Eine Reise durch die Abgründe der menschlichen Seele
Wie bewertet man solch einen Klassiker?
Man muss sich zuerst vergewissern, dass das Buch erstmals 1880 erschien. Das "Entertainment" war zu der Zeit wesentlich anders, im Vergleich zu unser heutigen, sehr schnell-lebigen Welt, was man in diesem Buch deutlich merkt. Anfangs lässt sich Dostojewski sehr viel Zeit, erst einmal den gesamten Rahmen zu kreiren, indem sich die beeindruckend tiefen Charaktere bewegen. Es folgen sehr viele Dialoge, mit keinem wirklichen Spannungsbogen, weshalb ich verstehe, dass viele Leute das Buch nicht einmal zur Hälfte lesen und davor abbrechen. Ironischer Weise, geschehen die Handlungen danach wie Schlag auf Schlag, etwas, worauf man sehr lange gewartet hat, und dann plötzlich einen so sehr in den Bann zieht, dass es mir schwer fiel, das Buch aus den Händen zu legen. Gerade das Ende hat mich sehr überzeugt, wie sich alle Handlungssträbge zusammenfügten, Details einbezogen wurden, die etliche Seiten vorher angemerkt wurden, sowie die generelle "Auflösung", die am Ende doch weniger wichtig war, als wie zuerst angenommen.
Insgesamt ein Roman der Meisterklasse, der einen wirklich zum Denken bringt, doch definitiv nicht für jeden gemacht ist. Man sollte auf jeden Fall einiges an Durchhaltevermögen und Fokus aufbringen, um diese Buch auch wertzuschätzen.
Die Brüder Karamasow“ war mein erstes Buch von Dostojewski – und ich muss zugeben, anfangs war ich komplett überfordert. Der Umfang, die vielen Figuren, die ausufernden Gedanken… ich habe fast drei Wochen gebraucht, um mich durchzukämpfen. Aber rückblickend war es genau das, was mein Literaturverständnis auf ein ganz neues Level gehoben hat.
Natürlich kann man sagen: Das Ganze hätte man auch viel kürzer erzählen können – die Handlung kommt im Grunde erst im letzten Drittel so richtig in Fahrt. Aber genau diese ausgedehnte Erzählweise, diese unglaubliche Detailverliebtheit, ist es, was das Buch so besonders macht. Ohne sie würde ein riesiger Teil des Charmes einfach verloren gehen. Ich habe die Figuren nicht nur kennengelernt, ich hatte das Gefühl, sie regelrecht zu leben – mitsamt all ihren Zweifeln, Widersprüchen und Abgründen.
Was mich besonders fasziniert hat, war, wie viele große Themen in dieser Geschichte stecken: Glaube, Schuld, Familie, Moral, Freiheit… und all das verpackt in intensive Dialoge, innere Monologe und kluge Beobachtungen. Es ist definitiv kein Buch für „mal eben nebenbei“, aber wer bereit ist, sich darauf einzulassen, wird reich belohnt.
Ich bin sicher, dass ich es irgendwann nochmal lesen werde – allein schon, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass ich beim ersten Mal längst nicht alles verstanden habe. Es ist ein Klassiker, der nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz beschäftigt.
Und mein Tipp an alle, die sich an das Buch wagen wollen: Schreibt euch am besten gleich am Anfang alle Namen und Spitznamen der Figuren auf – sonst dreht man bei all den Karamasows schnell durch.
Ein wilder Genreritt auf 1200 Seiten. Dostojewski erzählt eine große Geschichte der Familie Karamasow und dabei wird es selten langweilig. Das Buch hat seine Längen, aber Dostojewski versteht es faszinierende Charakter zu porträtieren, die dazu motivieren weiterzulesen. Dabei scheut er auch nicht zurück die Hauptstory immer wieder zu verlassen und den Geschichten von Nebencharakteren ausführlich nachzugehen. Wer sich nicht an religiösen Themen stört oder sich sogar dafür interessiert kommt sicherlich auf seine Kosten
Abgebrochen….
„Die Brüder Karamasow“ ist das aktuelle Buchprojekt im „Hardcore Literature Bookclub“ auf Patreon.
Mir war das etwas zu sehr hardcore…. Ich hab ein gutes Drittel gelesen, aber mich eher durchgequält.
Zu viele „laute“ Männer mit zu vielen „lauten Meinungen“, dazwischen ewig dauernde, religiöse Erörterungen und erzieherische Kommentare zwischen den Zeilen.
