15 Stunden vor
Bewertung:1

Dieses Buch habe ich nicht verstanden

Unklarer Roman mit verstörenden Elementen Zunächst möchte ich festhalten, dass meine Bewertung ausschliesslich auf meinem persönlichen Leseerlebnis basiert und nicht auf der Person, die das Buch geschrieben hat. Der Buchtitel und das Cover fallen sofort ins Auge. Nach der Lektüre kann ich jedoch nicht sagen, warum genau dieser Titel gewählt wurde. Das Buch liest sich für mich nicht wie ein Roman, da die Erzählung nicht im Vordergrund steht. In einem Roman sind die Handlung, die Charaktere, der Spannungsbogen und die narrative Struktur zentral. Das konnte ich bei diesem Buch nicht erkennen. Auch nach Beendigung des Lesens bleibt für mich unklar, was KIM DE L’HORIZON eigentlich mitteilen möchte. Ich habe stets darauf gewartet und gehofft, dass noch etwas passiert oder sich mir etwas erschliesst, doch das blieb aus. Besonders die Fragen, warum sich die Hauptfigur im eigenen Körper nicht wohl fühlt oder welchen Einfluss Kindheit, Aufwachsen und Bezugspersonen hatten, blieben für mich unbeantwortet. Auch die Frauenbiografien konnten mir keine Klarheit verschaffen. Ich vergebe einen Stern, weil mir das Buch nicht gefallen hat. Ich empfand die Schilderungen als zu vulgär und mehr verstörend als erhellend. Es ist wahrscheinlich, dass ich mich kaum an etwas erinnern werde. Warum dieses Buch den Literaturpreis 2022 erhalten hat, werde ich noch recherchieren.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
12. März 2025
Bewertung:3

"Ich denke daran, wie nahe ich mich dir fühle, wenn ich dir schreibe, und ich denke daran, wie fern ich mich dir fühle, wenn ich dich sehe." Das 'Blutbuch', das 2022 den Deutschen Buchpreis gewonnen hat, ist sicherlich eins: außergewöhnlich. Stilistisch bricht Kim de l'Horizon mit dem, was man kennt, was man erwartet, wenn man einen Roman aufschlägt. Jedes Kapitel ist in Form und Ton anders als das zuvor, die Perspektive und selbst die Sprache wechselt innerhalb des Buchs. Inhaltlich setzt sich die Erzählfigur intensiv mit der eigenen Identität auseinander, mit der eigenen Sexualität, mit Männlichkeiten und Weiblichkeiten und auch mit den Frauen in der Familie - sowohl den lebenden, als auch den längst verstorbenen in Form von Ahnenforschung. Sprachlich schafft Kim de l'Horizon es, sehr dichte und beeindruckende Bilder zu schaffen. Doch auch, mit Sprache zu irritieren und zu verstören - sei es auf harmlose Art, wenn Schweizerische Begriffe verwendet werden. Oder auch auf sehr brutale Art, wenn diskriminierende und rassistische Sprache verwendet wird - meinem Empfinden nach zu krass, habe nicht verstanden, warum das so da drin stehen muss. Auch, wenn mich das Buch immer wieder fasziniert und mich einige Passagen sehr berührt haben, hat es mir doch insgesamt nicht so gut gefallen. Einige der verwendeten Schreibstile fand ich zu anstrengend, zu provokant obszön oder dann wieder zu hochliterarisch poetisch. Es war auf jeden Fall ein Erlebnis, das sich sicherlich gut dafür eignet, sich ein eigenes Bild von zu machen. CN: Fettf3indlichkeit, Kindst0d, Ras$ismus, Tierleid, selbstv3rletzendes Verhalten, häusliche G3walt, Verg3waltigung, Abtr3ibung, Abl3ismus, Demenz, T0d, F3mizid, I-Wort, Transf3indlichkeit

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
12. Jan. 2025
Gewaltige Sprache, kraftvolle Bilder:  Zwischen Zartheit und Zertrümmerung auf der Spurensuche nach dem Ich  🌳🩸🌊 Deutscher Buchpreis 2022
Bewertung:4

Gewaltige Sprache, kraftvolle Bilder: Zwischen Zartheit und Zertrümmerung auf der Spurensuche nach dem Ich 🌳🩸🌊 Deutscher Buchpreis 2022

