In bester Sloterdijk-Manier bekommt man hier den großen Bogen, beginnend irgendwo in prähistorischen Zeiten, gespickt mit ein paar interessanten etymologischen Einsichten, wird die Bedeutung des Feuers von Holz zu fossilen Energieträgern auf die Menschheit beschrieben. Den Ansatz, die Nutzung fossiler Energieträger als Ausbeutung in einer Linie mit der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft in Form von Sklaven zu sehen, empfinde ich als spannend. Im ersten Teil seiner Abhandlung schafft Peter Sloterdijk es, facettenreich zu argumentieren, die Schilderungen sind häufig historisch-deskriptiv, die einordnenden Einschübe wirken gut abgewogen. Die zweite Hälfte des Textes wirkte auf mich an einigen Stellen schlechter argumentiert: Mir sinnlos erscheinende problematisierende Wertungen in einem Exkurs zu großen politischen Einheiten wie Megastädten oder der Volksrepublik China erscheinen mir ebenso unschlüssig wie die finalen Folgerungen, die der Autor aus seinen Überlegungen zieht. Ich finde es zwar durchaus interessant, dessen Perspektive und Forderungen im Kontext des Klimawandels kennenzulernen, allerdings wirkten die Aussagen zu weit hergeholt. Wer auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnis in bezug auf Klimawandel und dessen Folge so klar vor Augen hat wie Sloterdijk, dem steht es nicht, im gleichen Buch völlig losgelöst von den verschiedensten beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen, den post-prometheischen, energetischen Pazifismus zu fordern, dem Hyper-Prometheismus aber den Kampf anzusagen. Für mich als Leser ist die Argumentation an dieser Stelle nicht verständlich, der echte Erkenntnisgewinn wurde in den letzten Kapiteln immer seltener, wobei die Bezüge auf verschiedenen Formen des Klimaaktivismus noch spannend, wenn auch von realen Verhältnissen losgelöst, erscheinen. Unabhängig von diesen inhaltlichen Bedenken hätte ich mir aus Gründen der Unterhaltsamkeit mehr Hyper-Prometheismus gewünscht. Das Menschen- und Menschheitsbild, das in diesem Buch anklingt, teile ich nämlich in keinster Weise. Trotz allem: worth a read
Invalid Date5. Okt. 2023
Die Reue des Prometheusvon Peter Sloterdijkcc-live