennt man den Toten immer noch nicht – und somit auch nicht das Motiv bzw. den Grund, hat aber eine Gespür dafür entwickelt, wie jeder einzelne tickt. Dabei möchte ich einfach mal diese schreckliche Mutter erwähnen. Auf den letzten 70 Seiten fügt sich dann alles langsam zusammen, bis man schließlich erfährt, wer gestorben ist und warum. Für mich war das ein langer und auch ermüdender Weg. Die Sichtweisen der drei Brüder empfand ich als viel zu ausführlich. Ich muss ehrlich sagen: Anfang, Schreibstil und Idee fand ich großartig – die Umsetzung jedoch enttäuschend. Auch die Einordnung als Kriminalroman finde ich unpassend – wenn Die seltsame Sally Diamond "nur" ein Roman sein soll. Die angekündigten Twists (u. a. in The Guardian) habe ich leider vergeblich gesucht. Schade – aber Sally Diamond bleibt damit erst mal unangefochten auf Platz eins. 𝙁𝙖𝙯𝙞𝙩: (K)ein Kriminalroman mit einer genialen Idee, einem großartigen Schreibstil, einem starken Beginn – aber einer ermüdenden Fort- und Umsetzung. Hatte viiiiiel mehr erhofft.