Ein berührender Roman über Familie und die Frage, was Heimat ausmacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebt der kleine Sam mit seinen Eltern Charlie und Jean-Luc in Amerika – doch die Vergangenheit lässt sie nicht los. Denn Samuels leibliche Eltern sind Juden und haben ihn vor ihrer Deportation 1944 dem französischen Bahnarbeiter Jean-Luc übergeben, um ihn vor dem sicheren Tod in Auschwitz zu retten. Die leiblichen Eltern Sarah und David überleben die Hölle in Auschwitz und suchen nach dem Krieg nun nach Samuel. Zwischen Schuld, Liebe und der Suche nach Identität entspinnt sich ein emotionales Drama, das zwei Familien, zwei Länder und zwei Welten miteinander verwebt. Ruth Druart gelingt es in Ein neuer Morgen für Samuel, ein bewegendes Thema mit viel Einfühlungsvermögen zu erzählen. Die Geschichte ist spannend und emotional – ich konnte mich in alle Charaktere hineinversetzen und habe mit ihnen gelitten. Besonders die innere Zerrissenheit der Figuren und die moralischen Dilemmata waren stark dargestellt. Die Autorin schafft es, unterschiedliche Perspektiven glaubwürdig zu schildern, was die emotionale Tiefe des Romans deutlich verstärkt. Allerdings hatte die erste Hälfte des Buchs einige Längen. Es gab Passagen, über die ich nur hinweggeflogen bin, ohne das Gefühl zu haben, Wesentliches zu verpassen. Diese erzählerischen Wiederholungen hätten straffer gehalten werden können. Auch das Ende – insbesondere der Epilog – wirkte auf mich etwas zu glatt und schlicht, fast wie ein schneller Abschluss nach einer ansonsten komplexen Geschichte. Hier hätte ich mir mehr Tiefe oder zumindest einen stärkeren Nachhall gewünscht. Trotz dieser Kritikpunkte bleibt Ein neuer Morgen für Samuel ein berührender und lesenswerter Roman über Familie, Verlust und was es bedeutet, sein Kind wirklich zu lieben.