28. Apr. 2025
Bewertung:4.5

Heimweh hat man, wenn man sich nach dem Ort sehnt, an dem man sich geborgen fühlt, gut aufgehoben. Fernweh hat man, wenn man nicht weiß, wo der sein soll, dieser Ort, den alle Heimat nennen oder Zuhause. Fernweh ist Heimweh nach Irgendwo

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
6. März 2025
Bewertung:4

Ein wunderbares Buch über eine Frau, die an der portugiesischen Algarve ein geschlossenes Hotel hütet. Dabei werden Erinnerungen an ihre Kindheit in einen niedersächsischen Dorf wach. „Fernweh und Heimweg sind Sehnsüchte. Beide fühlen sich an, als habe jemand im Herz ein Fenster offen gelassen, durch das es zieht.“ (S.17)

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
24. Feb. 2025
Bewertung:5

Leise und kraftvoll!

Frieda leidet unter Burn Out und verbringt nun Zeit im Hotel Paraíso an der Algarve. Sie soll auf das Hotel aufpassen, während es in der Winterpause ist. Hund Otto leistet ihr Gesellschaft, sie lernt den Nachtwächter kennen und manch anderen Menschen. Aber überwiegend ist Frieda mit sich und ihren Gedanken alleine…und gerade das Heimweh nach einem Ort an dem ihr Herz wirklich zuhause ist, birgt viel Potenzial um sich in den eigenen Gedanken zu verlieren. Nachdem ich „Hotel Paraíso“ von Arezu Weitholz etliche Male auf Instagram gesehen habe, habe ich es mir auch gekauft, das klang nach einem Buch, das mir total passen müsste. Und ja, die Einschätzung war richtig. Frieda gibt sich ihren Gedanken hin. Als Adoptivkind das „anders“ aussieht hat sie nie so 100% ihren Platz im Leben gefunden und da ich selber adoptiert bin, hat das ganz viel in mir bewegt. Es ist ein zarter Roman, vorsichtig und sehnsüchtig, sich einlassend wollen und doch nicht ganz können und das auf sehr bewegende Art und Weise. Für mich war es interessant, wie sehr sich Frieda‘s Gedanken immer wieder auf das fokussiert haben, was ihr das Gefühl von Heimat gegeben hat, auch wenn man durchaus sehen konnte, dass ihre Adoptivfamilie einiges nicht gerade gut gehandhabt hat. Themen, die man wahrscheinlich nur wahrnimmt und auch versteht, wenn man es selber erlebt und gefühlt hat. Für mich also, trotz der Kürze des Romans, ein sehr emotionales und teilweise aufwühlendes Werk, das ich gerne gelesen habe und das sich so leicht und trotzdem intensiv liest. Ganz eindeutig ein Roman, der für mich zu meinen Jahreshighlights gehört und der besonders ist. Leise, kraftvoll und voller unglaublicher Sehnsucht. Hier muss man zwischen den Zeilen lesen, auch wenn ich glaube, dass es dazu tatsächlich stellenweise die eigene Erfahrung als Adoptivkind braucht. Danke für diesen Roman! Von mir gibt es 5 von 5 Sternen. ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
23. Jan. 2025
Bewertung:4

Melancholisch und voller Sprachwitz, ein wunderbares Entschleunigungsbuch!

Heimweh, Fernweh und Zuhause „ Fernweh und Heimweh sind Sehnsüchte. Fernweh ist Heimweh nach Irgendwohin.“ Frieda, eine Frau in ihren 50ern, bleibt eines Tages in ihrem Job als Synchronsprecherin die Stimme weg. Hat sie einen Burnout, wie die Kolleg*innen vermuten? Ihr Freund Jonas vermittelt ihre eine Stelle als Hotelsitterin in einem kleinen aber feinen Hotel an der portugiesischen Algarve, mitten im Winter über die Weihnachtstage. Die Hotelbesitzerin ist selber in Urlaub, und Frieda ist allein mit dem Hotelhund Otto. Ab und zu taucht mal der Hausmeister oder der Nachtwächter auf und ein paar Bauarbeiter, denn es finden einige Umbaumaßnahmen statt in der Zeit, in der das Hotel geschlossen ist. Frieda hat viel Zeit für sich selbst, denn außer ein paar Zimmer zu lüften und den Hund auszuführen, hat sie keine Aufgaben zugeteilt bekommen. Der Plot in dieser Geschichte ist also überschaubar. Interessant sind vielmehr Frieda‘s Gedanken, die sie in ihre Vergangenheit zurückführen. Ihre Kindheit hat Frieda in Niedersachsen verbracht, wo sie zwischen der Tankstelle der Eltern, die sie liebte und deren Bungalow, in dem sie sich viel weniger zu Hause fühlte, hin und her pendelte. Sie merkte, dass sie anders war, aber erst mit 17 hat sie entdeckt, dass sie von ihren Eltern adoptiert worden war. Die Suche nach der eigenen Identität, das Gefühl irgendwie fremd zu sein, Heimweh, Fernweh und Zuhause, das sind die Themen in diesem Roman. Arezu Weitholz hat eine wunderbar poetische Sprache, die ich sehr genossen habe. Es gibt viele kluge Sätze, tolle Wortneuschöpfungen und Anregungen zum Weiterdenken. Die Autorin spielt mit Sprache, dass es eine Wonne ist. Beim Lesen erfährt man selbst eine Art Entschleunigung. Auch wenn das Buch relativ kurz ist, sollte man es in Häppchen genießen. Jeder Satz beinhaltet so viel, dass man sich beim Lesen Zeit lassen sollte.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
3. Jan. 2025
Bewertung:5