Ein Meisterwerk und Meilenstein, insbesondere was die Hervorhebung der Psyche und die Auswirkung der Kindheitserlebnisse auf das Erwachsenenleben angeht. Vergleichbares habe ich bis zum Entstehungszeitpunkts dieses Werks in den 1860er Jahren noch nicht gelesen. Bewundernswert finde ich auch den tiefen Glauben, der in diesem Geschichte verwurzelt ist, wobei es nicht nur der christliche Glaube ist, sondern auch der Glaube an die Mutter Erde und das Väterchen Russland, der immer wieder in dem Ringen der Brüder Karamasow um Schuld und Sühne.
Es hätte ein bewegendes Leseerlebnis sein können, wenn Dostojewski für mich nicht so unangenehm geschwätzig und sich wiederholend wäre. Wenn er eine klar durchdachte Handlung und eine Konzeption der Geschichte hätte. Dostojewski bekommt für mich selten eine Atmosphäre hin, ständig habe ich das Gefühl, das Drama in Form eines Schauspiels zu lesen. Diese Mischung aus Familien-, Moral-, Liebes-, Kriminal-, Gerichtsverfahrengeschichte ist sehr dialoglastig. Die Menschen tragen ihre Herzen auf den Zungen, und ihre Herzen quellen über, und ihre Zungen sind groß. So schön, wie ein Theaterbesuch auch ist, eine 40-stündige Aufführung muss einfach ihre Längen haben. Gerade die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger im Vatermordprozess sind mitreißend und schon eine Analyse des Buchs im Buch selbst. Doch sie wollen nicht enden, bauen eine Vermutung nach der anderen auf und man sehnt sich nach der Glocke des Richters, der den Redenden endlich zum Kern seiner Aussage bringen möchte. Zudem finde ich die Frauenfiguren bei Dostojewski stets nervig, am Rande des Nervenzusammenbruchs und nie rational, sondern stets durch die Gefühle getrieben. Das liegt nicht an der Zeit, in der es entstanden ist. Andere Zeitgenossen Dostojewskis waren ja schon durchaus in der Lage komplexe und starke Frauen zu kreieren.
Die vier Brüder stehen alle für verschiedene Charaktereigenschaften, zudem sind die Nebenrollen auch meist Symbolfiguren für einen bestimmten Glauben, Denkweise oder Eigenschaft. Daher ist es mir sehr verständlich, dass dies unter psychologischen Aspekten Sigmund Freud als den besten Roman der Literaturgeschichte ansah. Nach meinem Empfinden leidet aber der Realismus an diesem Hang zur Symbolik.
Ich bin froh, dass ich es gelesen habe und trotz der Längen bis zum Ende durchhielt. In seiner Fülle von Themen ein überwältigendes Buch.
Ein Meisterwerk und Meilenstein, insbesondere was die Hervorhebung der Psyche und die Auswirkung der Kindheitserlebnisse auf das Erwachsenenleben angeht. Vergleichbares habe ich bis zum Entstehungszeitpunkts dieses Werks in den 1860er Jahren noch nicht gelesen. Bewundernswert finde ich auch den tiefen Glauben, der in diesem Geschichte verwurzelt ist, wobei es nicht nur der christliche Glaube ist, sondern auch der Glaube an die Mutter Erde und das Väterchen Russland, der immer wieder in dem Ringen der Brüder Karamasow um Schuld und Sühne.
Es hätte ein bewegendes Leseerlebnis sein können, wenn Dostojewski für mich nicht so unangenehm geschwätzig und sich wiederholend wäre. Wenn er eine klar durchdachte Handlung und eine Konzeption der Geschichte hätte. Dostojewski bekommt für mich selten eine Atmosphäre hin, ständig habe ich das Gefühl, das Drama in Form eines Schauspiels zu lesen. Diese Mischung aus Familien-, Moral-, Liebes-, Kriminal-, Gerichtsverfahrengeschichte ist sehr dialoglastig. Die Menschen tragen ihre Herzen auf den Zungen, und ihre Herzen quellen über, und ihre Zungen sind groß. So schön, wie ein Theaterbesuch auch ist, eine 40-stündige Aufführung muss einfach ihre Längen haben. Gerade die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger im Vatermordprozess sind mitreißend und schon eine Analyse des Buchs im Buch selbst. Doch sie wollen nicht enden, bauen eine Vermutung nach der anderen auf und man sehnt sich nach der Glocke des Richters, der den Redenden endlich zum Kern seiner Aussage bringen möchte. Zudem finde ich die Frauenfiguren bei Dostojewski stets nervig, am Rande des Nervenzusammenbruchs und nie rational, sondern stets durch die Gefühle getrieben. Das liegt nicht an der Zeit, in der es entstanden ist. Andere Zeitgenossen Dostojewskis waren ja schon durchaus in der Lage komplexe und starke Frauen zu kreieren.
