Eins ihrer Frühwerke - vor über 20 Jahren erschienen und immer noch lesenswert!👏🤩
Yoko Ogawa zählt zu meinen absoluten japanischen Lieblingsautorinnen, soviel vorab - ich kann Euch nur ans Herz legen, mal zu einem ihrer Bücher zu greifen, ich wurde noch nie enttäuscht. „Zärtliche Klagen“ ist eins ihrer früheren Werke und schon vor über 20 Jahren im Japanischen erschienen. Das merkt man dem Buch auch an, denn sie hat als Autorin eine starke Entwicklung durchlaufen, was ich absolut spannend finde zu verfolgen. Ich bin ehrlich und verrate Euch an dieser Stelle, dass ich ihre neueren Werke einen Ticken lieber mag, da sie dort auch den Magischen Realismus in ihre Werke integriert, was bei ihren früheren Büchern völlig fehlt, sie erzählen eher vom Zwischenmenschlichen, von Beziehungen in ihrer rudimentärsten Weise. So auch „Zärtliche Klagen“, hier lernen wir Ruriko kennen - eine von häuslicher Gewalt geplagte Ehefrau, die Schutz sucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann in ihrem Ferienhaus in den Bergen. Dort fühlt sie sich sicher und kann zur Ruhe kommen, die Einsamkeit in der Natur gibt ihr Kraft und sie lädt dort ihre Batterien auf für die Strapazen, die ihr alltägliches Leben sonst auferlegt. Doch bleibt sie dort nicht lange alleine und intensiviert ihre Beziehung zu ihrem Nachbarn, dem Cembalobauern Nitta, inklusive seiner Assistentin (und Lebenspartnerin) Kaoru - der Beginn einer folgenreichen Dreiecksbeziehung. Ruriko entpuppt sich als Intrigantin und versucht die Beziehung des Paars zu untergraben, wo sie nur kann. Woher kommt ihr Wohlgefallen an ihrem Verhalten? Warum verschafft ihr die mögliche Zerstörung einer Beziehung eine solche Genugtuung?! Dazu muss man wissen, dass Rurikos Ehemann schon länger ein Verhältnis mit einer Geliebten pflegt. Projiziert sie mit ihrem Verhalten ihren eigenen Schmerz und Verletzung, den ihr ihr eigener Ehemann durch seine Affäre zufügt möglicherweise auf die Beziehung von Nitta und Kaoru?! Verschafft ihr das eine Linderung oder ist es gar eine diabolische Freude, die sie dazu animiert?! Die Antwort werde ich Euch schuldig bleiben. Es gibt keine großen Plottwists in „Zärtliche Klagen“ - die Erzählweise Yoko Ogawas lebt von ihrer Einfachheit in der Schilderung von Beziehungen. Ich mag es, wie sie uns mitnimmt ins Seelenleben und damit in die Köpfe ihrer Protagonist*innen. Dafür braucht es für mich nicht zwangsläufig zig Wendungen oder eine wahnsinnige Spannungskurve. Dieses Buch ist eher etwas für Leser*innen, die eine Freude an feinster Menschenbeobachtung empfinden. Ihre Tiefgründigkeit liegt in ihrem Fokus auf dem Zwischenmenschlichen, in rudimentärster Weise. Das muss man mögen und ist sicherlich kein Buch, das jedem Gefallen wird - aber für diejenigen, die einer solchen Erzählweise etwas abgewinnen können, wartet hier ein wahrer Leseschatz. Für mich ist diese Besonderheit genau das, was ich an japanischer Literatur so schätze. Da ich mir mittlerweile annähernd das Gesamtwerk Ogawas zusammen gesammelt habe, werde ich Euch künftig mehr ihrer Werke vorstellen. Lasst mich doch gerne in den Kommentaren wissen, ob Ihr schon eins Ihrer Werke gelesen habt oder vielleicht gar auch so ein großer Fan seid und welches Euer Lieblingswerk von ihr ist, ich bin gespannt.