Die Sprache dieses Buches hat mich mitgerissen, seine Themen haben Tiefe und schwingen zwischen verletzlicher Zartheit und Zertrümmerung. Die sprachliche Gewaltigkeit führt in einer besonderen Handlung auf einen Weg, der die Geschichte von der befreienden Suche nach dem Ich im Spiegel des Erlebens und Weitergebens von Generationstraumata -- besonders als Spurensuche nach den Erfahrungen von Müttern und Großmüttern -- erzählt. Sie bricht das anerzogene Schweigen und hört auf, brav zu sein. Sie schwingt mit ihrer Sprache zwischen unterjochenden und unterjochten Urgewalten der ‘Mütter’ (Natur), deren Wirken „das“ Kind ausgesetzt ist. Die Handlung taumelt melodisch zwischen der Dissoziation von und Fragen nach der Assoziation mit dem eigenen Selbst. 📖🌊✨ Die Prämierung mit dem deutschen Buchpreis 2022 ist gerechtfertigt! Ich persönlich habe empfunden, dass manche Passagen für mich zu viel waren, dass manches für mich persönlich zu explizit war. Aber das macht das Buch irgendwo auch aus. Es wird authentisch und ohne Blatt vor dem Mund ausgesprochen, was die Erzählperson denkt, fühlt - was und wie sie lebt. (Alte) Wunden werden auf ihren Ursprung hin untersucht; ihren Schmerz spürt man selbst und bezeugt gleichzeitig die Werdung des Selbst im Spiegel der Auseinandersetzung mit der vergessenen Geschichte der Frauen, die „das Kind“ prägen und formen. Ist man dieser Formung ausgesetzt? Oder formt man sich selbst? Im Strom, niemals stillstehend, kraftvoll und an jeder Stelle mitreißend bringt dieses Buch Stereotypen und tradierte Rollenbilder ins Wanken, führt zu Anfragen und regt zum Denken an. Sprachlich meisterhaft! „Das richtige Sprechen der Meersprache. Das Schweigen, was Bravsein genannt wurde. Die Angst vor Unbekannten, was Fremdeln genannt wurde. Das Zurückhalten von Tränen, was Starksein genannt wurde. Die Angst vor dem Schlafengehen; die Angst, nie mehr aufzuwachen, und die Angst, im Dunkeln das Augenlicht zu verlieren, ohne es zu merken (denn mensch sieht ja nichts). Dies wurde mühsam genannt. Zum ersten Mal die Balance auf dem Fahrrad zu finden und das daraus resultierende Gefühl einer rasenden Euphorie, als wäre die ganze Welt aus Schokolade gemacht; das Gefühl, bis ans Ende der Welt fahren zu können, bis nach Amerika, um den Mond und zurück.“ (29) 🚲🌙🌳

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
2. Jan. 2025
Bewertung:1

Buch abgebrochen - Wie kann so ein miserables Buch den Buchpreis gewinnen? So etwas Schlechtes habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Da merkt man, wie heutzutage die Buchbranche funktioniert… Falls ihr Interesse an keinerlei Handlung, einer Mischung aus Bio-Zeitschrift und Porno-Skript habt, go for it. War nur leider nicht das, was ich erwartet habe.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
26. Dez. 2024
Bewertung:4

Wow wow wow ✨

Unglaublich poetische Auseinandersetzung mit den Themen Traumata, Geschlechter und Identität. Die non-binäre Person in dieser Geschichte befreit sich aus der Schweigekultur der Familie. Teils sehr vulgär, teils meisterhafte Popkulturelle Lyrik.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
21. Dez. 2024
Bewertung:5

Nachdem ich das Buch beendet hatte, begann ich hier eine meiner typischen Rezensionen zu schreiben; wohlwissend, dass dies hier kein typisches Buch ist. Auch für mich persönlich nicht. Nachdem ich später noch einmal durch den Text durchgegangen war und mit meiner Frau über bestimmte Passagen gesprochen hatte. Nachdem ich wieder den Tränen nahe war, nachdem ich immer wieder Stellen aus dem Buch rezitierte - da wusste ich - es geht nicht. Ich kann über dieses Werk keine 0815-Rezension raushauen wie über alle anderen Bücher. Auch diese Sternebewertung gebe ich nur, um dem Bewertungssystem gerecht zu werden. Für mich befindet sich dieses Werk ausserhalb jeglicher Bewertungs- und Beurteilungsnorm. Wenn ein Mensch die Worte findet und niederschreibt, die einem selbst fehlen, die mensch selbst nicht finden kann; die dann aber plötzlich vor einem stehen, direkt in die Seele blicken - dann ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Ich weiss nicht, wie Menschen, die nie an ihrer Körperlichkeit, an ihrem Selbst gezweifelt haben, dieses Buch lesen. Verstehen. Oder eben nicht. Wenn mensch sich aber wie Kim in unserer Gesellschaft manchmal verloren, falsch, anders fühlt, dann versteht mensch. Dann ist das hier ein ganz besonderes Buch.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
8. Dez. 2024
Bewertung:2

Das einzige interessante an dem Buch ist die Auseinandersetzung und Recherche der Frauen aus dem Leben des*der Protagonist*in, die viele Jahrhunderte zurückreicht. Der Rest reicht von übergriffigem Verhalten bis hin zu langweiligen Erzählungen und einen Schreibstil, durch den ich mich eher gequält als ihn genossen habe.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
18. Nov. 2024
Bewertung:5

