6. März 2025
Bewertung:5

Ein besonderes Buch über grenzenlose Loyalität und dem Zurückstellen eigener Bedürfnisse.

Kazuo Ishiguro hat mit "Was vom Tage übrig blieb" ein sehr berührendes Buch über den Butler Mr. Stevens geschrieben, der auf Darlington Hall tätig ist. Er begibt sich im fortgeschritten Alter auf die erste längere Reise seines Lebens, um die ehemalige Haushälterin Miss Kenton zu besuchen und sie zu bitten, mit ihm nach Darlington Hall zurück zu kehren. Ihre Briefe haben ihn Glauben gemacht, dass sie eine unglückliche Ehe führt und sie sich nach ihrem alten Wirkungsstätte sehnt. Während seiner Reise hat Stevens endlich Zeit sein bisheriges Leben zu reflektieren. Die Lesenden erleben ihn in seinen ausscheeifenden, aber nicht langweiligen Erinnerungen. So wird deutlich mit welcher bedingungslosen Hingabe zu Lord Darlington - seinem Dienstherrn - er sein Leben verbracht hat. Eine Loyalität, die eigene Gefühle und Einschätzungen von Situationen in den Hintergrund stellten. So schien Stevens nicht zu bemerken, welche Gefühle Miss Kenton für ihn empfand oder in welche unheilvollen Verstrickungen mit Nazideutschland sich Lord Darlington begab. Die Sprache ist sehr besonders und passt in die aristokratischen Kreise der 1930er bis 1950er Jahre in England. Für mich war es ein echtes Lesevergnügen. Zitat S. 264: Die Welt von heute ist ein stinkendes Loch, nichts für schöne und edle Grundeinstellungen. Dieses Zitat fand ich für die heutige Zeit hochaktuell und wollte es mit euch teilen.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
30. Dez. 2024
Bewertung:4

Würde, würdevoll, fragwürdig… egal in welcher Zusammenstellung, diese Idee bildet das Fundament, die Zielrichtung und den Haken

Als Leser/in wird man durch die Welt eines Butlers namens Stevens mit Hilfe seiner Aufzeichnungen, die mehr wie ein Gespräch zwischen Leserschaft und Schreiber anmuten, geführt. So erlebt man die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Rückblenden, die Neuorientierung nach dieser Zeit, während man ihn auf einer Fahrt durch die englischen Lande begleitet. Zuerst wird einem das Dasein als Butler bei einem englische Lord näher gebracht. Anschließend gewinnt man einen Eindruck, wie sich kulturelle Unterschiede zwischen US-Amerikanern (der neue Herr des Hauses) und dem durch und durch englischen Butler darstellen. Auch die Veränderungen wie Personalmangel oder auch die geringere Ausbildung werden erzählt. Allerdings wird all dies auf dem Fundament der „Würde“ aufgefächert. Die Würde des angesehenen Hauses, die Würde des Lords, die Würde des Berufstandes des Butlers, die Würde der anderen Menschen, die Würde der einzelnen „Stände“ (gerade der gehobenen). Aber der Umgang mit persönlichen Umständen und Befindlichkeiten, welche sich außerhalb oder am Rande der Berufes bewegen, ist fragwürdig - um bei dieser Wortfamilie zu bleiben. Stevens sieht seine persönlichen Bedürfnisse nur im Licht seines selbst festgelegten Berufsethos und schiebt alles hinter seine Verpflichtungen eines Butlers. So urteilt er auch über die ihn umgebenden Personen - insbesondere über Miss Kenton. Immer wieder spürt man die sich aufbauende Nähe der zwei Figuren. Doch Stevens ordnet alles der Würde des Butlers unter oder der der Haushälterin. Er ist blind auf dem Auge, das nicht den Blick auf die „Würde“ hat. Und so ergibt das Ende des Buches auch Sinn. Konfrontiert mit dieser Seite des von ihm ignorierten Daseins - seines und des der Haushälterin, kommen diese Aspekte an die Oberfläche. Die Würde des Menschen ist mehr als die formvollendete Ausübung des Berufes oder der Standesanforderungen - eine bittere Erkenntnis für den Protagonisten und eine wertvolle Überlegung für die Leserschaft.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
21. Dez. 2024
Bewertung:3

