Von der Hexenverfolgung über das Verhalten der Kirche während des Dritten Reiches bis hin zur Frage, ob Frauen benachteiligt werden – Bordat untersucht, wie viel Wahrheit wirklich hinter diesen Vorwürfen steckt. Der Autor, ein gläubiger Katholik, macht von Anfang an klar, dass er überzeugt hinter seiner Kirche steht, bleibt dabei aber angenehm sachlich und differenziert. Bordat erklärt detailliert und anhand historischer Fakten, dass vieles, was man über die Kirche zu wissen glaubt, einer genaueren Überprüfung nicht standhält. So stellt er etwa klar, dass Hexenprozesse meistens nicht vor kirchlichen, sondern vor weltlichen Gerichten stattfanden. Auch die Inquisition wird anders dargestellt, als viele sie im Kopf haben: Die meisten Angeklagten, die vor kirchliche Gerichte kamen, wurden freigesprochen. Das mag überraschen, denn in der allgemeinen Wahrnehmung ist die Kirche hier oft der große Bösewicht. Bordats Recherchen zeigen aber, dass die Verantwortung für viele dieser „dunklen Kapitel“ komplexer verteilt ist, als manch einer denkt. Stilistisch kommt das Buch sehr zugänglich daher. Bordat schafft es, historische Zusammenhänge so zu erklären, dass man auch ohne Vorwissen gut folgen kann. Das Ganze bleibt dabei angenehm nüchtern und respektvoll, auch gegenüber den Kritikern der Kirche. Sein Ton ist ruhig und sachlich, ohne den Leser zu belehren oder das Thema unnötig zu komplizieren. Insgesamt ist Von Ablasshandel bis Zölibat aber eine lohnenswerte Lektüre, die überraschend viele Klischees über die katholische Kirche infrage stellt. Für Katholiken, die bei Diskussionen über die „Sünden“ ihrer Kirche öfter mal sprachlos sind, ist das Buch definitiv eine gute Unterstützung. Und wer die Kirche kritisch sieht, findet hier vielleicht auch die eine oder andere neue Perspektive.
Nov 11, 2024
Von Ablaßhandel bis Zölibatby Josef BordatLepanto Verlag