Bewegende Thematik, aber erzählerisch durchwachsen
Günter Grass greift in "Im Krebsgang" ein lange tabuisiertes Kapitel deutscher Geschichte auf: die Versenkung der „Wilhelm Gustloff“ 1945 und das damit verbundene Leid der zivilen Opfer. Die historische Bedeutung des Themas ist unbestritten, und Grass’ Mut, sich diesem Stoff literarisch zu widmen, verdient Anerkennung. Stilistisch jedoch wirkt der Roman stellenweise spröde. Die krebsgangartige Erzählstruktur – vor und zurück, historisch und gegenwärtig – mag programmatisch sein, erschwert jedoch den Lesefluss. Auch die Charaktere bleiben teils blass, besonders die Hauptfigur Paul Pokriefke, dessen persönlicher Konflikt zwischen Journalismus, Schuld und familiärer Vergangenheit interessant angelegt, aber nicht durchgängig überzeugend umgesetzt ist. Insgesamt ist "im Krebsgang" ein wichtiges Buch, das zum Nachdenken anregt – gerade im Hinblick auf den Umgang mit deutscher Opfergeschichte und dem Wiedererstarken rechter Ideologien. Literarisch jedoch erreicht es nicht ganz die Dichte und Ausdruckskraft von anderer Werker über jene Zeit.