In meiner Stammbuchhandlung hat mir ein Mitarbeiter dieses Buch empfohlen, weil ich es in der Hand hatte. Er sagte es sei großartig, als ich fragte ob es sich auch gut lesen lässt, antwortete er: „Nein.“ Wahrscheinlich war ich dadurch ganz gut auf das Leseerlebnis vorbereitet und habe es extra zu einem Zeitpunkt gelesen, als ich mich für ein „schwieriges“ Buch bereit fühlte. Ich fand es sehr stark und konnte viele Empfindungen, die Kim in Bezug auf die eigene Familie und Herkunft hat, nachempfinden, obwohl wir wenig bis nichts gemeinsam haben. Ich würde empfehlen sich auf den Stil und die Sprunghaftigkeit einzulassen, das Konzept von einem Roman wie man es typischerweise kennt nicht zu erwarten, und sich eher überraschen zu lassen. Das Blutbuch ist nichts für Menschen, die ✨ viel Wert auf einen stimmigen Plot legen ✨ sich mit expliziten Sexszenen schwertun Es könnte dir gefallen, wenn du ✨ dich für kreativen Umgang mit Sprache begeistern kannst ✨ ein diverses Leseverhalten hast ✨ du auf dem Land aufgewachsen bist

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
17. Nov. 2024
Bewertung:3

Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch nun endlich durchgelesen habe - aber nun mit gemischten Gefühlen verbleibe. Einerseits ist es ein ganz wichtiges Thema und ich konnte dieses Familienkonstrukt sehr gut nachvollziehen und verstehen, wie man darunter leidet. Andererseits fand ich viele Passagen ziemlich langatmig und mir fehlte dann die Motivation dranzubleiben. Definitiv nicht für jede/n was, aber das habe ich bei den durchmischten Rezensionen schon vor dem lesen befürchtet 😅

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
30. Okt. 2024
Bewertung:3

Speziell, aber horizonterweiternd

Definitiv ein einmaliges Buch. Ein krasser Wechsel zwischen sehr tiefgründigen (und auch nachhallenden) Aussagen und dann wiederum sehr flachs geschriebenen fast bockigen und skandalösen Sätzen. Es ist wirklich schwer das Buch mit Sternen zu bewerten. Jetzt, nachdem ich das Buch angeschlossen habe, bin ich unschlüssig ob mir das Buch gefallen hat oder nicht. Besonders ist es in jedem Fall.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
26. Okt. 2024
Bewertung:5

Kein Buch sondern ein Kunstwerk

Ich hatte definitiv etwas anderes erwartet. Ich würde nicht sagen, dass es sich hierbei um einen Roman handelt. Das Buch ist eine seltsame und einzigartige Mischung aus Lyrik, Essay, Briefen und Reflektionen. Die Thematik und die Auseinandersetzung damit ist alles andere als leicht. Ich hatte zwischenzeitlich das Gefühl das persönliche Tagebuch einer Person zu lesen, die getrieben von Emotionen einfach all ihre Gedanken niederschreibt - teils zusammenhangslos. Mal war das Buch wie ein Autounfall und ich konnte nicht wegsehen, mal hat es schockiert und zwischendrin hat es mich an manchen Stellen aber auch verloren und es fühlte sich gezogen an. Ich mag mir gar nicht anmaßen hier wirklich ein Urteil zu fällen, denn das Buch ist einfach Kunst.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
18. Okt. 2024
Bewertung:5

Ein sprachlich herausragendes und herausforderndes Buch. Kim de L'Horizon hat einen ganz besonderen und eigenen sehr abwechslungsreichen Sprachstil, ich kann es gar nicht beschreiben. Das Thema, das sehr aktuell ist, wird von einer ganz anderen Seite angegangen und brauchte in meinen Augen die teils sehr derben, klaren, dann wieder sehr einfühlsamen, tiefgründigen, humorvollen und intelligenten Ausführungen. Ich bin noch ganz gebannt von dem Buch und sehr gespannt auf die Entwicklung von Kim de L' Horizon. Ganz großes Highlight.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
14. Okt. 2024
Bewertung:3

Das Buch ist poetisch, künstlerisch und lyrisch, gleichzeitig sehr intim und explizit. Ich glaube, dass dieses Buch ein wertvoller Beitrag für die queere Community ist, für nicht-binäre Menschen und Menschen, die sich mit generationsübergreifenden Traumata beschäftigen. Ich kam aber in den Stil überhaupt nicht rein und fand es teilweise viel zu schwer, intellektuelle und verkopft. Auch diese ellenlangen Fußnoten zu den Baumrecherchen fand ich weird bis öde. Vll bin ich auch einfach zu banausig 😅 hab’s nach der Hälfte abgebrochen weil mich auch die Beziehung der Hauptperson zu ihrer Großmutter wahnsinnig gemacht hat - was wohl auch so sein sollte