Mein zweites Buch von Kazuo Ishiguro hat mir schon ein wenig besser gefallen als Never Let Me Go, auch wenn ich mehr und mehr das Gefühl bekomme, dass Ishiguro einfach kein Autor für mich ist. Aber hier war ich nur schon froh, dass es sich nicht wirklich um eine Liebesgeschichte per Definition handelt, im Gegensatz zum Rückentext. Hätte ich mehr mit dieser Miss Kenton zu tun gehabt, würde das Buch nämlich keine drei Sterne kriegen. Die historischen Ansätze haben mir ganz gut gefallen, auch wenn mich Exkursionen zum Thema Silberputzen nicht so dermassen faszinieren.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
29. Nov. 2024
Ich liebe den Schreibstil, aber der Inhalt war einfach nicht von großem Interesse für mich.
Bewertung:2.5

Ich liebe den Schreibstil, aber der Inhalt war einfach nicht von großem Interesse für mich.

Die Geschichte eines Butlers und einer verpassten Liebe, vielleicht auch eines verpassten Lebens. Der Schreibstil ist wirklich überzeugend, aber die Geschichte ist einfach nicht gerade von Spannung geprägt. Ich bin dennoch neugierig auf den Film.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
7. Nov. 2024
Bewertung:3

Was ist Loyalität ?

Die Geschichte eines Mannes der für Loyalität sich selbst vergisst. Der wenn diese eine Person, der er immer treu ergeben war fort ist zerfällt. Was ist Loyalität und wem gegenüber sollte man sie wahren ? Was von Tage übrig blieb lässt viele Fragen zurück. Dieses Buch lässt dich nachdenken aber auch dankbar sein und vielleicht etwas verändern. Für jeden der dieses Gerne liebt ( was ich nicht tue) ein must read.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
9. Okt. 2024
Bewertung:2.5

Nicht das, was ich erwartet habe.

Dieses Buch habe ich als Hörbuch gehört. Es wurde wirklich gut gelesen. Daran liegt es also nicht. Aber ich habe mir irgendwie etwas anderes erwartet. Ich dachte es ginge mehr um das Zwischenmenschliche und nicht so sehr um einen persönlichen Lebensbericht. Vielleicht war es für mich auch einfach das falschen Buch zur falschen Zeit. Sehr schade. Ich hatte wirklich große Erwartungen.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
7. Sept. 2024
Bewertung:3

Das Buch behandelt Themen wie Pflicht, Selbstverleugnung, Erinnerung und verpasste Chancen. Zudem geht es um die fragwürdige Verbindung britischer Aristokratie und dem Nazi - Deutschland. Dachte die Thematik holt mich mehr ab, fand es doch sehr langweilig. Habe den politischen Anteil unterschätzt.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
14. Apr. 2024
Bewertung:4