Einfach nur Sein

Frieda ist von Beruf Synchronsprecherin. Bei einer Aufnahme verstummt sie plötzlich. Die Stimme ist weg. Man spricht von Burn Out. Frieda hütet das geschlossene Hotel Paraíso über den Jahreswechsel, dort war sie im Herbst schon zu Besuch und hat sich dort sehr wohl gefühlt. An der Algarve geht sie jeden Tag mit dem Hund Otto spazieren, kocht, spielt Klavier, macht nichts und denkt an ihre Kindheit. Das Hotel entfacht in ihr Gedanken an ein Zuhause, an Heimweh. „Ich würde sagen, Urvertrauen ist wie eine Bewegung der Seele zum Leben hin, unkaputtbar, unaufhaltsam, ganz leise und wunderschön.“ Ein kurzweiliges, aber so ein schönes Buch. Die Autorin hat einen so schönen und anschaulichen Schreibstil, so dass man im Kopf von Frieda gefangen ist (positiv gesehen). Frieda durchlebt ihre Kindheit, wo sie aufgewachsen ist und hinterfragt, ob und wo ihr Zuhause ist. Ein Suche nach sich selbst und dem Genießen einfach nur zu Sein. Das zweite Buch aus dem mare Verlag, was ich sehr genossen habe. Schöne Geschichten in Verbindung mit „der Gotteswaschmaschine“ - dem Meer. 🤩 „Und da ist er dann: ein Moment ohne Aufgabe.“

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
8. Dez. 2024
Bewertung:4.5

Am Anfang habe ich mich mit dem Buch etwas schwer getan, aber je weiter ich las, desto tiefgründiger und interessanter wurde es. Sehr authentisch wird Friedas Aufenthalt in einem über den Winter geschlossenen Hotel an der Algarve beschrieben. Außer Einkaufen, Kochen, mit Labrador Otto am Meer spazieren gehen und Zimmer lüften hat sie nichts zu tun. Sie denkt über ihr Leben nach. Mit 17 Jahren hat sie herausgefunden, dass sie adoptiert wurde. Endlich weiß sie, warum sie nie richtig dazu gehört hatte und immer „anders“ war. Sie denkt über den Begriff Familie nach, ihre Beziehung zu Jonas und seiner extravaganten Mutter, ihren Beruf als Hörbuchsprecherin. „Ich betrachte das Muster der bunten Azulejos. Ich glaube, eine Familie ist wie ein Mosaik. Man kann nicht nachträglich Steine einfügen, und wenn man welche entfernt, bleibt da immer ein Loch.“ S. 143 Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und das man an einem Nachmittag oder Abend auslesen und genießen kann.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
24. Okt. 2024
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„Hotel Paraíso“ von Arezu Weitholz ist ein Roman, der in seiner ruhigen, poetischen Erzählweise tief unter die Oberfläche dringt und dabei eindrucksvolle Fragen über Identität, Heimat und die Suche nach innerem Frieden stellt. Die Geschichte der Synchronsprecherin Frieda, die nach einem Burnout an die portugiesische Algarve flüchtet, ist ebenso melancholisch wie kraftvoll. Friedas Aufenthalt im verlassenen Hotel Paraíso wird zum Spiegel ihrer inneren Reise. In der Stille und Einsamkeit, begleitet von Labrador Otto und sporadischen Begegnungen mit dem Hausmeister und dem mysteriösen Nachtwächter, wird sie mit ihrer Vergangenheit und den ungelösten Konflikten ihrer Kindheit konfrontiert. Arezu Weitholz schafft es dabei, Friedas innere Zerrissenheit zwischen Fernweh und Heimweh auf eindrucksvolle Weise darzustellen – immer auf der Suche nach einem Ort oder einem Gefühl, das sich wie Zuhause anfühlt. Besonders beeindruckend ist die Sprache des Romans. Weitholz zeigt ihr Gespür für Sprachbilder und Metaphern. Sie beschreibt die Natur, die Erinnerungen und die Emotionen von Frieda in einer Art, die fast schon lyrisch anmutet. „Hotel Paraíso“ ist ein leiser Roman, der sich viel Zeit nimmt, um Friedas Gedanken und Gefühlswelt zu erkunden. Dabei stellt Weitholz Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der Bedeutung von Familie und Herkunft, ohne einfache Antworten zu liefern. Es ist ein Buch, das zum Innehalten einlädt und seine Leser*innen dazu bringt, über die eigene Lebensgeschichte und die eigenen Wünsche nachzudenken. Für mich ist dieser Roman nicht nur eine Flucht aus der Hektik des Alltags, sondern auch ein literarisches Juwel, das durch seine feinsinnige Sprache und die tiefgründige Erzählweise berührt. Weitholz' Fähigkeit, leise Themen wie Burnout, Einsamkeit und die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt so treffend in Worte zu fassen, macht „Hotel Paraíso“ zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
12. Sept. 2024
Bewertung:4

