5. Apr. 2024
Bewertung:3

Politische Intrigen und ein Mord

Der Rheinblick ist eine Kneipe in Bonn in denen Politiker absteigen und sich über aktuelle Probleme rund um die Regierungszusammensetzung zu Zeiten von Willy Brandt unterhalten. Das Buch ist aus vielen verschiedenen Perspektiven geschrieben. So kann man in die Geschichte von Hilde der Wirtin, von Sonja der Logopädin, Max dem Taxifahrer oder Lotti der Journalistin eintauchen. Durch die vielen verschiedenen Perspektiven fällt das Lesen schwer, da man an jedem Abschnitt zuerst schauen muss aus welcher Sicht es verfasst wurde. Zwischen den politischen Machtspielen wird außerdem ein Mord begangen, der für Aufregung sorgt. Das Buch hat einen schönen Schreibstil und ist sehr eingängig. Es wird allerdings mit vielen Namen aus den 1970er Jahren um sich geworfen, sodass man ein politisches Verständnis für die deutsche politische Geschichte mitbringen muss. Ansonsten versteht man viele Aspekte nicht. Trotz meines Hintergrundwissens viel es mir schwer, alle auseinanderzuhalten und die politischen Zusammenhänge nachzuvollziehen. Die politische Studentenbewegung wird im Buch aber sehr gut dargestellt und trifft den Charme der damaligen Studentenschaft.

Rheinblick
Rheinblickvon Brigitte GlaserHörbuch Hamburg
4. Sept. 2023
Bewertung:3

Da mir Brigitte Glasers Roman „Bühlerhöhe“ ziemlich gut gefallen hatte, war ich auf ihr neues Buch „Rheinblick“ sehr gespannt. Optisch passt es gut zum Vorgänger, auch wenn das Bild nicht recht zum Inhalt passt, denn hier steht mehr als nur eine Frau im Zentrum der Geschichte. Auf 400, in kleiner Schrift eng beschriebenen Seiten, überfällt einen die Autorin mit einer Vielzahl von verschiedenen Handlungssträngen. „Rheinblick“ war für mich keine einfache Lektüre, sondern ein Buch, durch das ich mich regelrecht durchbeißen musste. Jedes Mal, wenn ich den Roman in die Hand genommen habe, musste ich erstmal 10 bis 20 Seiten lesen, um wieder in die Handlung hinein zu kommen. Mit Hilde, der Wirtin des Gasthauses Rheinblick wurde ich sogar überhaupt nicht warm. Das Buch spielt Anfang der 70er Jahre, bevor ich geboren wurde. Ich könnte mir vorstellen, dass es sich mit etwas mehr politischem Hintergrundwissen einfacher liest. Persönlich fühlte ich mich in den Kapiteln aus Hildes Sicht durch die Vielzahl an Namen, Konstellationen und Intrigen überfordert. Besser gefielen mir die Kapitel über die anderen Protagonisten. Da ist die junge Logopädin Sonja die den Kanzler bei seiner Genesung unterstützen soll, der ewig verschuldete Student Max und die Journalistin Lotti. Auch hier werden jedoch noch so viele Nebenthemen eingeflochten, dass ich die Geschichte als überladen empfand. Sei es der Streit mit den Eltern, die verschwundene Schwester und das Mordopfer. Allein der Handlungsstrang über die Zustände in Kinderheimen wäre zum Beispiel ein eigenes Buch wert. In „Rheinblick“ wirkt es wie ein Einhorn im Zoo und will nicht so recht zum Bonner Polittheater passen. Die Perspektiven wechseln alle 4 bis 5 Seiten, was es zusätzlich erschwert, in die Geschichte einzutauchen. Der Klappentext wirbt mit Sonjas Arbeit mit dem Kanzler, aber gerade diesen Teil fand ich besonders uninteressant. Vielleicht lag es daran, dass Willy Brandt unter Sprechverbot stand, aber der Bundeskanzler blieb für mich das komplette Buch über so farblos und eindimensional wie eine Pappfigur. Auch sein vollständiges Desinteresse an Therapie und Genesung wirkte befremdlich, was aber mit Sicherheit auch daran lag, dass Logopädie damals kaum bekannt war und selbst von den Krankenkassen nicht unterstützt wurde. Meine Lieblingsfigur in „Rheinblick“ war Lotti. Die junge Journalistin brachte frischen Wind in die Geschichte. Ihr Ehrgeiz, mit dem sie sich für Gerechtigkeit stark macht ist bewundernswert und auch die Freundschaft mit Max und alles was damit zusammen hängt, lockert die Handlung auf. Auf den letzten 100 Seiten waren ich dann endlich so gefesselt, wie ich es mir von Anfang an gewünscht hatte. Das Ende kam holterdiepolter, als wenn die Autorin ihre maximale Seitenzahl erreicht hätte und deswegen übereilt zu einem Abschluss kam. Dieses Buch kann ich leider nur bedingt weiter empfehlen.

