4 Tage vor
Bewertung:3.5

„Dass diese Bestie endlich daliegt, gut; aber was hat sie angerichtet.“ Alfred Döblin, Mai 1945

Die Kapitulation Hitler-Deutschlands im Mai 1945 ist die Ausgangsbasis für die Geschichten, die Oliver Hilmes in seinem Buch trotz der ganzen Tragik mit der einen oder anderen Spitzzüngigkeit erzählt. Deutsche, die in Ruinenlandschaften leben, zerbombte Städte, Hunger und Armut. Der Schwarzhandel beginnt zu blühen, jeder versucht, sich selbst irgendwie über Wasser zu halten. Millionen von Menschen sind tot, ermordet oder im Krieg gefallen. Das Buch ist ein Sammelsurium aus verschiedensten Geschichten von Menschen und was sie im Sommer nach der Kapitulation Hitlerdeutschlands gemacht haben. Während die Bonzen Truman, Stalin und Churchill sich in luxuriösen Villen in Potsdam treffen, um die Weltordnung neu zu verhandeln, beginnt in Deutschland für viele Menschen ein neues Leben. So langsam erwacht die Gesellschaft aus ihrer Lethargie, es wird aufgeräumt, wieder gelebt, so gut es eben möglich ist. Das gesellschaftliche Leben beginnt sich langsam wieder zu erholen. Die Menschen gehen wieder nach draußen, ins Kino, sogar ein Gourmet-Tempel eröffnet in Berlin. Einer der vielen Protagonisten ist Klaus Mann, der Sohn von Thomas Mann. Der amerikanische Soldat spürt in Deutschland an den verschiedensten Orten Nazis auf. Billy Wilder als Film- und Kulturbeauftragter ist ebenso am Nachkriegsschauplatz unterwegs. Wenige Wochen nach der Kapitulation geben die Berliner Philharmoniker ihr erstes Konzert nach dem Krieg, eine Geschichte, die ich besonders bemerkenswert finde. Oder auch Else Tietze, Anfang 70 und echte Nationalsozialistin, ihr Mann ist bereits verstorben, sitzt zuhause und wartet auf Nachricht ihrer drei Kinder, deren Verbleib zum Teil unklar ist. Sie führt seit ein paar Wochen Tagebuch, dem sie ihre Sorgen und Ängste um ihre Kinder sowie ihre Hoffnungen anvertraut. Margot und Adolf Friedländer, erleben die Befreiung in einem Lager mit und bleiben zunächst dort. Margot erzählt von der Operette im „Weißen Rößl“ in Deggendorf, das Insassen aufführten und was ihnen damals so viel Hoffnung machte. Unterdessen finden in der Wüste geheime Tests unter der Leitung eines Herrn Oppenheimer statt, denn die USA ist noch immer im Krieg mit Japan. Ich glaube, wir wissen alle, was dann in Hiroshima passiert ist. An vielen Stellen fehlt mir ein wenig der Tiefgang und ich hätte gerne noch mehr über manche der Menschen erfahren. Meist liest man ja eher sachliche Bücher über den zweiten Weltkrieg. Dies nun eine komplett andere Sichtweise, Hilmes malt ein Bild über die Menschen, zusammengewürfelt aus verschiedenen Zeitdokumenten wie Briefen oder Tagebüchern und anderen Zeitdokumenten.

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler
11. Juni 2025
Viele Perspektiven, wenig Tiefgang
Bewertung:3

Viele Perspektiven, wenig Tiefgang

Ich bin mit ziemlich hohen Erwartungen an „Ein Ende und ein Anfang“ von Oliver Hilmes herangegangen – immerhin verspricht der Klappentext ein packendes Panorama des Sommers 1945. Und ja, man bekommt viele Eindrücke, viele Perspektiven und eine ordentliche Portion Atmosphäre serviert. Aber irgendwie… blieb ich emotional oft außen vor. Es ist, als würde man an einem Schaufenster vorbeigehen und viele spannende Szenen sehen – aber reingehen darf man nicht. Das Buch hangelt sich von Figur zu Figur, von Ort zu Ort, und obwohl das anfangs noch reizvoll ist, wird’s auf Dauer ein bisschen unübersichtlich. Einige Geschichten haben mich wirklich gepackt – besonders wenn sie nah an den Menschen dran waren. Andere wiederum wirkten auf mich eher wie historisches Namedropping mit begrenzter Tiefe. Mir fehlte ein bisschen der rote Faden, ein verbindendes Element, das das ganze Mosaik zu einem wirklich berührenden Gesamtbild macht. Trotzdem: Der Stil ist angenehm, oft bildhaft, nie trocken. Hilmes versteht sein Handwerk, das merkt man. Und man bekommt viele Denkanstöße, vor allem über das Nebeneinander von Hoffnung, Verzweiflung, Neubeginn und Orientierungslosigkeit in einer einmaligen Zeit. Nur hätte ich mir gewünscht, dass die Geschichten mehr miteinander sprechen – oder zumindest länger bei mir bleiben. Für Geschichtsinteressierte mit Sinn für Details und Momentaufnahmen ist das Buch definitiv lesenswert. Wer allerdings auf einen durchgehenden Erzählbogen oder tiefere Einblicke in einzelne Schicksale hofft, könnte ein wenig auf der Strecke bleiben. Für mich war’s ein solider, aber nicht überragender Lesegenuss. Drei Sterne – mit Respekt für das Thema und einem leisen Wunsch nach etwas mehr Tiefe.

