Hier geht es nicht nur um die See. Interessant
Poetisch. Wunderschön. Fesselnd. Lässt einen auch nach Jahren nicht mehr los. Absolut empfehlenswert!
Ein kurzer, faszinierender Ausflug mit offenen Fragen
„Über die See“ von Mariette Navarro ist ein Buch, das man dank seiner Kürze an einem Tag lesen kann. Die Geschichte ist spannend erzählt und auch das Setting ist sehr außergewöhnlich, doch leider bleiben am Ende einige Fragen offen, was ich als enttäuschend empfand. Das Schwimmen im offenen Meer, das auf dem Klappentext so zentral wirkt, spielt überraschenderweise nicht so eine Rolle in der Handlung, wie erwartet. Dennoch ist das Buch insgesamt ein angenehmer und interessanter Read, auch wenn es mich nicht vollständig überzeugt hat.
Kurze, aber intensive und kafkaeske Reise! 😎
Ich glaube ich lese es nochmal
Dieses Buch hat jetzt ein bisschen Nachklingen müssen. Es hat sich wunderbar leicht gelesen aber es steckt so viel darin. Ich merke, dass ich nicht mehr so geübt darin bin etwas zu interpretieren. Dieses Buch handelt von einer Person, die eine Entscheidung aus dem Bauch heraus trifft, obwohl sie sonst alles vorher plant und abwägt. Ab dem Moment verlässt sie eingeübte Routinen und auch Denkmuster. Es tauchen Ängste und Ungewissheit auf und sie sucht ihren Weg damit umzugehen. Ich möchte es nochmal lesen, weil mir einige der Verwendeten „Bilder“ noch nicht ganz klar sind .
Die Rückkehr zu sich Selbst entsteht in der Entfremdung Das Buch bespielt den Prozess vom Sprung ins Nichts, der Geburt des Seins und der Subjektivierung eines Ichs, das am Ende angstfrei in die Dunkelheit blicken, dort Sicherheit finden und selbstbestimmt „Ich weiß es nicht“ sagen kann. Das fundamentale Ereignis - das Stoppen der Maschinen, das Innehalten, der Sprung in den Ozean - setzt eine Transformation in Gang, ein Moment des Übergangs, der zu einer Neudefinition der Identität führt. Die Kapitänin, ihre Mannschaft und die Last der Vorschriften und Gesetze, des „Wissens“, ideologisch geprägt - Zeitplan einhalten, Zielvorgaben, funktionieren, Kontrolle, Zahlen und Gesetzmäßigkeiten, Abläufe, Verhalten nach Protokoll – gelangen durch das Bad im Ozean in einen Zustand des „Nicht-Wissens“. Eine vollständige Aufhebung der Vernunftordnung. Ein Prozess der Entfremdung setzt ein, Störungen treten auf, Widerstände und Trägheit. Wie sicher können wir uns unserer Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen sein? Wie verlässlich sind die Strukturen, mit denen wir die Welt erfassen? Eine Metareflexion über das Bewusstsein und seine Prozesse. Zwanzig oder Einundzwanzig! Das Schiff verselbstständigt sich, Nebel, Orientierungslosigkeit, Ohnmacht, der Abbruch aller Verbindungen zur Umwelt. Die Ideologie der Ordnung irgendwo auf dem Land, weit entfernt. Die wahnsinnige Geste des Rückzugs aus der Realität um Raum für Neues, eine eigene Ordnung zu schaffen. Alle zentralen Identitätsanker werden gekappt. Die Verlangsamung, Trägheit des Schiffes interpretiere ich als eine Form des „Nicht-Ansprechbar-Seins“. Es oder die Kapitänin, für mich gehen beide eine Symbiose ein, entzieht sich durch die Verlangsamung den äußeren Anforderungen. Die Handlungsfähigkeit wird zurückerobert. Als Herrin über die Zeit, übt sie Widerstand aus. Es gibt zu viel das verarbeitet werden muss – die Geschichte um ihren sprachlosen Vater. Die erzeugte Barriere des Nebels, der Verlangsamung des Schiffes