Ich stehe wie bei NEVER LET ME GO vor einem Bewertungsdilemma. Wie soll ich diese Achterbahnfahrt an Lesevergnügen in Worte, geschweige denn in Sterne verpacken. Zur Mitte des Buch aufgrund des bedächtigen Erzähltempos, der steifen, exaltierten Sprache des Butlers und der ständigen Rückblicke ein Dreisterner. Der Schluss und vor allem die letzte Seite dann wieder zum Hinknien und Verneigen gut. Ich werde mich in Zukunft bei Ishiguro hinsichtlich einer Bewertung in Statusmeldungen zurückhalten, denn um eine alte Fußballplatidüde anzuwenden, gilt: ein Buch dauert immer bis zur letzten Seite und der nächste Ishiguro ist immer der Schwerste. Ishiguro ist ein hervorragender Erzähler mit einem ganz eigenen Rhythmus und Tempo. Butler Stevens erinnert sich fast ausschließlich an seine Berufserlebnisse rund ums Dienen, Gehorchen und Würde bewahren. Die Haupthandlung, eine Fahrt nach Cornwall, um die alte Haushälterin des Herrschaftshauses zu besuchen, wird nur in wenigen Seiten thematisiert. Der Leser hat also ausreichend Zeit, die Ansichten von Mr. Stevens, zu verinnerlichen und da dieses von Fremdbestimmtheit geprägtes Leben kaum unseren eigenen Lebensentwürfen entsprechen kann, empfinden bestenfalls Mitleid, ungünstigstensfalls Abneigung gegen ihn. Wie kann man so kalt, so pflichtbewusst, so steif, so lieblos sein? Und während die Loyalität bis zur Schmerzgrenze in wohlgefeilten Worte aus seiner Ich-Perspektive beschrieben werden, ertappte ich mich wieder mal, dass ich das Ende der Rückschau herbeisehnte. Kein Verständnis habe ich für die auf dem Buchdeckel der Heyne-Ausgabe angedruckte Bezeichnung „bittersüße Liebesgeschichte“, denn darum geht es in diesem Buch eigentlich nicht. Dafür zeigt Mr. Stevens gegenüber Miss Kenton, der Haushälterin, keinerlei persönliche Emotionen. Gegen Ende knistern die Gefühle mal auf einer Seite, aber für mich ist es eher das Thema des Hauptmann von Köpenick (Wat haste jemacht mit dein Leben?' (wird Gott den Schumacher Voigt fragen).Und da muß ick sagen: ‚Fußmatten, die hab ick leflochten im Gefängnis!'). Auf was können wir zurück blicken am Ende unseres Tages, eines jeden Tages und auch irgendwann am Ende unserer Tage? Sind wir nicht alle irgendwie Butler? Haben gedient, auch mal Triumphe verspürt wie Stevens, wenn wir mit unserer Arbeitsleistung zufrieden waren, haben versucht gegenüber unserem Arbeitgeber loyal zu bleiben und die Würde nicht zu verlieren? Von wegen, Butler Stevens ist weit entfernt von mir. Da hat mir Ishiguro ganz schön den Spiegel zum Schluss vor das Gesicht gehalten. Da freue ich mich, dass wenigstens in der vermeintlich letzten Szene der Butler endlich zur Einsicht kommt, dass es nicht zu spät ist, mit dem Lachen und Scherzen zu beginnen, da fällt er im letzten Absatz doch wieder in das alte Rollenbilder hinein. Irgendwie werden wir es nie schaffen, uns aus unserem Korsett zu befreien. Tolles Buch.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
3. März 2024
Bewertung:5

Die Geschichte des alternden Butlers Mr. Stevens, der sein Leben bedingungslos seiner Arbeit gewidmet hat, ist wahnsinnig tiefgründig, allerdings fällt das erst auf den letzten Seiten wirklich auf. Lange Zeit wirkt der Roman lediglich wie das, was er eigentlich auch ist: Ein alternder Herr, der sich den Erinnerungen seines Lebens hingibt, während er, vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben, verreist. Wer bereits andere Werke von Ishiguro gelesen hat, weiß natürlich, dass hinter der Geschichte viel mehr steckt. Schnell wird klar, dass dieser Herr, ein Butler in, wie er selber sagt, "hohem Hause", für seine Arbeit lebt und nur für diese. Während eines Trips quer durch England, um eine ehemalige Mitarbeiterin aufzusuchen, rekapituliert er wichtige Ereignisse seines Lebens. Vordergründig sind dieses stets Situationen, die sich im Arbeitsumfeld abgespielt haben: wichtige gesellschaftliche Ereignisse auf dem Anwesen seines Herrn, aber auch scheinbar willkürlich ausgewählte Situationen aus dem Leben des Personals. Trotzdem spielt in jeder dieser Episoden stets eine persönliche Komponente mit, meistens sehr subtil vermittelt, die hinter der Maske der Professionalität verschwimmt. Wie viele andere es schon beschrieben haben, Kazuo Ishiguro ist der Meister des Ungesagten. So spielen sich seine Romane stets auf zwei Ebenen ab: Der in der Handlung beschriebenen, oberen Ebene, und der vermutlich wichtigeren unbewussten Ebene, die diesen Romanen eine Tiefe gibt, die man sonst selten findet. Das ist auch in diesem Buch nicht anders und so wird am Ende klar, dass dieser weltfremde, pflichtbewusste und nahezu unmenschlich emotionslose Butler, der vermutlich der Inbegriff von "Spießigkeit" ist, eben genau das nicht ist: Die Fassade bricht ihm am Ende doch weg, die von ihm weggesperrten Emotionen brechen hervor und zeigen, wie er sich sein Leben lang selbst belogen hat und nun, zumindest kurzzeitig klarsichtig, vor den Trümmern seines Lebens steht. Trotzdem schafft er es, sich zu fangen und seine "Würde" (ein zentrales Thema des Romans) wiederzuerlangen. Auch wenn in dem Roman insgesamt herzlich wenig passiert und das Themenfeld der Erzählung augenscheinlich absolut langweilig ist, schafft der Autor es eine Art Spannungsbogen zu erzeugen, die mit vielen schnelllebigeren neueren Büchern mithalten kann. Das für sich ist bei dem Thema des Romans schon eine Leistung und hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das Drama der Erzählung wird in seiner ganzen Tragweite erst auf den letzten fünf Seiten klar. Die Auflösung hat etwas zutiefst tragisches (für mich), schafft es gleichzeitig aber mit einem banalen Optimismus, das Ende bittersüß zu gestalten. Das hat Eindruck hinterlassen.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
1. März 2024
Bewertung:4