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler
31. Mai 2025
Bewertung:4

Solide gemacht, manches wusste ich schon, ist ja nicht das erste Buch zu dem Thema. Hätte noch etwas mehr Stoff sein können. Sehr interessant fand ich die Fakten zum Kriegsende Japan - USA, also das beispielsweise der Kriegsminister Korechika Anami nach der Kapitulation Japans traditionell Seppuku begangen hat.

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler
26. Mai 2025
Bewertung:5

Geschichte in Geschichten

Geschichte erzählt in Geschichten – das kennt man aus Büchern von Florian Illies oder Uwe Wittstock. Jetzt ist aktuell ein neues erschienen, geschrieben vom Historiker und Schriftsteller Oliver Hilmes, der schon mit Berlin 1936 in diesem Stil schrieb. Ein Ende und ein Anfang spannt den Bogen von der Kapitulation Deutschlands bis zum endgültigen Ende des Zweiten Weltkrieges nach dem Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Wir lesen viel von berühmten Personen, wie Churchill, Stalin, Klaus Mann, Alma Mahler-Werfel und auch von der gerade verstorbenen Margot Friedländer aber eben auch von Menschen, die uns allen völlig unbekannt sind, aber Zeugnisse hinterlassen haben, die der Autor aufgreifen kann und damit ein breites Panorama vor unserem lesenden Auge entstehen lässt. So fand Oliver Hilmes z.B. ein Tagebuch der Berlinerin Else Tietze, die von April bis August 1945 ihre Erlebnisse aufzeichnete für ihre Kinder, von denen sie zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ob sie überhaupt noch leben. Diese Art Geschichte zu erzählen, am Kleinen und Persönlichen das Große zu zeigen, schafft es besonders, von Skurrilitäten zu berichten, ohne dass es je unpassend oder effekthascherisch wirkt. Der klavierspielende Harry Truman oder die Eröffnung des ersten Feinschmeckerrestaurants im zerstörten Berlin am 16. Juli (ja, kein Witz) stehen neben der Rettung eines kleinen Jungen, dem ein britischer Offizier, in Friedenszeiten Schriftsteller, Penicillin besorgen kann – eine am Ende sehr nachdenklich machende Geschichte, aber das wäre jetzt ein zu großer Spoiler – oder den weltverändernden Beschlüssen der Potsdamer Konferenz. Natürlich hat diese Art Geschichte zu erzählen, immer etwas Anekdotisches oder ab und an auch Plaudertonmäßiges – aber das ist durchaus positiv gemeint, wenn es auf einer so fundiert recherchierten Basis passiert wie bei Illies, Wittstock oder eben jetzt Oliver Hilmes. Ich dachte, dass diese Bücher schnell ihren Reiz verlieren werden, das Buch von Oliver Hilmes belehrte mich eines Besseren!

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler
26. März 2025
Bewertung:4

Großes Kino: Wie Florian Illies, nur politischer! Einziger Abzug ist die sehr ausschweifende Militär- und Diplomatiehistorik, die aber durch die Alltagsbeschreibungen und Skurrilität anderer Kapitel aufgelockert wird und zum Schmunzeln, Gruseln und Wundern über eine ungreifbare Zeit einlädt.

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler
16. März 2025
Bewertung:5

Wenn ihr ab und zu gern ein Sachbuch lest und geschichtlich interessiert seid, dann kann ich euch die Bücher von Oliver Hilmes sehr ans Herz legen! In seinem aktuellen Werk geht es um den Sommer 1945, der Ende und Neuanfang gleichermaßen war. In kurzen Episoden, mit Zitaten, Tagebucheinträgen usw. lässt er Zeitzeugen - bekannte Persönlichkeiten ebenso wie „kleine Leute“ - zu Wort kommen und zeichnet so ein gut recherchiertes Bild See damaligen Zeit. Empfehlung!

Ein Ende und ein Anfang
Ein Ende und ein Anfangvon Oliver HilmesSiedler