»Es ist schon wichtig, wie und wo einem etwas passiert, nicht nur, was einem passiert. Sogar der Tod. Besonders der, besonders die Tode; weil es ihrer so viele gibt, liegt viel daran, welchen Todes man stirbt.«
»Das hab ich erlebt, die reine Tat. Hört zu und bekrittelt sie bitte nicht, sondern nehmt es auf, wie es hier steht, und merkt es euch.«
Ein wichtiges Buch. Im Zentrum steht das Aufwachsen während der Shoah, der Kampf ums Überleben in den Lagern und auf der Flucht. Themen wie Verlust, Ruth Klügers Interesse für Literatur und Lyrik (die zu einem Anker wurde), die Mutter-Tochter-Beziehung und ihre feministische Einstellung werden in der Entwicklung über die Jahre beschrieben.
Ein unglaublich wichtiges und berührendes Zeitzeugnis. Ruth Klüger schreibt wunderschön und eindringlich über ihr Leben. Aufgewachsen als jüdisches Mädchen in einem Ghetto, ihre Zeit in verschiedenen KZs und auch ihr Leben danach. Ihr Überleben währenddessen und danach. Großartig.
Ein Buch, das einige Blickwinkel auf den Holocaust gravierend ändern wird.
Klappentext:
Mit sieben Jahren durfte sie in ihrer Heimatstadt Wien auf keiner Parkbank mehr sitzen. Mit elf kam sie in KZ. Ruth Klüger erzählt ihre Kindheit und Jugend. Mit unbestechlicher Klarkeit und souveräner Menschlichkeit berichtet sie vom Grauen der Vernichtungslager und vom »weiter leben«.
Noch nie habe ich in einem Buch so viel markiert, noch nie hat mir ein Buch so oft die Augen geöffnet, noch nie wollte ich so viel aus einem Buch zitieren und in die Welt hinaus tragen.
Endlich habe ich die Antwort auf die berühmte Frage, "Welche verstorbene Person würdest du gerne treffen?" Ganz klar Frau Ruth Klüger.
Ruth Klüger entromantisiert und stellt einiges klar, mit einer sehr direkten Schreibweise. Ihre Sichtweise auf ihre Vergangenheit und auf ihren Umgang mit besagten Geschehnissen sind nicht nur höchst intelligent erzählt sondern lehrt und korrigiert seher Vieles.
Ja, sie korrigiert (nach meinem Empfinden) mit erhobenem Zeigefinger. Eben sehr direkt. Dennoch kommt immer wieder ein leichter Humor oder eine Portion Sarkasmus dazu. Ich persönlich mag starke Frauen, die sagen wie es war, ohne dabei rührselig zu werden. Selten eine Autobiographie gelesen, die sich so klar und unverfälscht angefühlt hat.
Das gesamte Buch über, nimmt diese beeindruckende Frau kein Blatt vor den Mund und man fragt sich, das ein oder andere mal "Darf sie das?"
Und ja - sie darf! Sie darf ihre Geschichte genau SO erzählen. Und, dass sie es tat ist ein Geschenk. Ein Geschenk, das man wirklich gelesen haben muss. Große Leseempfehlung!
Sprachlos
Aber die Luft war nicht frisch, sie roch wie sonst nichts auf dieser Welt. Und ich wusste instinktiv und sofort, dass man hier nicht weinte, nicht die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Ruth Klüger erzählt ihre Kindheit und Jugend als Jüdin. Mit elf Jahren kam sie ins KZ und berichtet von dessen Grauen, Erlebnissen und Gedanken, die sie geprägt haben, vielmehr aber noch vom "weiter leben". Von dem, was danach kommt.
********************************************************************************Ich will so viel sagen über dieses Buch, soviel zitieren und es scheint mir als gäbe es so viel Diskussionsbedarf. Und doch bleiben mir die Worte weg.
Ruth Klüger erzählt mit einer solchen Klarheit und einer Ehrlichkeit, die den Leser und die Leserin gleichermassen aufwühlt und ihm/ihr das Herz aufgehen lässt. Mir persönlich scheint das Wichtigste und Zentrale dieses Werks ihre Menschlichkeit, die Gedanken, die sie sich macht und die immer wieder kommen, manchmal auch in den unpassendsten Momenten.
Ein Buch, dass in meinen Augen sehr wichtig ist, sehr ernst und trotzdem menschlich. Ich will nicht viel mehr darüber sagen, aus Angst es mit unangebrachten Worten zu etwas zu machen, was es eigentlich gar nicht ist. In meinen Augen ein absoluter Lesetipp für jede und jeden!
(WEITER) LESEN!
