Spannender Jugendthriller mit VR-Welten und Klimakrise
Cryptos ist ein spannender Jugendthriller mit Science-Fiction Elementen. Die Geschichte spielt in einer dystopischen Zukunft, in der die reale Welt weitgehend zerstört ist. Klimakatastrophen und Ressourcenknappheit haben dazu geführt, dass die meisten Menschen ihr Leben fast vollständig in virtuellen Welten verbringen – designt von Weltendesigner:innen wie Jana, der Hauptfigur des Buches. Die virtuelle Welt in Cryptos erinnert an eine Mischung aus Sims und VR-Erlebnis: Jana erschafft künstliche Lebensräume, in denen andere Nutzer:innen ihren Alltag nachgehen, Abenteuer oder Fantasiewelten erleben können – alles sorgfältig konstruiert und unter ständiger Kontrolle des Designteams. Als in ihren virtuellen Welten mysteriöse Ereignisse geschehen, die sie sich nicht erklären kann, und sie plötzlich selbst zur Zielscheibe wird, beginnt ein Wettlauf durch verschiedene digitale Realitäten, bei dem Realität und Simulation immer mehr verschwimmen. Die Vielfalt der Welten ist faszinierend und erschreckend zugleich. Ich meine, wer würde nicht mal gerne in eine Welt à la Jurassic Park eintauchen oder eine Zeitreise ins viktorianische London machen, wenn man weiß, dass man in DIESEN virtuellen Welten nicht sterben kann? Doch diese Realitäten sind längst kein Spiel mehr, sondern notwendige Rückzugsorte, weil die echte Welt vielerorts nicht mehr bewohnbar ist. Trotz der relevanten Themen bleibt die Umsetzung stellenweise oberflächlich. Besonders die ethische Verantwortung gegenüber der Erde wird nur durch dystopische Konsequenzen angedeutet, hätte aber mehr Tiefe verdient – das Storysetting bietet hier viel Potenzial. Gerade das Konzept der virtuellen Fluchtwelten in einer zerstörten Zukunft gehört für mich zu den stärksten Elementen des Buches – kreativ, bedrückend und erschreckend realitätsnah. Die Darstellung von Klimapolitik und Ressourcenknappheit ist teilweise gelungen: Lebensmittel sind kostbar, Fleisch etwa hat hohe „Klimapunkte“ und fungiert als eine Art Währung. Auch die beiläufig erwähnten unbewohnbaren Städte – etwa das überflutete Venedig oder das durch Hitze verlassene Madrid – wirken realitätsnah, da sie Entwicklungen zeigen, die tatsächlich prognostiziert werden. Dennoch hätte ich mir mehr solcher Details gewünscht, die die dystopische Welt noch greifbarer machen. Auch das Ende hat mich nicht ganz überzeugt: Es wirkt etwas überhastet und unausgeklügelt, einige Handlungsstränge bleiben offen und Fragen ungeklärt. Die Romanze wirkte auf mich etwas aufgesetzt und ein wenig fehl am Platz. Mich hätte es auch nicht gestört, wenn sie ganz weggelassen worden wäre. Der Spannungsbogen ist eher ruhig und baut sich langsam auf. Es gibt keine klassischen Page-Turner-Momente mit ständigem Nervenkitzel, aber gerade im letzten Drittel nimmt der Plot mehr Fahrt auf. Trotzdem bleibt die Geschichte insgesamt durchgehend interessant und fesselnd. Obwohl das Buch an einigen Stellen mehr Tiefe vertragen hätte, bleibt Cryptos für mich ein starkes Jugendbuch. Die Grundidee ist top – eine 8/10, die Umsetzung eher mittel, vielleicht 6/10 – dennoch ist es ein kreativer, durchdachter Jugendthriller mit einer dystopischen Botschaft, die aktueller kaum sein könnte. Ein Buch, das gleichermaßen unterhält und zum Nachdenken anregt. Schade, dass es nur ein Einzelband ist! Zwar hat das Buch seine Schwächen, jedoch war es durch seine innovative Grundidee für mich lesenswert.