Ein Buch mit tieferem Sinn, welches einen nachdenklich zurück bleiben lässt.

Wir begleiten den Butler Mr. Stevens, der sein Leben Revue passieren lässt. Er bekommt die Möglichkeit eine Woche Urlaub zu machen und denkt viel, während er durchs Land fährt, über seine Vergangenheit und seine Arbeit als Butler nach. Die Würde zu behalten ist für ihn das A und O bei der Arbeit als auch im Leben und selbst in Situationen die tief erschütternd sind behält er diese bei. Der sachliche und respektvolle Schreibstil lässt unseren Protagonisten unheimlich authentisch erscheinen. Man stellt sich während des Lesens die Frage wo fängt Pflichtbewusstsein an und wo sollte es wieder aufhören. Oder aber auch bringt es etwas über seine Vergangenheit nachzugrübeln oder sollte man eher nach vorne schauen und : „…aus dem, was vom Tage übrig bleibt, noch das Beste zu machen.“ Trotz des sachlichen oder gerade auch wegen des sachlichen Schreibstils fand ich das Buch unheimlich fesselnd und habe gern den Erfahrungen des Butlers „gelauscht“

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
23. Feb. 2024
Bewertung:4

Ich stehe wie bei NEVER LET ME GO vor einem Bewertungsdilemma. Wie soll ich diese Achterbahnfahrt an Lesevergnügen in Worte, geschweige denn in Sterne verpacken. Zur Mitte des Buch aufgrund des bedächtigen Erzähltempos, der steifen, exaltierten Sprache des Butlers und der ständigen Rückblicke ein Dreisterner. Der Schluss und vor allem die letzte Seite dann wieder zum Hinknien und Verneigen gut. Ich werde mich in Zukunft bei Ishiguro hinsichtlich einer Bewertung in Statusmeldungen zurückhalten, denn um eine alte Fußballplatidüde anzuwenden, gilt: ein Buch dauert immer bis zur letzten Seite und der nächste Ishiguro ist immer der Schwerste. Ishiguro ist ein hervorragender Erzähler mit einem ganz eigenen Rhythmus und Tempo. Butler Stevens erinnert sich fast ausschließlich an seine Berufserlebnisse rund ums Dienen, Gehorchen und Würde bewahren. Die Haupthandlung, eine Fahrt nach Cornwall, um die alte Haushälterin des Herrschaftshauses zu besuchen, wird nur in wenigen Seiten thematisiert. Der Leser hat also ausreichend Zeit, die Ansichten von Mr. Stevens, zu verinnerlichen und da dieses von Fremdbestimmtheit geprägtes Leben kaum unseren eigenen Lebensentwürfen entsprechen kann, empfinden bestenfalls Mitleid, ungünstigstensfalls Abneigung gegen ihn. Wie kann man so kalt, so pflichtbewusst, so steif, so lieblos sein? Und während die Loyalität bis zur Schmerzgrenze in wohlgefeilten Worte aus seiner Ich-Perspektive beschrieben werden, ertappte ich mich wieder mal, dass ich das Ende der Rückschau herbeisehnte. Kein Verständnis habe ich für die auf dem Buchdeckel der Heyne-Ausgabe angedruckte Bezeichnung „bittersüße Liebesgeschichte“, denn darum geht es in diesem Buch eigentlich nicht. Dafür zeigt Mr. Stevens gegenüber Miss Kenton, der Haushälterin, keinerlei persönliche Emotionen. Gegen Ende knistern die Gefühle mal auf einer Seite, aber für mich ist es eher das Thema des Hauptmann von Köpenick (Wat haste jemacht mit dein Leben?' (wird Gott den Schumacher Voigt fragen).Und da muß ick sagen: ‚Fußmatten, die hab ick leflochten im Gefängnis!'). Auf was können wir zurück blicken am Ende unseres Tages, eines jeden Tages und auch irgendwann am Ende unserer Tage? Sind wir nicht alle irgendwie Butler? Haben gedient, auch mal Triumphe verspürt wie Stevens, wenn wir mit unserer Arbeitsleistung zufrieden waren, haben versucht gegenüber unserem Arbeitgeber loyal zu bleiben und die Würde nicht zu verlieren? Von wegen, Butler Stevens ist weit entfernt von mir. Da hat mir Ishiguro ganz schön den Spiegel zum Schluss vor das Gesicht gehalten. Da freue ich mich, dass wenigstens in der vermeintlich letzten Szene der Butler endlich zur Einsicht kommt, dass es nicht zu spät ist, mit dem Lachen und Scherzen zu beginnen, da fällt er im letzten Absatz doch wieder in das alte Rollenbilder hinein. Irgendwie werden wir es nie schaffen, uns aus unserem Korsett zu befreien. Tolles Buch.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
15. Jan. 2024
Bewertung:3

