
Heute möchte euch das Buch „Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers, erschienen im Jahre 1942 im mexikanischen Exilverlag El Libro Libre sowie in englischer Sprache in den Vereinigten Staaten vorstellen. Das erste Kapitel erschien bereits 1939 in der Moskauer Zeitschrift Internationale Literatur. Der Roman zeigt sowohl die Brutalität des Nazi-Regimes als auch die Menschlichkeit und den Mut Einzelner. Es ist ein Plädoyer für Widerstand und Zivilcourage. Das titelgebende siebte Kreuz steht sinnbildlich für die sieben Fluchtversuche - sechs Kreuze bleiben besetzt, das siebte bleibt leer. Der Roman spielt im nationalsozialistischen Deutschland und erzählt die Geschichte von sieben Häftlingen, die aus dem Konzentrationslager Westhofen fliehen. Einer von ihnen, Georg Heisler, gelingt es, sich trotz zahlreicher Gefahren und Verfolgungen durch das NS-Regime in Freiheit zu retten. Auf seiner Flucht trifft er auf verschiedene Menschen, von denen einige ihm helfen, andere ihn verraten. Der Schreibstil der Autorin ist anspruchsvoll und oft verschachtelt, was das Lesen gerade zu Beginn erschwert. Sie verwendet viele Perspektivwechsel und einen auktorialen Erzähler, der tief in die Gedanken- und Gefühlswelt verschiedener Figuren eindringt. Der Stil ist nüchtern, zugleich aber auch sehr detailliert und reflektierend. Stilmittel wie innere Monologe, Rückblenden und symbolische Elemente - etwa das titelgebende Kreuz - werden gezielt eingesetzt, um die psychologische Tiefe und die politische Dimension der Geschichte zu betonen. Durch die Vielzahl an Figuren und die komplexe Erzählweise kann der Einstieg in den Roman anstrengend wirken. Mit der Zeit entwickelt sich jedoch ein dichter Erzählfluss, der die beklemmende Atmosphäre der NS-Zeit eindringlich vermittelt. Besonders hervorheben möchte ich die Vielschichtigkeit der Figuren, die die Geschichte realistisch und berührend machen. Ein interessanter Fakt war für mich, dass das Buch in der DDR als Schullektüre und als Musterbeispiel für antifaschistische Literatur galt. Außerdem gibt es in meinem Kiez das Anna-Seghers-Museum, welches sich in der ehemaligen Wohnung der Schriftstellerin befindet und einen authentischen Einblick in ihr Leben und Werk bieten soll. Dieses Museum werde ich auf jeden Fall noch nachholen. Das siebte Kreuz hat mich besonders bewegt, weil es eine persönliche Verbindung zu meiner eigenen Familiengeschichte gibt. Einer der flüchtigen Häftlinge im Buch trägt den Namen Beutler - genau wie mein Urgroßvater Reinhold Beutler, der Spanienkämpfer war und später wegen Hochverrats im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert wurde. Als ich den Anfang des Romans las und von der Flucht aus dem Lager erfuhr, hat mich das tief getroffen. Die bedrückende Atmosphäre, die Angst, aber auch der Wille zum Widerstand erinnerten mich stark an das, was mein Vorfahre durchleben musste. Die Geschichte wurde für mich dadurch greifbarer und emotional noch intensiver. Es ist nicht nur ein historischer Roman - für mich ist es auch ein stilles Zeugnis von dem, was war und nie vergessen werden darf. Aus diesen Gründen vergebe ich dem Buch 4 von 5 Sternen. ✨️