gibt die Gegelenheit zur Selbstreflexion und Wachstum. Sie wächst und reflektiert über die Illusion von Sicherheit und Wahrheit eines künstlich geschaffenen Raumes, dem die authentische Dunkelheit des Unbekannten, einer Realität entgegen steht, die sich unserer Kontrolle und Manipulation entzieht. Befreiung von Zwängen. Ich muss nicht alles kontrollieren und verstehen können. „Die Nacht ist finster. Keine Sterne. Kein Mond. Nichts. Eine undurchdringliche Wolkendecke. Schwarze Nacht auf schwarzem Wasser, das sich nicht einmal mehr daran erinnert, dass es geregnet hat. Nur das gelbe Licht der elektrischen Glühbirnen spendet Trost. … solange das gelbe Licht leuchtet, verbreitet es ein heimeliges Gefühl, vermittelt Sicherheit. Sie hatte immer gedacht, dass man die kleine, windgepeitschte Kabine erst bei Sturm zu schätzen lernen, sich darin behütet fühlen würde. Aber die schwarze, windstille Nacht und der Regen, der nicht von Lichtern durchdrungen wird, funktionieren auch ganz wunderbar.“ Und dann ist da noch die Sprache. All die Störungen, wozu auch das traumatische Erlebnis ihres Vaters gehören, lassen sich nicht vollständig in Sprache übersetzen. Er bleibt stumm. Innerhalb der Mannschaft scheitert Sprache. Ich sehe hierin die tiefgreifende Kluft zwischen unserem inneren Erleben und diesem in der Außenwelt Ausdruck zu verleihen. Das Schiff unterläuft dies, indem es über Musik kommuniziert: „Kapitänin, es scheint, als würde die Pumpe ihr Tempo variieren, und dabei … halten Sie mich bitte nicht für verrückt, dabei eine Art Musik erzeugen. Kapitänin, hören Sie mich? Slavoj Zizek in der absolute Gegenstoß dazu: „Musik ist die Substanz, die den eigentlichen Kern des Subjekts verkörpert, den Abgrund der radikalen Negativität.“ In einer Szene mit ihrem 1. Offizier könnte sogar ein weiterer Aspekt hinzugefügt werden, der den Gedanken bespielt wie das Gute aus dem Kampf gegen die eigene Natur entsteht. Für mich ist das Buch wie nach Hause kommen. Es verbindet Philosophie mit Psychoanalyse in einer tollen allegorischen Form der Konstitution von Seemännern, voller Unrast und einem schwebenden Zwischenzustand der Verortungslosigkeit. Es bedient auf eine einfache, klare Weise die Sprache der Metaphysik, die auf manch einen esoterisch anmuten könnte. Wer wenig Freude an diesen allegorischen Spielen und Interpretationsschlachten hat, könnte das Gefühl bekommen etwas unvollständiges, kryptisches zu lesen. Ich habe das Buch zu keinem Zeitpunkt als sprachlich bedrohlich wahrgenommen. Es öffnet und arbeitet auf Versöhnung hin. Dies stellt einen ganz klaren Gegensatz zu Kafka dar, mit dem man dieses Werk ua. in Verhandlung der Schuldfrage und den skurrilen Bildern, schnell vergleichen möchte. Davon rate ich dringend ab. Hier steht klar die Handlungsmacht im Fokus. Ein Kafka für Optimisten oder welche die das Wagnis der Unendlichkeit eingehen :-)
Die Poesie des Meeres