"Was vom Tage übrig blieb" ist eine Geschichte über einen britischen Butler in den 50er Jahren, der sich zurückerinnert an sein Leben voller Pflichten, in dem er alles hinten angestellt hat, um seine Professionalität zu wahren. Inzwischen ins Alter gekommen, unternimmt er eine Reise in die Vergangenheit und stellt sich ihr, wenn auch dies in seiner subtilen objektiven Art. Am Anfang hat mir das Buch nicht wirklich gefallen. Ich habe durchaus das Potential erkannt, war jedoch eher gelangweilt von der steifen Erzählung des Butlers. Mit der Zeit habe ich aber Gefallen an der Entwicklung gefunden. Es ist durchaus ein nettes Buch.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
31. Dez. 2023
Bewertung:4

Bei 'Was vom Tage übrig blieb' handelt es sich um eine Liebesgeschichte mit einem so hervorragenden Schreibstil, dass sie komplett ohne Liebesbekundungen auskommt und man dennoch weiß, was Sache ist - Show don't tell exzellent umgesetzt. Der Roman wird aus der Sicht des englischen Butlers Stevens erzählt, der noch ein Butler der alten Schule ist und in seinem Leben für zwei Dienstherren gearbeitet hat. Der erste, Lord Darlington, war in den 30ern/40ern viel mit internationaler Politik beschäftigt und hat Stevens direkt oder indirekt an seinen Gedanken u.a. zu Hitler, dem faschistischen Italien und den dazugehörigen Führungsstilen teilhaben lassen, was aus heutiger Perspektive durchaus befremdlich ist (die Gedanken, nicht die Teilhabe). Der zweite und im Roman aktuelle Dienstherr ist ein amerikanischer Geschäftsmann, den Stevens mit gleicher Ernsthaftigkeit bedient, nicht ohne die schlechteren Manieren des Amerikaners gegenüber dem englischen Lord zu bemerken. Währrenddessen sinniert Stevens viel über die Bedeutung von Würde und Loyalität. Er hat sehr strenge Vorstellungen davon, was einen Butler ausmacht und ist davon überzeugt, dass grundsätzlich nur Engländer über die nötige emotionale Zurückhaltung verfügen. Und wo ist nun die Liebesgeschichte, fragt ihr euch? Während Stevens lebenslanger Arbeit im Herrenhaus denkt er beständig an seine ehemalige Kollegin, Miss Kenton, die dort einige Jahre mit ihm zusammengearbeitet hat, nun aber verheiratet woanders lebt. Auch, wenn der Roman keinen Spannungsbogen hat, fiebert man doch auf die Frage hin, ob es ein Happy End geben wird oder nicht. Kazuo Ishiguros Schreibstil macht das Buch zu einem wundervollen Leseerlebnis von eloquenten, stilsicheren Sätzen mit einer ordentlichen Prise britischem Humor. An der Stelle auch großes Lob an den Übersetzer Hermann Stiehl! Obwohl so wenig in diesem Roman passiert, liest es sich flüssig, lediglich Stevens Gedankenströme hätten an der einen oder anderen Stelle ruhig etwas kürzer sein können. Übersetzt von Hermann Stiehl. CN: Z-Wort, Suiz1d, Antisemitismus