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
3. Sept. 2024
Bewertung:2

Erkenntnis/Message des Buches: "Gebt Eure Traumata nicht an Eure Kinder weiter" - redet über Eure Gefühle- ein "Buch der Angst", ohne "Klarheit oder Präzision", geschrieben von einer "überempfindlichen" Person. Die " stehen für Aussagen, die Kim in dem Buch selber trifft. Was denn für Traumata, welche Ängste? Irgendwie kann oder will sich keiner daran erinnern. Also "bedeutet Schreiben das Fehlende neu zu arrangieren". Das Buch ist das Ringen, um diese Leerstellen. Gerungen wird in Teil 1 und 2 aus Kindersicht: kindliche, naive Sprache. Banalitäten werden in poetischen Zucker gehüllt. Anspruchslos, langweilig, im Stile des wegberichtens. Der Stil ist insgesamt nicht gelungen. Kim scheint sich an [b:Wer hat meinen Vater umgebracht|42621093|Wer hat meinen Vater umgebracht|Édouard Louis|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1541271431l/42621093._SY75_.jpg|61430300] orientiert zu haben. Eine ähnliche Konstellation an Briefen, essayistischen Passagen und Memoiren. Edouard Louis wird neben Eribon auch als Vorbild im Buch erwähnt. Dieses Wegberichten findet sich ua. in vielen Referenzen zu Autoren und Büchern, die Kim gelesen hat und deren Inhalt wiedergekäut werden. Insgesamt stört mich, dass viel Papier darauf verwendet wird, zu beschreiben, welche Lektüre besonders lohnenswert ist und wie das mit der genossenen Bildung zusammenhängt. Hier kommt die gleiche ekelhafte Arroganz der eigenen Klasse gegenüber hervor, die auch Louis ganz toll beherrscht. Sämtliche Theorien zum neuen Materialismus, Hexenverfolgung und Feminismus und weiteren Philosophen werden verrührt. Aber nicht in einem Plot verarbeitet, sondern in Form des berichthafen: der sagt das, da stand jenes. Ganz grauenvoll, die unansprechende Aufarbeitung der Forschungen zur Blutbuche. Da kann ich auch nen Fachartikel aus "Biologie heute" (keine Ahnung ob's die Zeitschrift gibt) lesen. Teil 3 ließ mich zunächst entzückt aufatmen: "angestrengt popliteratisch", selbstironisch, aggressiv. Leider gab's aus dieser Wundertüte nur ein paar Seiten zu lesen. Der Versuch Jugendsprache einzusetzen, gelingt nur mäßig. Ein "Dude" kommt aus Rezos Mund irgendwie authentischer rüber. Sorry Kim. Teil 4 zergeht in der Rekonstruktion der Familiengeschichte bis ins Jahr 13xx zurück. Lauter Stammbaumeinträge der Mutter, zur weiblichen Linie, die völlig überflüssig und unsinnig sind. Stinklangweiliger und uninspirierter kann man nun wirklich nicht davon schreiben, dass es eigentlich um die Frau als Opfer der Geschichte geht, um Unterdrückung, Konformismus, Entbehrungen. Der 5. Teil der Briefe, muss dafür herhalten zu erklären, was das Wirrwarr vorher zu bedeuten hatte. Es gibt damit tatsächlich ein rundes Bild des Buches ab. Und das erkenne ich auch respektvoll an. So collagenhaft das Ganze gearbeitet ist, mit Gedankensprüngen, Erinnerungsfetzen, ergibt es Sinn. Sinn, wenn man daran glaubt, dass die Last der Traumata der Familie in Geisterform in den eigenen Körper fahren können und das Leben zur Bürde machen und man davon überzeugt ist, in der Vergangenheit rumzuwühlen zur Problemlösung beiträgt, als aktiv die Zukunft zu gestalten. Sinn, wenn man sich eine hoch empfindsame Person vorstellt, die als Kind ein Trauma erleidet, weil es feststellt, dass die Spielsachen ihre Magie verlieren. Hier kann man glaub ich auch gut die Referenz zu [b:Die Stunde zwischen Frau und Gitarre|25821326|Die Stunde zwischen Frau und Gitarre|Clemens J. Setz|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1435623683l/25821326._SY75_.jpg|45678527] ziehen. Das Wasser zieht sich als bedeutungsschwerer Begriff durch das gesamte Buch. Virginia Woolf wird in diesem Zusammenhang als die Mutter der Erzählstimme genannt und der Glaube an übergeordnete Zusammenhänge. " Ich selbst habe diese wasserhaftigkeit meiner Existenz immer gespürt. Ich bin eine Flüssigkeit, mein Körper schwingt. ich bin in ständiger tiefer Resonanz mit dir, mit der Vergangenheit, mit den Geistern, die du nicht begraben hast, mit den Gefühlen, die du nicht gelebt hast". Teil 5 ist furchtbar pathetisch geschrieben. Das Essayistische weckt den Widerspruchspandabären in mir. Er greift den neuen Materialismus auf. Kim erwähnt den Körper-Geist Dualismus "ich war nie mein Körper". Hierzu möchte ich [b:Süßwasser|41592403|Süßwasser|Akwaeke Emezi|https://i.gr-assets.com/images/S/compressed.photo.goodreads.com/books/1535870560l/41592403._SY75_.jpg|56785192] empfehlen, das zwar mit einem ganz anderen Ansatz arbeitet, aber genau diese Thematik herausragend gut bearbeitet. Die Genderfluidität wird tatsächlich nur als Nebenthema eingewoben. Hatte nicht den Eindruck, dass dies Seitens des Familientraumas eine Rolle spielte. Hier wurde mehr in Bezug auf die Interaktion mit männlichen Sextoys ein Blickwinkel aufgemacht und die Fluidität lediglich als erschwerendes Fragment im großen Traumatapuzzle hinzugefügt. Fazit: Eine Form der Kunst, die mir in wenigen Sequenzen zugesagt hat, deren Gesamtbild ich zwar erkenne, die Umsetzung zur Themensetzung allerdings ehr missglückt finde. Ich geh dann mal in Resonanz mit anderen Buchwelten....