Eine in sich gekehrte Kapitänin, eine sonderbare Besatzung und ein eigenwilliges Schiff - Aus diesen drei Komponenten und einer beeindruckend dichten und poetischen Sprache hat Mariette Navarro einen ebenso eigensinnigen wie sonderbaren und irgendwie introvertierten Text komponiert. Um ehrlich zu sein bin ich recht schwer in die Lektüre hineingekommen, obwohl dieses schmale Buch und der leserInnenfreundliche Satz zum Verschlingen einladen. Vielleicht hat mich der Klappentext etwas verwirrt, vielleicht war ich mit der besonderen Sprache voller Andeutungen, Metaphern und rätselhaften Verweisen etwas überfordert. Denn eigentlich geschieht (scheinbar) nicht viel auf dem Frachtschiff auf weiter See. Die namenlose Kapitänin führt ein strenges und unnahbares, jedoch wertschätzendes, Regiment auf dem Schiff. Trotzdem ist sie von sich selbst überrascht, als sie dem Wunsch der gesamten (!) Besatzung, im offenen Meer schwimmen zu gehen, ohne nachzudenken zustimmt. Der Klappentext stellt hierbei die Frage, ob die Männer zurückkommen werden und nach Beenden des Buches ist mir auch klar, was damit gemeint war. Tatsächlich hat genau diese Frage aber falsche Erwartungen in mir geweckt. Denn im Grunde geht es nicht wirklich um den Badeausflug im Ozean, sondern um das, was danach geschieht. Als mir das klarwurde, konnte ich mich irgendwie besser auf den Roman einlassen und die zweite Hälfte konnte mich mehr überzeugen. Die vielschichtigen Anspielungen, die in eine Art innere mythologische Auseinandersetzung der Protagonistin mit „ihrem Schiff“ münden, waren dabei besonders und können psychologisch gedeutet werden. Leider ging für mich aber hier das Handwerk über die Emotion, weshalb ich mich wahrscheinlich nicht sehr lange an den Text erinnern werde. Allerdings stelle ich mir eine eher analytische Herangehensweise bei einem Re-Read sehr spannend vor.
Wunderschöne rätselhafte Geschichte, wirkt parabelartig oder metaphorisch, ohne dass ich es für mich entschlüsseln konnte oder auch nur den Versuch unternommen habe es ganz genau verstehen zu wollen
"Hör nur, wie sie - ohne es zu wissen - alle ihren eigenen Ozean umpflügen. So viel Leben, meine Liebe, auf deinem kleinen Schiff. Du kannst stolz sein. So viel Leben." Zitat, Seite 125 Ein kleiner, aber feiner Roman entführt die Lesenden aufs offene Meer ins Reich der Lebenden, der Toten und - der Seefahrer. Mariette Navarro hat einen feinen, poetischen Schreibstil, der die Dinge in Metaphern verwandelt und sich bewusst vom realen Geschehen löst und gedanklich darüber hinaus geht, um mit den höchst menschlichen Gedankenspielen Hoffnung und Trost zu vermitteln. Wobei letztere Beschreibung bereits einer persönlichen Interpretation entspricht, die keinesfalls die allgemeine Ansicht widerspiegeln muss. Denn das ist wahrscheinlich das Faszinierende an diesem Roman, dass er vielerlei Möglichkeiten anbietet, die in Ambivalenz der Erzählung begründet ist. Manche Elemente der Geschichte werden bewusst vage gehalten und laden den Lesenden ein, sich sein eigenes Bild zu machen. Oder auch nur, die Erzählung als solche zu genießen. "Über die See" ist eine Lektüre, die man wiederholt genießen kann und hat durchaus das Potenzial ein moderner Klassiker zu werden! Für die wunderbar geschmeidige Übersetzung aus dem Französischen ist Sophie Beese verantwortlich. FAZIT Ein Herzensbuch. Unbedingt lesenswert!

Poetisch, ausdrucksstark, verwirrend.
Die Kapitänin eines Frachtschiffes erlaubt ihrer Mannschaft, auf deren Wunsch hin, das Schiff anzuhalten und schwimmen zu gehen. Eigentlich eine Ungehörigkeit, doch irgendetwas bringt die Kapitänin dazu, diesem Wunsch stattzugeben. Alles geht gut, doch statt 20 Männern sind nun 21 an Bord. Etwas hat sich geändert. Eine Zeit lang scheint sich die Realität auf dem Schiff zu ändern. Mariette Navarro hat eine bizarre und skurrile und gleichzeitig wunderschöne und poetische Geschichte entworfen.
Bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Irgendwie undurchsichtig und nicht besonders flüssig zu lesen…
Gerade zu Beginn sehr sprachgewaltig und packend geschrieben, mit rätselhafter und bedrückender Atmosphäre. Leider konnte diese Stimmung nicht so ganz aufrecht erhalten werden. Etwa ab der Mitte fand ich das Buch ziemlich zäh und ich war dann ehrlich gesagt froh, dass es vorbei war.
Besondere Atmosphäre, auf die man durch einlassen muss
Absolute Leseempfehlung!
Mir fällt es schwer, dieses Buch zu bewerten, ist es doch ganz anders als die meisten anderen Bücher, die ich lese. Grundsätzlich hat es mir gefallen. Am Anfang fiel es mir schwer, in die Geschichte reinzukommen, aber so in etwa ab dem Moment, als die Schwimmer wieder an Board waren, hat mich die Geschichte interessiert. Es ist aber schwierig von einer "Geschichte" zu sprechen. Es ist eher poetisch und philosophisch. Den Kopf muss man ausgeschaltet lassen, aber gleichzeitig muss er noch passiv mitspielen. Der Schreibstil hat mir gut gefallen, die Kapitänin hat mich neugierig gemacht. Am liebsten würde ich jetzt einfach noch mehr von den Figuren lesen, die gerade so angerissen wurden. Aber das ist wohl meiner Fantasie überlassen.
„Sprachlich gewaltig“
Sprachlich gibt es wunderschöne Bilder, die ich sehr gerne gelesen habe. Ich brauchte jedoch eine ganze Weile bis ich drin war im Buch und dann war es auch schon vorüber. Ich habe es gerne gelesen, aber mir fehlt der Nachklang leider.
Ein Buch mit unerwartetem Twist, verfasst in bemerkenswerter Prosa, ein bisschen ätherisch und dabei ein Lehrstück über den Aufbruch ins Ungewisse. Hat mir ganz gut gefallen.

Wenn der vertraute Ozean zum unbekannten Fremden wird.
Sie ist Kapitänin, hat sich ihre Position hart erkämpft. Ihre Autorität unter den Matrosen ist auf dem Frachter unumstritten. Umso überraschender ist ihre Antwort auf die Frage, ob die Matrosen eine Runde schwimmen gehen dürfen. "Einverstanden". Ein Wort, über welches sie sich selbst wohl am meisten wundert. Das Schiff bremst, der Motor wird abgestellt, ebenso wie alle Radare. Die Matrosen lassen ein Rettungsboot hinab und gehen tatsächlich über den gewaltigen Tiefen des Ozeans schwimmen. Als alle wieder an Bord sind, zählen sie durch. 21. Einer mehr als zuvor. Die Sicherheit der Kapitänin wird schwindet, ihre Souveränität auch, das bemerken sogar die Matrosen. Dennoch starten sie die Motoren wieder und nehmen Kurs auf den Zielhafen. Dann jedoch taucht ein enorm dichter Nebel auf, das Schiff verliert immer mehr an Geschwindigkeit. Ein blinder Passagier, von den Geräten unentdeckte Wetterphänomene und eine eigentlich einwandfrei funktionierende Technik. Was ist hier los? Sehr ruhig, aber dennoch sehr spannend, schreibt Mariette Navarro von der Überfahrt eines Schiffs über den Atlantik, von seiner Kapitänin und deren Matrosen. Sie erzählt vom Leben und der Gefühlswelt der Kapitänin, ihrer Verbundenheit zum Ozean und zum Schiff, als wäre es selbst ein Mensch. Poetisch, in gewundener Sprache geschrieben. Glatt wie der Wasseroberfläche ohne Wind, aber tief wie der Marianengraben. Ich habe dieses Buch mit sehr viel Genuss gelesen und empfehle dringend, es mir gleich zu tun.