"Fernweh und Heimweh sind Sehnsüchte. Beide fühlen sich an, als habe jemand im Herz ein Fenster offen gelassen, durch das es zieht." " Mit einer Vielzahl von Stimmen wischt das Meer über den Sand, wie ein Schwamm über eine vollgeschriebene Tafel. Wenn ich hier lange genug sitze, wischt es vielleicht auch über mich und löscht, wo ich hergekommen bin. Wo es gezwickt und gedrückt hat in diesem Daher." "<Sie hatten als Kind also keine Vorstellung von der Fremde?> Und ich hätte geantwortet:<Im Gegenteil, ich hatte mehr als einen Ort, an dem ich mich nicht zu Hause fühlte.>" "Heimweh ist eine Schlucht, in die man nicht zu sehen wagt, weil der Schmerz dann keinen Boden hat." "Manchmal vermisse ich dieses Mädchen. Es ist, als hätte ich Heimweh nach einer Möglichkeit von mir selbst. Das allererste Leben, das mir entgangen war, fehlt mir nie." Die Synchronsprecherin Frieda leidet nach einem sehr anstrengenden Jahr an einer Belastungsstörung. Ihr Freund Jonas ermutigt sie, sich eine Auszeit zu nehmen und sie beaufsichtigt ein Hotel in Portugal, das in den Wintermonaten leer steht. Sie erhofft sich zu erholen, ihre innere Zerrissenheit ins Gleichgewicht zu bekommen und ihre Vergangenheit zu verarbeiten. Eine Vergangenheit, die aus Ausgrenzung in der Kindheit, Anderssein, Einsamkeit und der Frage bestand: Wo komme ich her, wer bin ich und wo gehöre ich hin. Eine Geschichte, in der nicht wirklich viel passiert, aber mit ganz vielen Gedankengängen und Fragen, auf die sie Antworten sucht. Ein ruhiges und unaufgeregtes Buch in einer wunderschönen Sprache und Stimmung, ich habe jede Menge Stellen markiert. Von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung ⭐