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
5. Aug. 2024
Bewertung:2

Es ist definitiv mal etwas ganz anderes. Ich persönlich kann mit dieser "neu-Lyrik" leider nur sehr wenig anfangen. Während der ersten Hälfte musste ich mich zwingen, dass Buch nicht abzubrechen. Die zweite Hälfte hat mir besser gefallen aber soweit muss man erst mal kommen. Es wirkt irgendwie sehr wannabe-edgy. Auch wenn manche Textpassagen mich zum Denken angeregt haben, würde ich dieses Buch niemandem empfehlen können.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
1. Aug. 2024
Bewertung:1

Uff ehrlicherweise weiß ich gar nicht, was ich zu diesem Buch sagen soll. Es ist poetisch, künstlerisch und lyrisch. Während es an anderen Stellen sehr direkt und grafisch ist. Ich glaube, dass dieses Buch ein wertvoller Beitrag für die queere Community ist, für nicht-binäre Menschen und Menschen, die sich mit generationsübergreifenden Traumata beschäftigen. Mir persönlich hat der Schreibstil eher weniger zugesagt. Es geht um Identität, das eigene Selbst, wer mensch ist und um die Beziehung zu weiblichen Verwandten im Leben von Kim de l’Horizon. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass das Buch extra kompliziert geschrieben ist, um die Elite des Bildungsbürgertums abzuholen und möglichst viele Buchpreise zu bringen. (Was mit dem deutschen und schweizerischen Buchpreis 2022 ja auch geklappt hat). Ich habe mich als be Leser*in als ein “Mittel zum Zweck” gefühlt, was ich persönlich eher unschön, unsympathisch und nicht wirklich künstlerisch empfand. Man muss dem Buch lassen, dass es ehrlich, offen, intim geschrieben ist und viele wichtige Themen adressiert. Ich persönlich habe allerdings nicht sehr viel Freude beim Lesen empfunden.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
9. Juli 2024
Bewertung:3

Ein Buch über Sprache und das Suchen nach Identität in derselbigen. Ich verstehe warum es den Buchpreis erhalten hat. Da meine Realitätswahrnehmung maximal entfernt ist, fällt es mir schwer die Distanz zu überwinden.

Der Erzähler, man entschuldige den Maskulinum generalis, sucht nach seinen Wurzeln nachdem klar wird, dass die Grossmeer immer tiefer in die Demenz rutscht und damit ein Teil der eigenen Identität zu verschwinden droht. Das Erforschen der Blutbuche aus dem Garten manifestiert die Bilder nach der Ich-Suche, dem Ich-Werden. Alle gesellschaftlichen Konzepte werden in der Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte, ausdrücklich auch mit der eigenen Mutter, in sich aufgelöst, ja müssen in der Auflösung enden, sie sind nichts als nutzlose Rahmen wenn sie der eigenen Identität im Wege stehen. Ich konnte nicht mitfühlen, aber der anderen Blickwinkel war doch an Stellen interessant genug weiter zu lesen. "My mother tongue is talking, my father tongue is silence."

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
12. Apr. 2024
Bewertung:5

Brilliant Showstopping Deserving of every price it got!! No seriously I live for these kinds of books - deeply personal, beautifully and interestingly written. Though I'm sure everyone who has heard of this book already knows that the writing style is really innovative and so on, since that was pretty much all everyone talked about. What really stuck with me more than anything else though was the content. The author manages to grasp certain things and phenomenons that really resonated with me, whether it was the talk about sexuality, gender, or just plain old feelings about language. There's many scenes I could mention here, but the one that has been in my head the most was the way the author talked about writing in English (seeing as the last part is written entirely in English instead of German). English as a way to distance yourself from what you're saying, thinking, feeling, etc. It is much easier to say something personal in another language instead of your mother tongue, your mother tongue being the language you intimately know and that feels much heavier and much more intense than any other language ever will. I really felt this, as that is something I have been thinking about for a long time now. I mean, hell I could be writing this in German, but I'm not. Because I don't want to present myself as myself, so I'm showing you my internet persona. Anyways this book is good! I really liked it! I had it signed with my chosen name instead of my given name and that felt pretty damn good.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
8. Apr. 2024
Bewertung:4