Der Tod und nicht etwa Sex war es, was auf das erinnerte, kindliche Ich in Ruth Klügers herausragendem Erinnerungstext „weiter leben“ eine Faszination ausübte. Über ihn den Tod redeten die Erwachsenen, wenn sie sich allein und von den Kindern nicht beachtet wähnten. Der Tod Fremder, der von bekannte, von Freunden, von Familienmitgliedern. Klüger wird 1931 als Jüdin in Österreich geboren und erzählt in ihrem Debutroman autobiografisch in vier Teilen von ihrer Kindheit im Wien der Vorkriegszeit, die für Juden*Jüdinnen von Unfreiheit, Entbehrungen und Entrechtung geprägt war; von ihrer Haft in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Auschwitz Birkenau und Christianstadt/Groß-Rosen; von der direkten Nachkriegszeit im besiegten Deutschland und von ihrem Leben nach der Emigration in die USA und ihrem beruflichen Werdegang als berühmte Literaturwissenschaftlerin.
Fast 50 Jahre mussten nach Kriegesende vergehen bis Klüger diesen mittlerweile kanonischen Text der autobiografischen Holocaustliteratur veröffentlichte und genau diese zeitliche Distanz wird hier umgemünzt in eine Erzählstimme und zum Merkmal, das diesen Text zu einem herausragenden in der langen Reihe literarischer Bearbeitungen des Holocausts und der Nachkriegszeit macht. Klügers Erzähler*innen-Ich schreibt nämlich sehr bewusst aus einer Erzählgegenwart, die zu Beginn der 90er verortet werden kann und bedient sich souverän des Wissens um die Literaturgeschichte der Shoa, kommentiert implizit wie auch explizit Kontroversen um die Erinnerung und den Umgang mit der deutschen Schuld der Verantwortung und dem historischen Erbe und bringt dabei auch selbstbewusst und gewollt Gewissheiten der deutschen Erinnerungskultur ins Wanken. Beispielsweise kommentiert sie in einem Abschnitt das in ihren Augen widersinnige Bestreben die Gelände ehemaliger Vernichtungsstätten der Nazis zu bewahren.
„Ein deutsches Buch“ sei es, das Klüger hier geschrieben hat oder so will die es zumindest laut Widmung verstanden wissen und im Text wird deutlich, dass der ganze Text ein deutsches Gegenüber immer und den Dialog mit diesem immer schon mit imaginiert. Dabei soll dieser aber keineswegs als Versöhnungsangebot (@max_czollek würde Versöhnungstheater nennen) zu verstehen, sondern vielmehr als eine Aufforderung, den Holocaust als einen der zentralen Bestandteile deutscher Geschichte und Identität zu begreifen. Damit wird implizit auf eine Differenz der Wahnehmung Deutschland und des Umgang mit der Shoa zwischen Deutschen und Juden*Jüdinnen hingewiesen, die Klüger biografisch in der Freundschaft mit Martin Walser erlebt hat und deren Ursprung während der Naziherrschaft sie auch erzählerisch in einer Szene kunstvoll abbildet, indem ihre Erzählerin aus einem Viehwagon auf Weg von Auschwitz nach Christianstadt auf ein Ferienlager für Jungen schaut und resümiert, welch unterschiedliche Wahrnehmung einer der Jungen und sie aufgrund unterschiedlicher Perspektiven von dem Zug haben müssen und wie deutlich sich diese Wahrnehmungen auch unterscheiden, wenn der Gegenstand visuell identisch (die Landschaft) ist. Narrativ gestaltet Klüger hier das, was Dan Diner als negative Symbiose zwischen Deutschen und Juden*Jüdinnen nach Auschwitz formuliert hat.
Bei all dem dürfte die feministische Perspektive, derer sich Klüger bedient, um z.B. auf Täter*innen- und Zeug*innenschaft zu blicken zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und auch heute noch im Genre der Holocaustliteratur eine seltene und so wichtige sein. Klüger veröffentliche später noch eine Fortsetzung, die ich bisher noch nicht gelesen habe, aber vor allem interessiert mich, ob sie weiter auf die Freundschaft mit Martin Walser, der im Roman Christoph heißt, eingeht und der wenige Jahre nach der Veröffentlichung von „weiter leben“, bei der er Klüger unterstützte, nicht nur seine widerlich Schlussstrich-Rede in der Paulskirche hielt, sondern in seinem Roman „Ein springender Brunnen“ auch ein problematisches Konzept deutscher Identität auf Kosten der Herabsenkung der Relevanz der Shoa bemühte.
Klügers Band steht trotz seines geringen Alters aufgrund all dieser und vieler weiterer Punkte, die hier den Rahmen sprengen würde, gleichberechtigt neben den Texten solcher Autoren wie Eli Wiesel, Primo Levi, Jean Améry oder Imre Kertész. Lest das mal!