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
20. Okt. 2023
Bewertung:3

Ich durfte diesen Klassiker in der wunderbaren Ausgabe der Büchergilde lesen und rezensieren! Ein Buch, dass melancholisch und eindrucksvoll die Geschichte des englischen Butlers Stevens erzählt, der sein Leben völlig in den Dienst Lord Darlingtons gestellt hat. Welche Entscheidungen er dort treffen musste oder bewusst traf und welche Tragik sich im Nachgang daraus entwickelt, könnt ihr in diesem stimmungsvoll illustrierten Buch lesen. Die Illustrationen von Janna Klaever sind dabei sehr passend und eher zurückhaltend und ruhig in ihrer Stimmung. Ich habe die Geschichte gern gelesen, sie ist mir aber insgesamt etwas zu gestelzt vom Schreibstil vorgekommen. Wobei das schon zum Charakter des Butlers passte..

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
18. Dez. 2022
bewegend und nachhallend
Bewertung:3.5

bewegend und nachhallend

Ich bin jetzt seit fast einem Jahr Mitglied bei der Büchergilde und habe dieses Buch in der Neugestaltung auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse entdeckt. Diese absolute Schmuckausgabe in Leinen gebunden mit unglaublich schönen Illustrationen, hat mich sofort angesprochen und der Klappentext mein Interesse geweckt. Dies ist mein erstes Buch von Kazuo Ishiguro und ich konnte überhaupt nicht einordnen was mich erwartet und war demnach in vielerlei Hinsicht gespannt. Das Eintauchen in die Gesichte direkt zu beginn war sehr ansprechend, denn der Schreibstil hat mir auf Anhieb mehr als gefallen. Ich konnte mich fallen lassen und war sofort in Darlington Hall. Der Autor hat mich mit seiner Art wie er wörtliche Bilder zeichnet begeistert und ich mochte die Erzählweise in Ich-Form sehr. Das Butlerdasein mit seinen Eigenheiten wurden mir allerdings ein wenig zu detailreich beschrieben, was ich als teilweise sehr ausschweifend empfunden habe und das hat natürlich Auswirkungen auf die Sternvergabe. „Was vom Tage übrig blieb“ ist ein sehr berührendes Buch, mit einer ganzen Menge an Tiefgang, was definitiv zum Nachdenken anregt. Mit dem Hype kann ich zwar nicht mitgehen, aber das macht überhaupt nichts, denn ein Buch kann auch etwas in einem bewirken, ohne das es ein Lesehighlight ist und das hat es, mich bewegt. Die einzigartige Sprache des Literaturnobelpreisträgers hat mich sehr neugierig auf seine anderen Werke gemacht, die ich mir auf jeden Fall genauer ansehen und garantiert das eine oder andere Buch ebenfalls lesen werde. Happy reading! Jasmin ♡