Nicht nur EIN Buch

Ich war sehr gespannt auf das Buch und komplett überrascht beim Lesen, da ich zunächst ganz andere Erwartungen an das Buch hatte. Das Buch vereint viele unterschiedliche Themen/ Geschichten in sich und verwendet dabei die verschiedensten Schreibstile. Ich war sehr begeistert von der wunderschönen Poesie und an manchen Stellen aber auch angeekelt von der Derbheit. Die Person Kim fande ich sehr fazinierend (nicht nur im Buch sondern auch als echten Menschen). Das Buch hat mir viele Denkanstöße gegeben und das ist es, was ein gutes Buch ausmacht.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
16. März 2024
Bewertung:1

abgebrochen. Das Buch mag viele interessante Passagen haben, und - aus einer Laien-Sicht - sehr poetisch! Kim kann sehr gut schreiben. Ich denke aber, dass die Form ‘Roman’ unpassend gewählt wurde. Vielleicht hätte es als Essay oder Erzählungen mehr Chancen gehabt. Im Roman gibt es idR immer eine Charakterentwicklung und idR ab Seite 50 (spätestens) gibt es ein Hoch im Buch. Irgendwie fehlte mir dieser Spannungsbogen. Aus literarischer Sicht kann ich das nicht berurteilen, dafür habe ich zu wenig bis gar keine Ahnung. Deswegen mag ich eigentlich das Buch nicht bewerten, denn es ist ein sehr persönliches Buch! Ich habe es als Hörbuch versucht zu hören und Kim spricht das Buch sehr sehr schön ein! Leider hat es nicht gereicht weiter als Seite 81 zu kommen. Sprache: poetisch ! Form: Roman unpassend Charakterentwicklung: nicht dabei (bzw. ich habe es nicht gerafft)

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
11. März 2024

This is the most honest book I've ever read and I could relate to it on so many parts. It's about identity, love, lust, shame, generational trauma especially concerning women and people who don't identity as a man. The author writes about their demented grandma, their relationship to her and their mother, why they always were afraid of her, why they always hated her, why they always loved her and how they don't want to be a vessel for all the trauma of previous generations anymore. Very powerful. But the middle part was a little boring (was just about a tree). "My belly will not fill with life, it is only full of blood."

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
10. März 2024
Bewertung:2.5

Absolut nicht das, was ich erwartet habe

Ich dachte, es geht viel um Kims Gender, den Weg zur Selbstfindung über Ahnen und Blutlinien. Stattdessen erwartete mich ein sehr turbulentes Buch. Durch die ersten beiden Teile musste ich mich wirklich zwingen. Diese stetigen Wechsel zwischen Kindheitserinnerungen und explizit erläuterten se*uellen Handlungen war mehr als gewöhnungsbedürftig. Alles in allem weiß ich noch nicht, was ich effektiv aus diesem Buch für mich mitnehmen werde. Ich denke, da bleibt etwas und es wird noch eine gewisse Zeit brauchen.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
21. Jan. 2024
Bewertung:2

Ich habe wirklich keine Ahnung, wieso dieses Buch so hochgelobt wird. Es gibt ein paar nette Wortspiele, teilweise einen interessanten sprachlichen Stil…aber das reicht bei weitem nicht, diese Albernheit aufzuwerten… Es gibt viele belanglose, wirre und zusammenhanglose Episoden, keinen wirklichen Inhalt. Für mich total uninspirierend und langweilig. Die Bewältigung eines kindliches Traumas, mehr nicht. Nach dem ersten Drittel des Buches war mir meine Lesezeit zu schade und ich habe es abgebrochen.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
17. Jan. 2024
Bewertung:5

Was für ein Meisterwerk über Familie, Generationstraumata, Sexualität und Gender und die Existenz an sich! Dieses Buch hat mich ab Seite eins unglaublich berührt und aufgesaugt, was echt lange nicht mehr passiert ist und ich habe in den letzten Jahren echt gute Bücher gelesen! Der Schreibstil ist unglaublich ausdruckstark und lebendig - ich bin sprachlichlos. Dieses Buch hat zu mir gesprochen und so viele biografische Parallelen zu meinem Leben angeschnitten, dass ich mich wundmarkiert habe an so einigen Textstellen. Eines meiner liebsten Bücher aller Zeiten!

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
14. Jan. 2024
Bewertung:3

Zuerst einmal habe ich noch nie so einen Roman, wie diesen, gelesen. Deswegen ist die Bewertung von drei Sternen auch irgendwie irrelevant. Für mich besteht dieses Roman aus fast drei bzw vier verschiedenen Romanen, manche davon würde ich mit 2 Sternen bewerten, manche aber mit 4 oder mehr. Es ist schwer in Worte zu fassen, woran ich es genau fest mache. Vor allem in den ersten beiden Kapiteln habe ich keinen wirklichen Lesefluss herstellen können, was nervig war. Ab dem 3. Kapitel wird dies zumindest besser und es ist ein komplett neuer Schreibstil, inhaltlich fand ich das 4. Kapitel sehr langatmig und das letzte Kapitel besonders gelungen und gut, weil es irgendwie geschafft hat die anderen Teile auf eine Art miteinander zu verbinden und den autofiktiven Anteil zu besprechen und zu erläutern. Der Buchpreis wurde in diesem Sinne sicher zurecht aufgrund des Stils und des Themas der Sprachlosigkeit in der Sprache vergeben.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
9. Jan. 2024
Bewertung:5