Rheinblick
Rheinblickvon Brigitte GlaserHörbuch Hamburg
22. Aug. 2023
Bewertung:3

Insgesamt kommt für mich "Rheinblick" nicht an Glassers letzten Roman "Bühlerhöhe" heran. Dieser Vergleich drängt sich auch deshalb auf, weil das Konzept des Romans wieder ein Haus in den Mittelpunkt stellt, bei dem zumindest im Roman (das Gasthaus Rheinblick ist anders als die Bühlerhöhe eine Erfindung der Autorin) das halbe politische Bonn seinen Feierabend verbringt. Hier finden sich auch nach und nach, die verschiedenen Figuren des Romans ein. Eigentlicher Dreh und Angelpunkt ist aber Willy Brandt, der kurz nach den Wahlen 1972 auch historisch belegt eine Kehlkopfoperation hinter sich gebracht hat und zwei Wochen lang nicht sprechen darf. Ein politisches Problem, denn das ganze fällt genau in die Koalitionsverhandlungen, an die alte und neue Kanzler nicht persönlich teilnehmen kann. Belegt ist auch,das hier seine Wünsche explizit umgangen wurden. Über die angehende Logopädin Sonja wird dieser Teil des Romans beleuchtet. Allerdings fand ich das es auch irgendwie so dahin plätscherte. Da Sonja eigentlich kaum auf ihn trifft, bleibt dieser eigentlich sehr interessante Teil der Handlung seltsam blass und wirkt fast auch fehl am Platz. Auch eine WG, damals noch ein recht neues Konzept des Zusammenlebens,wird eingeführt in der verschiedene andere Figuren zusammenkommen und die Handlung durch ihre Blickwinkel mit zusammensetzen. Politische Debatten, Drogenkonsum, feministische Diskussionen, so wie man sich die jungen Leute in den frühen 70er Jahren, noch stark von der Studentenbewegung geprägt, vorstellt. Eine junge Journalistin die sich ihre Aufträge außerhalb der "Frauenthemen" immer neu erstreiten muss. Hier fand ich vor allem Lotti, die als Journalistin versucht auch schwierigere Themen wie etwa die Kritik an der Heimerziehung durch zu setzen, noch am interessantesten. Sie hat einfach am meisten Profil und wirkt nicht so Stereotyp, wie der Rest der WG. Vor allem Max fand ich zum Teil ganz schön unsympathisch. Außerdem fand ich die Liebesgeschichte die die Autorin einbaut irgendwie übertrieben. Das grenzte ein bisschen an Kitsch und daher gefiel mir dieser Aspekt leider nicht so gut. Dazu kommt dann Hilde, Chefin im Rheinblick, die so ihre ganz eigenen Kämpfe mit sich und der Vergangenheit ausmachen muss. Sie hat immer wieder mit zwei Politikern zu tun, die innerhalb der SPD ihre Machtkämpfe ausführen. Diesen Punk fand ich ganz interessant, ich fand das die Autorin die eher biedere Atmosphäre im politischen Bonn gut eingefangen hat.Zudem ist Hilde eine gut konstruierte Figur, die sich als Frau hier stark behaupten kann. Dennoch hat auch sie ihre dunklen Seiten, allerdings gebe ich zu, das ich diesen Punkt dann etwas langweilig fand. Ich hätte mehr erwartet. Der große Paukenschlag bleibt dann aber irgendwie aus. Die Handlung wird auch von dem Mord an einer jungen Frau zusammengehalten, die in einer Heilsarmeeuniform ermordet aufgefunden wird. Leider war aber auch hier der Spannungsbogen etwas lasch aufgebaut. Ich hätte mir aber auch insgesamt etwas mehr Spannung erwartet, der Klappentext suggeriert da einfach mehr, als dann wirklich passiert. Wieder muss ich hier den Vergleich zu "Bühlerhöhe" ziehen. Dort waren für mich die Figuren einfach vielschichtiger und interessanter mit einander verknüpft. In "Rheinblick" plätschert die Handlung oft nur so vor sich hin. Viele Wendungen die interessant hätten sein können, blieben aus. Das Ende ist dann sehr abprubt. Ich fand das ehrlich gesagt nicht besonders gelungen. Es wirkte als ob eigentlich noch etwas fehlt. Fazit: Der Roman spiegelt die Bonnerzeit der BRD ganz gut wieder, allerdings plätschert die Handlung oft einfach vor sich hin. Rheinblick ist zwar kein schlechtes Buch, fällt aber deutlich hinter meinen Erwartungen zurück.

Rheinblick
Rheinblickvon Brigitte GlaserHörbuch Hamburg