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
28. Okt. 2022
Bewertung:3

Kurzmeinung Genre: Roman Handlung: Die Handlung ist vielfältig. Zum einen geht es um den Butler Stevens, der sich voll und ganz seinem Beruf verschrieben hat. Diesen führt es voller Hingabe und absoluter Würde aus. Die Hierarchie wird nicht hinterfragt, genauso wenig die Vorgänge, die sich im Haus über viele Jahre abspielen. Große Politik wird gemacht und Geschichte geschrieben, doch Mr. Stevens erlaubt sich kein Urteil. Der Zweite Weltkrieg steht vor der Tür und Politiker und Diplomaten aus aller Welt finden in England in diesem Herrenhaus zusammen, tauschen sich aus und debattieren. So ein Herrenhaus benötigt neben einem herausragenden Butler ebenso eine herausragende Hauswirtschafterin. Miss Kenton ist für diese Rolle ebenso geschaffen wie Mr. Stevens für seine. Zwischen den beiden gibt es eine Art Zuneigung, die jedoch nie über das förmliche Verhalten hinausgeht. Zu persönlich und zu privat mag Mr. Stevens nämlich überhaupt nicht. Charaktere: Zwei Protagonisten, die sich in nichts nachstehen. Mr. Stevens, der Butler, ist sehr gut porträtiert und sein charakterlicher roter Faden ist absolut durchgängig, ganz ohne Unterbrechungen. Er ist das Nonplusultra eines Butlers. Er dient mit ganzem Herzen, mit offenen Augen und verschlossenen Ohren. Denn es steht ihm nicht zu, sich eine Meinung über all die Gäste zu bilden, die im Herrenhaus ein- und ausgehen. Er besitzt eine kühle Distanz, die sogar so weit geht, dass er nicht in der Lage ist, seinem sterbenden Vater ein paar Minuten beizustehen. Er fühlt sich unwohl und nimmt seine Arbeit als Vorwand gehen zu müssen, da dies sein Vater, ebenso ein Butler vom alten Schlag, absolut verstehen kann und nicht dulden würde, wenn sein Sohn ein schlechtes Bild auf sich und den Berufsstand wirft. Miss Kenton erfüllt nur vordergründig die Anforderungen an ihren Berufsstand als Hauswirtschafterin. Sie erfüllt ihre Aufgabe mit Bravour, leistet sich aber immer wieder ein liebevolles Geplänkel mit Mr. Stevens. Vergeblich versucht sie ihm Emotionen zu entlocken und erkennt immer, wann er Zuspruch und ein gutes Wort braucht. Sie stärkte ihm den Rücken, nachdem sein Vater gestorben war. Diese beiden Figuren sind dem Autor hervorragend gelungen! Spannung: Auf Spannung wartet man in diesem Roman vergeblich. Es kommt ein Interesse auf, wie das Aufeinandertreffen der beiden, nach so vielen Jahren, vonstatten gehen wird. Wird Mr. Stevens endlich etwas aus sich heraus gehen können und Miss Kenton gestehen, dass er sie all die Jahre vermisst hat? Wird sie mit ihm zurück ins Herrenhaus kommen und ihre alte Stelle wiederaufnehmen? Auf das Ende ist man somit wohl gespannt, doch diese Frage schwirrt dem Leser nicht permanent im Kopf herum. Schreibstil: Keine Frage, Kazuo Ishiguro hat sprachlich gesehen mit diesem Roman etwas Besonderes geschaffen. Sehr ruhig schreitet das Geschehen voran. Und unter der hochgehobenen und -geborenen Gesellschaft entspannen sich Gespräche, die man nicht alltäglich nennen kann. Erfrischend waren für mich auch die Dialoge von Mr. Stevens und den Bürgern der Ortschaften, in denen er auf seiner Reise gewollt als auch ungewollt Halt macht. Hervorragend auch die innere Reise von Mr. Stevens. Wie man anhand von seinen Aussagen merkt, dass er angefangen hat sich mit sich und seiner Vergangenheit zu beschäftigen und analysiert, ob er manchmal nicht hätte anders handeln müssen. Ende: Ein Ende, das sich für mich so abgezeichnet hat. Deswegen aber nicht minder gut. Dem Autor ist es gelungen der Geschichte treu zu bleiben. Das gefällt mir sehr. Hörbuch: Wunderbar gelesen und interpretiert von Gert Heidenreich, meinem liebsten Sprecher für Hörbücher. Keiner schafft es auf so ganz besondere Weise Figuren und ihre Charaktere so wiederzugeben, dass es vom Anfang bis zum Ende ein reiner Hörgenuss ist. Fazit: Ein wirklich gutes Hörbuch! Doch trotz all dem Positiven, das ich hier erwähne und hervorhebe, kann selbst die schöne Sprache und der herausragende Sprecher die Eintönigkeit und auch in großen Teile die Langeweile der Geschichte nicht verschwinden lassen. Hätte ich das Buch gelesen, hätte ich sicherlich immer mal wieder Seiten überblättert oder quergelesen. Mir persönlich reichte das leider nicht, um das gesamte Buch als herausragend bezeichnen zu können. Ich fühlte mich nicht mitgerissen. Mich konnte auch diese bittersüße und unerfüllte Liebe nicht so richtig rühren.