Amazinggggg

Bookfriends, geht nicht in die nächste Buchhandlung RENNT! 🏃‍♀️ Das hier war mein erstes QueerBook! Ich bin nicht Queer und wusste nicht in wie weit es mich ansprechen würde aber oh boy Ein literarisches Meisterwerk in dem Sexualität, Gender, Mutter Rollen, Muttersprachen, Assimilierung, Beziehungen, Väter, das ungesagte in Familien ALLES vorkommt! Mein Literaturwiss. Dozent hat es mir empfohlen und oh Boy, das war mein Buch 2023! ✨📚✨

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
8. Jan. 2024

"Und so ass ich meine erste koschere Zimtschnecke mit Dina, es war Anfang Sommer, die Sommerferienekstase der Kinder diffundierte in unsere trägen Glieder rüber, wir sassen vor der Bäckerei, und es war irgendwie alles sehr juicy: die Zimtschnecke, das Wetter und wir (ich trug einen neuen Hosenrock, so Kimono-style, und Dina meine alte Breitschulterlederjacke). Die Crème de la Crème der Gen-Y-Hipsterei stürzte sich auf die vom immer nach neuen Plantagen suchenden Kapitalismus noch nicht ganz vereinnahmte Bäckerei, und ich und die aufgepumpten Schwuchteln ignorierten uns auf common ground, weil ich ihrer Mähdrescherart des Daseins ja entsagt habe. Ich sagte Dina, dass ich die koschere Zimtschnecke viel juicyer fände als die nichtkoscheren Zimtschnecken, die ich bisher vernascht hätte. Und fügte noch hinzu, dass ich mir unsicher sei, ob die juicyness nur grösser sei, weil Ausflug in jüdische Bäckerei und quasi Exotisierung. Und ob wir jetzt den Juden ihre Bäckerei weggentrifihipsterten. Und ob das sehr schlimm sei. 'Keine Ahnung', sagte Dina. 'Ist wahrscheinlich so schlimm wie die appropriation deiner pseudo-samuraiigen fashion.' Ich nannte sie eine bitch, und sie nannte mich eine cultural appropri-geisha, und wir fanden uns so masslos geistreich und nervig hyperreflektiert wie Leif-Randt-life-Clowns, und dann waren wir uns auch schon wieder langweilig in unserem Selbsthass über unser wohlstandsverwahrlostes Weisssein, in dem es nur um Distinktion geht, in dem es nur darum geht, uns durch Konsum von den Ärmeren, Reicheren, Cooleren, Schwuleren, Wokeren, Differenz-Feministinnen, Weisseren, weniger Gebildeten, zu Rationalistischen, Artsyeren, Gen-Z-ieren, Weniger-um-Abgrenzung-Bemühteren abzugrenzen."

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
28. Nov. 2023
Bewertung:3

Ich weiß nicht wie ich dieses Buch beschreiben soll

Ich hab es mir gekauft weil ich neugierig war, was das für ein Buch ist das den Buchpreis gewonnen hat. Vorrab hab ich mir schon einige Rezensionen durchgelesen und konnte mir schonmal so in etwa vorstellen was da so in den Buch drinsteckt. Ich hab noch nie so viele Zettel in ein Buch geklebt. Da stecken bestimmt 100 seitenmakierer drinne. Und trotzdem hab ich das Gefühl das ich gar nichts verstanden hab... Die unterschiedlichen Schreibstile haben mir teilweise sehr gefallen und teilweise so gar nicht. Die Sprache wurde zwischendurch sehr vulgär, was ein starken Kontrast gesetzt hat. Stellenweise musste ich mich sehr durch das Buch quälen aber ab und zu hat es auch Spaß gemacht zu lesen und ich konnte es gar nicht weglegen. Ein genaues Fazit kann ich aber nicht ziehen. Ich weiß immer noch nicht was ich davon halten soll 🥲 vielleicht fällt es mir ja irgendwann ein.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
7. Nov. 2023
Bewertung:4.5

Ein sehr besonderes Buch, noch nie etwas vergleichbares gelesen. Hat mich sehr berührt. „Der Abgrund wird nicht kommen, wir sind der Abgrund. Das Licht kommt nicht erst drüben, wir sind das Licht.“

In diesem Buch geht es generationales Trauma, um die Geschichte von Frauen, um doing Gender und vieles mehr. In der Mitte zog es sich etwas und wiederholte sich. Aber abgesehen davon war es super eindrucksvoll und ich habe viel davon mitgenommen. Ein fragmemtierter, denglisch Schreibstil.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
13. Okt. 2023
Bewertung:4

Hier handelt es sich wahrhaftig um das außergewöhnlichste Buch, dass ich je gelesen habe. Eine Mischung aus Familienroman mit Geheimnisssuche, botanischem Sachbuch, esotersicher Fantasy, Erfahrungsbericht zur Selbstfindung und pornografischen Kurzgeschichten. Ich fand es gleichermaßen irritierend, wie faszinierend, am Anfang musste ich mich schon sehr durchquälen. Trotz der vielen verschiedenen Ansätze hat Kim de L'Horizon es geschafft, am Ende alles wunderbar abzurunden und zu verknüpfen und mich doch noch sehr zu begeistern. Ich finde es tatsächlich sehr gelungen.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
8. Okt. 2023
Bewertung:3

