
Marlen Hobracks Debütroman „Schrödingers Grrrl“ ist eine mutige und faszinierende Auseinandersetzung mit Themen, die in der heutigen Gesellschaft oft nur am Rande Beachtung finden. Im Zentrum steht Mara, eine 23-jährige Schulabbrecherin, die arbeitslos, depressiv und von der Gesellschaft entwurzelt ist. In Dresden lebend, zieht sie sich in die Welt von Social Media zurück, um der Leere und Sinnlosigkeit ihres Alltags zu entkommen. Es ist ein Buch, das nicht nur mit scharfer Gesellschaftskritik aufwartet, sondern auch die Literaturszene auf den Kopf stellt. Mara, die Protagonistin, ist eine außergewöhnlich vielschichtige Figur. Auf den ersten Blick wirkt sie sarkastisch und distanziert, aber im Verlauf des Romans offenbart sich die tiefe Verletzlichkeit und Orientierungslosigkeit, die sie in ihrem Leben prägt. Hobrack gelingt es meisterhaft, Maras Gefühl von Isolation und das Ausgeliefertsein gegenüber einer Welt, in der sie keinen Platz findet, eindrucksvoll zu schildern. Der Kontrast zwischen Maras trockener, oft witziger Art und ihrer inneren Zerrissenheit ist einer der großen Stärken des Romans. Die Handlung nimmt eine überraschende Wendung, als Mara auf Hanno, einen Literaturagenten, trifft, der sie überredet, sich als die Autorin eines Romans auszugeben, der in Wirklichkeit von einem alten, weißen Mann geschrieben wurde. Diese Hochstaplergeschichte ist eine scharfsinnige Satire auf die Literaturszene und beleuchtet auf humorvolle, aber zugleich bittere Weise den Zynismus und die Heuchelei, die hinter dem Verlagsgeschäft stecken können. Dabei stellt Hobrack die Frage, wie sehr das öffentliche Bild einer Autorin oder eines Autors den Erfolg eines Werkes beeinflusst – und wie wenig es manchmal mit dem tatsächlichen Inhalt des Buches zu tun hat. Hobrack setzt sich in ihrem Roman nicht nur mit gesellschaftlichen Randthemen wie Armut und Depression auseinander, sondern auch mit der Unsichtbarkeit und dem Gefühl der Machtlosigkeit, das viele junge Menschen heute empfinden. Mara ist eine Figur, die sich an den Rändern der Gesellschaft bewegt – sie passt nicht ins System, und ihr Versuch, in diesem System dennoch Erfolg zu haben, führt sie in eine Abwärtsspirale. Sprachlich bewegt sich „Schrödingers Grrrl" zwischen saloppen Humor und tiefen Einsichten. Der Wechsel der Erzählperspektiven, der oft zwischen einem allwissenden Erzähler und Maras direkter Sichtweise springt, mag ungewohnt sein, verleiht dem Roman jedoch Dynamik und Tiefe. Durch diesen Perspektivwechsel bekommt man nicht nur Einblicke in Maras Gedankenwelt, sondern auch einen Blick auf die absurden und manchmal tragikomischen Verstrickungen der Handlung. Ein unterhaltsamer, aber auch schmerzhafter Roman, der mit feiner Satire und scharfer Gesellschaftskritik überzeugt. Marlen Hobrack verknüpft gekonnt aktuelle Themen wie Depression, Armut und die Verlogenheit der Literaturszene mit einer tragischen Hochstaplergeschichte. Es ist ein Buch, das nachhallt und gleichzeitig zum Lachen und Nachdenken anregt.