Die vier Brüder stehen alle für verschiedene Charaktereigenschaften, zudem sind die Nebenrollen auch meist Symbolfiguren für einen bestimmten Glauben, Denkweise oder Eigenschaft. Daher ist es mir sehr verständlich, dass dies unter psychologischen Aspekten Sigmund Freud als den besten Roman der Literaturgeschichte ansah. Nach meinem Empfinden leidet aber der Realismus an diesem Hang zur Symbolik.
Ich bin froh, dass ich es gelesen habe und trotz der Längen bis zum Ende durchhielt. In seiner Fülle von Themen ein überwältigendes Buch.
Wie bewertet man solch ein Werk?
Ich hab es mir gekauft, mit dem Wissen, das ich mich vollständig dafür öffnen musste und vor allem, mir Zeit dafür nehmen musste. Das würde ich grundsätzlich auch jeder Leserin, jedem Leser empfehlen, welche sich überlegen, dieses Werk zu lesen .
Der Einstieg war zäh und auch anstrengend.
Der Stil ungewohnt, jedoch interessant. Im Internet stehen viele Literatur-Stile, dessen sich Dostojewski wohl angenommen hat.
Das, für mich, beste Zitat ist jedoch:
[…]…“einer „karnevalisierten“ Literatur, die Ernstes mit Lächerlichem vermischt und auf diese Weise das Exzentrische, Extreme und Ambivalente, das Dostojewski so sehr interessiert hat, prägnant zum Ausdruck bringt, wobei die Grenzen des Realismus immer wieder überschritten werden.“
Dieses Zitat von Michail Bachtin, passt auch zu diesem Werk.
Irgendwann, im laufe des Lesens, habe ich mich an den Stil gewöhnt und es hat Klick gemacht. Die Grenzen waren geöffnet und plötzlich hat es mir Spaß gemacht weiter zu lesen.
Die Geschichte ist eigentlich gar nicht so ausführlich. Vielleicht benötigt sie auch keine 1200 Seiten. Es sind die Dialoge und Beschreibungen, die ausufernd in die Länge gezogen werden. Das ist manchmal anstrengend, aber da muss man durch, wenn man es denn will.
Wir erleben eine Familiengeschichte, die geprägt ist von einem selbstsüchtigen Vater und Dreier Brüder. Im Zentrum steht ein Streit um die Aufmerksamkeit einer Dame, die jene Situation genießt und ausnutzt.
So beginnt ein völlig ausufernder Kriminalfall, der seines gleichen sucht.
Mir hat es sehr gefallen und es werden weitere Dostojewskis bei mir einziehen.
Durch diese Autobiografie wird wieder sehr deutlich, wie einfach es sein könnte, wenn Menschen anderen Menschen gegenüber mehr Toleranz, Freundlichkeit und Vertrauen schenken würden.
Die Autorin berichtet von der Ankuft ihrer Eltern in Deutschland 1975/1976 und wie sie es geschafft haben ihre Kultur, ihre Denke und ihre Erwartungen unter einen Hut zu bringen. Es ging ihnen wie allen anderen Gastarbeitern. Sie waren Ausländer und von vielen Einheimischen lediglich als Gäste angesehen, die irgendwann wieder gehen werden. Das dachten sie auch bis dann das erste Kind geboren wurde, das nun alleine schon durch die Geburt in Deutschland etwas weniger syrisch war als sie selbst. Nun musste man sich von dem Gedanken verabschieden, in Deutschland lediglich für ein paar Jahre zu bleiben. Deutsch war plötzlich Muttersprache, die Kinder gingen in die Schule und das deutsche Leben musste irgendwie integriert werden. Das war gar nicht immer so einfach, da Deutschland damals auf muslimische Gepflogenheiten nicht eingestellt war, wie wir es heute so kennen und so verspeiste die kleine Lamya damals eine Bratwurst auf dem Kindergartenfest, das so eigentlich gar nicht geplant war.