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
24. Aug. 2024
Bewertung:4

Frieda ist Synchronsprecherin, doch eines Tages scheinen ihr die Worte zu entgleiten und sie kann ihren Beruf nicht mehr ausüben. Ihr Freund Jonas schlägt ihr daraufhin einen besonderen Job vor: sie soll im Dezember und über Neujahr hinaus ein leeres Hotel an der Algarve hüten, während die Besitzerin selbst Urlaub macht. Also findet sich Frieda dort ein, in diesem anderen Leben auf Zeit und beginnt sich zu fragen, wo sie selbst eigentlich zuhause ist. „Hotel Paraíso“ ist bereits der dritte Roman der Autorin und Journalistin Arezu Weitholz, die darüber hinaus aber auch Gedichte und Songtexte schreibt. Protagonistin Frieda erzählt die Geschichte selbst aus der Ich-Perspektive und im Präsens, wechselt aber auch immer wieder in die Vergangenheitsform, wenn sie von früher erzählt, besonders von ihrer Kindheit und Jugend. Die Sprache der Autorin ist dabei sehr bildhaft, poetisch und voller Metaphern. In Friedas Leben spielt das Thema Herkunft und Heimweh eine große Rolle. „Fernweh ist Heimweh nach Irgendwo“, so drückt sie es aus, denn sie weiß nicht, wohin sie gehört; ihr Herz liegt in Fetzen. Als Kind lebt sie in einem „Dazwischen“ mit der elterlichen Tankstelle, wo sie sich wohlfühlt und dem eigentlichen Wohnhaus, das ihr fremd ist. Und immer dieses Gefühl, nicht dazu zu gehören, das sich erst nach der Beerdigung des Vaters auflöst. Zurück bleiben Wut und Leere. In Portugal nimmt Frieda sich zum ersten Mal die Zeit, diesen Gefühlen nachzuspüren. Sie unternimmt lange Spaziergänge mit dem Hotelhund Otto, sammelt Strandgut und spielt Klavier. Sie kocht und stellt die Reste in den Kühlschrank; am nächsten Morgen sind sie weg und an derselben Stelle liegt ein Dankeszettel und kleine Geschenke. Frieda findet bald heraus, dass der Nachtwächter Herr Higuchi dafür verantwortlich ist und spricht viel mit ihm über das Thema Heimat. Sie stellt sich aber auch ihren Ängsten und der Unbehaglichkeit in ihrem Herzen, wenn es um das Thema Familie geht – und vielleicht kann sie irgendwann auch positiv auf ihre Kindheit und Jugend zurückblicken. Fazit: Ein leiser, aber beeindruckender Roman

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
18. Aug. 2024
Bewertung:4

Schöne ruhige Geschichte

Arezu Weitholz hatte mich schon mit ihrem Buch "Beinahe Alaska" eingefangen. Ich mochte ihre Art zu erzählen und wie sie die Menschen sieht und beschreibt. Wem das Buch "Beinahe Alaska" gut gefallen hat, wird auch seine Freude an dem neusten Werk "Hotel Paraíso" haben. Diesmal begleiten wir Frieda, die kurz vor einem Burnout steht, nach Portugal. Dort erhofft sie sich etwas Ruhe, Zeit für sich und zum Nachdenken und Reflektieren. Sie hat sich die Weihnachts- und Neujahrszeit ausgesucht. Keine Touristen, raues Klima und Stille und ein leerstehendes Hotel. Es ist eine unaufgeregte Geschichte, die sich ganz leise durch die Seiten bewegt. Es gibt wenig Spannung oder große Handlungen. Nur Frieda, Otto und die Gedanken. Und ab und an gibt es einen stillen (anfangs unbekannten) Mitesser, der jedoch immer wieder Lebensmittel in der Küche hinterlässt. Friedas Gedanken driften ab und erzählen dem Lesenden ihre Geschichte. Der Wechsel zwischen dem Gestern und Heute hat mir gut gefallen. Auch das langsame Voranschreiten der Geschichte fand ich gut. Die Autorin hat einen, für mich, beruhigenden Schreibstil. Das Abtauchen in die Geschichte gelang mir schon nach wenigen Seiten und das Kopfkino sprang ebenfalls schnell an. Ich hätte gern noch ein paar Seiten mehr von Frieda, Otto & Co. gehabt.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
15. Aug. 2024
Bewertung:4

Unaufgeregt schön🐚

"Der Vorteil des Alleinseins: Man wird beim Denken nicht gestört. Obwohl, wenn ich darüber nachdenke, ist es der Nachteil des Alleinseins: man wird beim Denken nicht gestört." Frieda musste mal raus aus ihrem Leben. Wie gerufen ergibt sich die Möglichkeit, über den Jahreswechsel ein leerstehendes Hotel an der Algarve zu hüten. An der Küste Portugals ist nun also Zeit zum Ruhe finden, spazieren mit Hund Otto, kochen, backen, lesen, Klavier spielen und natürlich zum nachdenken. In diesem kleinen feinen und unaufgeregten Büchlein passiert nicht viel. Aber Arezu Weitholz schreibt so klar, humorvoll und manchmal schrullig, dass es ein wahrer Lesegenuss ist, mit Frieda diese besondere Auszeit zu verbringen und mit ihr nachzudenken - über Heimweh, Fernweh, Erschöpfung, Familie, Urvertrauen und Zugehörigkeit.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
11. Aug. 2024
Bewertung:4

