Ein Abendessen mit Freunden - was kann dabei schon schief gehen?
„Kochen im falschen Jahrhundert“ ist eine Satire auf Social-Media-Trends, gesellschaftliche Zwänge und das Erwachsenwerden. Eine namentlich nicht genannte Gastgeberin und ihr Partner versuchen ein befreundetes Ehepaar und einen Schweizer mit Quiche zu bekochen. Das ist auch schon die gesamte Handlung des Buches. Dabei setzt die Autorin mehrmals neu an und erschafft alternative Handlungsstränge zwischen Ideal und Realität. Weder die Gastgeberin noch die Gäste beherrschen ihre zugewiesene Rolle wirklich. Wirklich witzig wird es, wenn die Autorin die aufgesetzte political correctness der Protagonisten aufs Korn nimmt. Das Tischgespräch beherrscht weniger die Frage, was man sagen darf, sondern wie man heutzutage darüber spricht. Eine zentrale Rolle nehmen soziale Medien ein. Sie prägen Saskias der Gastgeberin vom perfekten Abend - dem sie aber nicht entsprechen kann. Beim Lesen fühlte ich mich einige Mal ertappt, weil ich die Gedanken der Gastgeberin so gut nachvollziehen konnte. Einen weiteren Aspekt bringen diverse Oberflächlichkeiten ein. Egal ob Selfie vom Abendessen oder ein Salzstreuer aus einem Horn aus Afrika - alles hat eine Bedeutung und wurde sorgfältig ausgewählt. Die Jazz-Playlist ist für Jazzliebhaber, die keine Ahnung davon haben. So wird - wie bei fast allem an diesem Abend - Geschmack vorgegaukelt. Die Kochschürze pendelt zwischen stylischem Accessoire und altbackenem Hausfrauensymbol. Für mich wirkt das Buch wie ein Aufruf, sich wieder mehr auf den eigentlichen Sinn von Kochen für Freunde zu besinnen: Man verbringt Zeit mit Menschen, die man liebt. Und genau dieser Punkt kommt in diesem Buch sehr gut heraus. Vor lauter Oberflächlichkeiten verkümmern die zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Freunde der Gastgeberin finde ich allesamt unsympathisch und ihre Werte aufgesetzt. FAZIT: „Kochen im falschen Jahrhundert“ ist eine tiefsinnige Lektüre mit Witz. Die Autorin zeichnet äußerst gelungen Bilder eines Abends, die ein Gesamtkunstwerk bilden. Wer eine zusammenhängende Handlung möchte, ist bei diesem Buch allerdings falsch.