
Franz Werfels „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ erzählt die Geschichte eines armenischen Dorfes, das sich während des Völkermords 1915 gegen die osmanische Armee wehrt. Schon nach den ersten Seiten wurde mir klar, dass ich viel über die Geschichte und Geografie der Region nachschlagen musste, um den Roman richtig zu verstehen. Auch wenn manche Teile etwas langatmig waren, hat sich die Mühe gelohnt. Werfels Schreibstil ist anspruchsvoll, aber kraftvoll. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.
In „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ geht es um den Widerstand einer armenischen Dorfgemeinschaft gegen die osmanische Armee während des Völkermords 1915. Die Hauptfigur, Gabriel Bagradian, kehrt nach Jahren im Ausland mit seiner Familie in sein Heimatdorf zurück. Als die osmanische Regierung die Armenier deportieren will, bringt Bagradian die Dorfbewohner auf den Musa Dagh (Mosesberg), wo sie sich vierzig Tage lang verteidigen und auf Rettung hoffen. Bereits nach den ersten Seiten habe ich gemerkt, dass ich einiges an Vorwissen brauchte, um die Handlung richtig zu verstehen. Viele Begriffe und historische Details waren mir nicht geläufig, und auch mit der Geografie tat ich mich schwer. Deshalb musste ich oft Karten und Hintergrundinfos zu Rate ziehen. Obwohl das Buch fordernd war, hat sich die Mühe gelohnt. Die Geschichte ist spannend und berührend, vor allem, weil Werfel die Gefühle und Konflikte der Figuren so gut beschreibt. Man spürt den Druck, unter dem die Menschen stehen, und ihren Kampf ums Überleben. Werfel schreibt sehr detailliert und manchmal auch etwas anspruchsvoll. Seine Beschreibungen sind oft tiefgehend, was es mir nicht immer leicht gemacht hat, die Handlung schnell zu erfassen. Manchmal geht er sehr ins Detail, was die Spannung hin und wieder bremst. Auf der anderen Seite schafft es dieser Stil, die Atmosphäre und die schwierigen moralischen Entscheidungen der Figuren eindringlich zu vermitteln. Auch wenn einige Passagen langatmig wirken, transportiert Werfel starke Emotionen und lässt die Leser die Ausweglosigkeit der Situation spüren. Interessant ist auch die Bedeutung der Zahl 40 im Titel. Sie steht natürlich für die vierzig Tage, die die Armenier auf dem Musa Dagh ausharren, hat aber in vielen Religionen und Kulturen auch eine symbolische Kraft. Im Judentum wandert Moses vierzig Jahre mit den Israeliten durch die Wüste, im Christentum fastet Jesus vierzig Tage, und im Islam empfängt der Prophet Mohammed mit vierzig Jahren seine erste Offenbarung. In diesen Religionen ist die Zahl oft ein Symbol für Zeiten der Prüfung, des Wandels und des Übergangs, was meines Erachtens gut zu der Situation der Armenier passt, die auf dem Mosesberg eine lebensgefährliche Prüfung bestehen müssen. Insgesamt gebe ich dem Buch 4 von 5 Sternen. Trotz der anfänglichen Schwierigkeiten mit den Begriffen, der Geografie und dem manchmal anspruchsvollen Schreibstil hat mich der Roman überzeugt. Er vermittelt eindrucksvoll die Tragödie des armenischen Volkes und bleibt lange im Gedächtnis.