Weibliche Identitätssuche in einem stillgelegten Hotel an der Algarve 🌊🐚💕

Arezu Weitholz schreibt Songtexte unter anderem für Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg und ist bekannt für ihre originellen Sprachbilder. Frieda ist von Beruf Synchron- und Hörbuchsprecherin, doch plötzlich versagt ihre Stimme im Studio. Sie verspricht einer Hotelbesitzerin auf das vorübergehend verlassene Anwesen in der Zeit zwischen den Jahren aufzupassen und verschafft sich damit eine kleine Verschnaufpause. Paradiesisch an der Algarve gelegen, besteht die Herausforderung im Hotel „Paraíso“ für Frieda nun im Aufsichgestelltsein. Die einzig gelegentlich auftauchende Gesellschaft bietet der Labrador Otto, außerdem sporadisch der Hausmeister João und des Nächtens der hin und wieder herumgeisternde Nachtwächter - so kann sich ein Hotel auch anfühlen, wie ein Ort, dem man nicht entkommt. Frieda ist auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens. Oft fühlt sie sich deplatziert und hadert mit der Tatsache, keine Mutter geworden zu sein: "Manchmal denke ich, dass mir eine Lebensfarbe entgangen ist, weil ich keine Kinder habe, Sagen wir, mir fehlt das Rot. Oder vielleicht nicht ganz so drastisch, mir fehlt Lila." Frieda ist eine Frau mit Seelenballast und Arezu Weitholz seziert literarisch schichtweise ihr Innerstes. Wir erfahren von einem Wendepunkt, der auf den Zeitpunkt, als sie in ihrer wohlbehüteten Kindheit von ihrer Adoption erfuhr, zurückzuführen ist. Aufgrund der Herkunft ihrer leiblichen Eltern und ihrer damit verbundenen Andersartigkeit wurde sie schon früh gemobbt in einem niedersächsischen Kindergarten und Bücher wurden zu ihren gedanklichen Wohlfühlorten: "Ich identifizierte mich mit dem kleinen Muck, einem kleinwüchsigen Jungen mit zu großem Kopf, der drei bis vier Schuh hoch war und von seinen Verwandten in die Welt hinausgejagt wurde." Besonders fasziniert haben mich Arezu Weitholz’ Sprachbilder: So spricht sie beispielsweise von der „Blindenschrift des Strandes“ und lässt Frieda aus Muscheln, Steinen und Fußabdrücken lesen. Nicht ohne melancholischen Unterton ist Frieda im „Hotel Paraíso“ auf Identitätssuche. Es ist kein handlungsgetriebener Roman und so entsteht hin und wieder ein Moment der dramaturgischen Eintönigkeit, in dem man sich etwas Bewegung wünscht. Mit Arezu Weitholz habe ich für mich ein echtes Sprachtalent entdeckt und möchte nun auch ihr Vorgängerbuch „Beinahe Alaska“ lesen, bei dem ich mir etwas mehr „Drive“ erhoffe. „Hotel Paraíso“ ist eine große Empfehlung für alle Sprachliebhaber - ich habe es sehr gerne gelesen und habe die Autorin fest in die Riege der Kategorie „Sie schreibt etwas Neues - ich werde es in jedem Fall lesen“ aufgenommen.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag
9. Aug. 2024
Bewertung:4

Poetisch

„Heimweh hat man, wenn man sich nach einem Ort sehnt, an dem man sich geborgen fühlt. Fernweh hat man, wenn man nicht weiß, wo der sein soll, dieser Ort. Fernweh ist Heimweh nach Irgendwo.“ Ein wunderbar nachdenklicher und poetischer Roman über die Suche nach sich selbst. Frieda verliert sich immer mehr und ihr wird alles zu viel. Durch ihren Freund Jonas bekommt sie die Möglichkeit über die Weihnachtszeit ein Hotel mitsamt Hund zu hüten. Dort ist sie ganz allein mit ihren Gedanken, reflektiert ihr bisheriges Leben und hat endlich mal die Möglichkeit durchzuatmen und Gedanken zu Ende zu denken. Ein sehr ruhiger, nachdenklicher Roman in einer wunderbar poetischen Sprache. Man sollte ihn ganz in Ruhe und voller Genuß lesen, damit man nichts überliest. Ein Roman übers Alleinsein, fehlende Zugehörigkeit und darüber zu sich selbst zu finden. Schon wieder eine Empfehlung.

Hotel Paraíso
Hotel Paraísovon Arezu Weitholzmareverlag