Der Buchpreis 2022 ging an dieses Werk. Ein Jahr später greife ich nun dazu und ich muss sagen, dass es teilweise ganz schön herausfordernd war. Wir folgen in diesem autofiktionalen Text der Person Kim. Anlass zum Verfassen dieses Textes ist die beginnende Demenz seiner/ ihrer Großmutter. Das Buch ist in 5 Teile gegliedert. Zunächst beschreibt Kim im ersten und zweiten Teil Erinnerungen aus seiner/ihrer Kindheit. Wir erfahren von welch Ambivalenz das Verhältnis zu seiner/ihrer Mutter und Großmutter geprägt ist. Im 3. Teil begleiten wir ihn/sie bei der Recherche zur Blutbuche, die innerhalb der Familie eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Die u.a. für die Verbundenheit zwischen Mensch und Natur steht bzw. fließend ineinander über geht. Im 4. Teil erfahren wir etwas über den weiblichen Stammbaum mütterlicherseits . Die Recherchen Kims eigener Mutter beginnen mit dem 14. Jahrhundert und enden in der Gegenwart. Wir erfahren, dass diese Familie viele starke, bemerkenswerte Frauen aufweist, von denen die meisten erschütternde Schicksale erleiden mussten. Der 5. Teil ist in englischer Sprache verfasst und richtet sich direkt an seine/ihre Großmutter. Eine Übersetzung befindet sich aber auch ganz am Ende des Buches. Natürlich spielt die ganze Zeit über Kims Non- Binarität eine sehr wichtige Rolle. Es geht ums Schweigen und ums Schreiben der nicht gesagten Worte. Es geht um Identität, Trauma und das Vererben von Traumata. Es werden Rassismus und Klassizismus thematisiert und letzten Endes wird der Text versöhnlich mit der eigenen Familie bzw. Realität. Wie bereits erwähnt, empfand ich das Lesen streckenweise als sehr anstrengend und oftmals konnte ich bestimmten Passagen nicht nachvollziehen. Andererseits mochte ich diese formale Andersartigkeit des Textes. Es gab Lyrik, Zitate und teilweise einen ganz eigenen Rhythmus innerhalb des Textes. Manche Szenen waren mir zu abstrakt, manche zu plastisch. Ich hätte Kim gerne näher kennengelernt. Hätte gerne mehr über das Leben als nonbinäre Person erfahren. Einige Einblicke konnte ich gewinnen. Andere blieben mir fremd oder gar fern. Hier wäre ich sehr gerne noch tiefer eingetaucht. Wer generell viel liest und sich gerne herausfordern möchte und sich mal auf etwas Neues einlassen kann, dem/der ist dieser Text zu empfehlen.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
9. Sept. 2023
Bewertung:5

Im autofiktionalen Roman beschreibt Kim das Verhältnis zur eigenen Großmutter und allen Müttern der Familie.

Zugegeben hatte ich etwas anderes erwartet, als ich die ersten Zeitungsmeldungen zum Buchpreis-Buch las. Es ist aber nicht in erster Linie ein queerer Roman einer nicht-binären Person - das Buch ist vielmehr eine ehrliche Hommage an Kims demente Großmutter. Es geht zudem um eine Art Genealogie von Kims Vorfahrinnen. Die Sprache ist unglaublich und absolut buchpreiswürdig. Da ich das Buch als Hörbuch gehört habe, kam ich in Genuss von Kims wunderbarer Stimme mit Berner Zungenschlag. Der Aufbau des Buchs ist spiralförmig und verwoben, also nicht linear. Es ist stellenweise extrem intensiv und berührend, auch unheimlich. Da meine Großmutter selbst an Demenz erkrankt war, war es für mich auch auf andere Weise sehr nah. Wirklich groß!

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag
31. Aug. 2023
Bewertung:4.5

Unerwartet großartig

Nach dem ersten Einlesen hätte ich nicht gedacht, dass mir das Buch gefallen würde. Die Sprache ist sehr ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, aber man kommt rein und das Buch zieht einen in seinen Bann. Ich hatte das Gefühl, dass das ganze Buch wild aus dem Kopf des (non-binären) Ich-Erzählers sprudelnde Gedanken sind. Es geht um Queerness, Identität und transgenerationale Traumata. Es geht um Beziehungen in der Gegenwart und Aufwachsen in der Vergangenheit mit den zwei wichtigsten Personen im Leben des Ich-Erzählers, seiner Meer (Mutter, abgeleitet aus dem französischen Mère, er schreibt aber durchgehend Meer, was im bernschweizerdeutschen Dialekt üblich ist) und der Großmeer (der Großmutter). In einem Kapitel wird der gesamte Stammbaum der weiblichen Linie aufgearbeitet, mit all' dem, was Frauen ertragen mussten im Laufe der Jahrhunderte. Das Buch ist schonungslos ehrlich, direkt, melancholisch, zärtlich, traurig, mutig und hoffnungsvoll zugleich. Es erschlägt einen mit voller Wucht, ein grandioses Kunstwerk, das mit Sprache spielt, man muss sich nur drauf einlassen.

Blutbuch
Blutbuchvon Kim de l'HorizonDuMont Buchverlag