In leichtem und lockeren Ton nimmt uns die Autorin in ihr Leben in Deutschland mit und zeigt uns auf, wie sie sich sieht und wie sie von anderen wahrgenommen werden will:
"Ich bin Deutsche mit syrischen Wurzeln und muslimischen Glaubens - im Einzelnen bedeutet das für mich, Mutter und Wissenschaftlerin, Frau und selbstbestimmt, liberal und gläubig, frei und denkend, humorvoll und menschlich zu sein." (eBook Pos. 66)
Und genau damit haben viele leider ein Problem. Beide Seiten, Deutsche wie auch Muslime, sprechen ihr oftmals ab, dass dies so möglich ist. Warum eigentlich? Wenn beide Seiten, Muslime wie auch Nicht-Muslime, sich nicht ausschließlich auf die Religion im Alltagsleben einschießen würden, könnte ein liberaler Moslem, ob deutscher Konvertit oder Deutscher mit Migrationshintergrund, in Frieden seinen Alltag leben und die Gemeinschaft durch kulturelle Unterschiede bereichern.
Ich sehe Lamya Kaddor als Bereicherung für beide Seite. Ihr Weg schließt niemanden aus, verhilft Jugendlichen ihre Identität zu finden und sich auch zwischen den Stühlen zurechtzufinden. Durch ihre Aktivitäten versucht sie Muslime und Deutschland zu verbinden und ich bewundere ihren Mut, ihre Tatkraft und auch das erneute Aufstehen nach Niederlagen und Rückschlägen.
Ich befürworte insbesondere den bekenntnisorientierten Religionsunterricht für Muslime in Deutschland. Dabei wird sich in deutscher Sprache, die ja Muttersprache für all die Kinder und Jugendliche ist (abgesehen von Flüchtlingen, die jetzt erst nach Deutschland gekommen sind), den Sorgen und Nöten gewidmet und versucht, diese jungen Menschen zu unterstützen. Oftmals ist das Elternhaus dazu nicht in der Lage, da sie kaum Antworten auf essentielle Fragen haben. Hier dürfen muslimische Kinder und Jugendliche nicht alleine gelassen werden. Sie müssen ihre Identität finden und darin bestärkt werden, dass man Deutsch sein / sich deutsch fühlen und gleichzeitig muslimischen Glaubens sein kann, denn
"Religion kann wie Medizin wirken. Falsch dosiert bewirkt sie das Gegenteil." (eBook Pos. 1152)
Sehr bewundernswert finde ich ihr permanentes Einstehen für Gemeinsamkeit und Diversität, das sie tatsächlich mit ihrer Familie vorlebt. Ihre Kinder hatten muslimische Tageseltern, gingen in einen jüdischen Kindergarten und heutzutage besuchen sie den christlichen Religionsunterricht.
"Jedem Menschen ist das Fundament für Toleranz in die Wiege gelegt. Im Kindesalter können wir darauf den Grundstein für ein Haus der Vielfalt bauen. Wer den Wert der Vielfalt erst erkannt hat, will ihn niemals wieder missen." (eBook Pos. 2652)
Das sind für mich die wichtigsten Sätze und Lebensweisheiten, nach denen wir uns orientieren sollten. Dann wird einem gemeinsamen Leben nichts mehr im Wege stehen.
Fazit:
Ich bin durch das Buch geflogen! Es erinnert mich an die Kindheit, die Probleme und Schwierigkeiten von allen Gastarbeiterkindern. Nur, dass hier der andere, der muslimische Glaube alles nochmals etwas schwieriger macht. Die weltpolitische Zerrüttung dieser Tage verschärft vieles zudem. Ich bin der gleiche Jahrgang wie die Autorin und erinnere mich sehr genau an solche wie im Buch beschriebene Situationen.
Lamya Kaddor hat ein sehr lesenswertes Buch geschrieben, das manchen Menschen die Augen öffnen könnte. Ich wünsche mir, dass dieses Buch viele Leser findet und wir in Deutschland ein neues Aufeinanderzugehen beginnen, mit mehr Verständnis, Akzeptanz, Freude über die Vielfalt und Freiheit, die wir in diesem Land eigentlich genießen und weiterhin schätzen sollten. Ich schließe mit einem weiteren Zitat, das sich alle durch den Kopf gehen lassen sollten:
"Als Araber ist man nicht automatisch Muslim und als Muslim nicht automatisch Terrorist, als Muslimin ist man nicht zwangsläufig eine unmündige Frau, so wie man als Europäer nicht automatisch christlichen Glaubens und als Christ nicht automatisch Friedensstifter oder als Christin automatisch eine mündige Frau ist." (eBook Pos. 3084)