Was vom Tage übrig blieb
Was vom Tage übrig bliebvon Kazuo IshiguroRandom House Audio
28. Sept. 2022
Bewertung:4

Achtung: Ich gehe in dieser Rezension auch auf das Ende des Buches ein, wer das Werk (etwa durch die Verfilmung) noch gar nicht kennt und sich das Ende offenhalten möchte, sollte den betreffenden Abschnitt (ist markiert) nicht lesen. Großbritannien in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Der alternde Butler James Stevens hat sein ganzes Leben seinem Beruf und seinem Dienstherren Lord Darlington gewidmet. Nach dessen Tod wurde das Anwesen Darlington Hall von dem Amerikaner Mr Farraday erworben, dieser ist somit Stevens’ neuer Dienstherr. Doch nicht nur der Besitzer hat sich geändert – die Zeit der großen Häuser mit großem Personal ist vorbei, Stevens arbeitet mit stark reduzierter Belegschaft. Als er von der früheren Hausdame Ms Kenton, nunmehr Mrs Benn, einen Brief erhält, in dem sie andeutet, dass ihre Ehe zu Ende ist, scheint Stevens die Lösung für seine Personalprobleme klar: Seine frühere Kollegin, mit der ihn eine enge professionelle Beziehung verband, soll als Hausdame nach Darlington Hall zurückkehren. Stevens macht sich mit dem Auto auf den Weg nach Cornwall, wo Mrs Benn heute lebt. Den Weg dahin verbindet er mit einer Art Kurzurlaub, der ihm viel Zeit gibt, seinen Werdegang und seine Beziehung zu Ms Kenton bzw. Mrs Benn Revue passieren zu lassen. Kazuo Ishiguro führt uns anhand eines Berichts in der ersten Person im Tagebuch- oder eher Stream-of-Conciousness-Stil vor Augen, was einen britischen Butler zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausmachte. Ein zentraler Begriff, den Stevens dem Leser ausführlich erklärt, ist der der professionellen Würde: das höchste Maß für einen wirklich “großartigen” Butler und die Grundlage für seinen Stolz. Wie sehr dieses Streben nach Würde Mr Stevens jedoch die Menschlichkeit entzieht, ist ihm nicht bewusst, er erzählt von Ereignissen, etwa vom Tod seines Vaters, von seinem professionellen Standpunkt aus, der sein ganzes Dasein bestimmt. Von einem britischen Butler wurde eine bedingungslose Loyalität gegenüber seinem Dienstherren erwartet, er wurde quasi zu einer Art Roboter oder Android, der jegliche Gefühle, Zorn und Wut, Trauer und – vor allem – Liebe unterdrückt. Ein bisschen erinnert Stevens an einen Mr Data oder Mr Spock, der immer rational handelt ohne Berücksichtigung von Gefühlen. Im Gegensatz zu Mr Data ist er sich jedoch nicht darüber im Klaren, dass ihm die Menschlichkeit abhanden gekommen ist. Am frappierendsten zeigt sich das an der Beziehung zu Ms Kenton, die offensichtlich Gefühle für ihn hegt, jedoch aus schierer Professionalität bei jeder Andeutung immer wieder von Stevens zurückgewiesen wird. Ishiguro bedient sich wie bei einem altehrwürdigen Butler angemessen eines tadellosen und akzentfreien Renounced English, das vom hervorragenden Hörbuchsprecher Dominic West ebenso perfekt umgesetzt wird. Dieses Englisch ist leicht antiquiert, wirkt teilweise nahezu bizarr, vor allem der Gebrauch von “one” als Personalpronomen. (Ein Englischdozent warnte uns während des Studiums eindringlich vor dem Gebrauch dieses Pronomens, denn “you will sound like Prince Charles!” Demgemäß ist das Hörbuch besonders leicht verständlich, abgesehen vielleicht von den Passagen der Bewohner von Devon und Cornwall, deren Akzent Dominic West wiederum sehr glaubwürdig einsetzt. Ein großartig geschriebenes Buch über verpasste Chancen und das Ende einer Ära. Spoilergefahr! Erst bei der Konfrontation mit seiner ehemaligen Kollegin wird Stevens klar, dass er sein eigenes Leben an seinen Beruf und einen Dienstherren verschwendet hat, der dies als zeitweiser Nazisympathisant womöglich gar nicht verdiente. Er hat jede Chance auf persönliches Glück verschenkt. Diese Erkenntnis trifft ihn hart und wirkt auf den Leser schier herzzerreißend. So bleibt dem Butler nur noch, das Beste aus dem Rest seines Lebens zu machen. Doch was setzt er sich als Ziel? Er will seine Schlagfertigkeit in Gesprächen verbessern, da sein neuer Chef dies offenbar erwartet. Also wieder ein Ziel, das auf seinen Beruf ausgerichtet ist. Mr Stevens wird wohl auch seine letzte Chance verschenken, was der Traurigkeit des Romans die Krone aufsetzt.

Was vom Tage übrig blieb
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