18. Aug. 2024
Post image
Bewertung:4

Ehrlich, augen-öffnend und authentisch. Ein weiteres wertvolles Buch aus der Feder von Kirsten Boie, das auf eine einfühlsame und nahbare Art und Weise bewusst macht, wie wichtig es ist, nicht zu vergessen - Dass es unsere Pflicht ist, uns zu erinnern, zu hinterfragen und die Vergangenheit aufzuarbeiten, denn "vorbei ist eben nicht vorbei". Wie bei "Heul doch nicht, du lebst ja noch" behandelt die Autorin in diesem Buch die Nachkriegszeit des zweiten Weltkrieges, dieses Mal die 60er Jahre und wie es für Kinder und Jugendliche gewesen sein muss, in dieser Zeit aufzuwachsen. Ihre Darstellungen sind unbeschönigt und greifbar, womit dieses Buch natürlich nicht leicht zu lesen und zu verarbeiten ist, aber es lohnt sich wirklich! Komplexe und sensible Themen werden hier anschaulich und altersgerecht aufbereitet, die Beschreibungen der Autorin erschienen mir authentisch und nah am Leben. Man konnte die Gedanken und Gefühle der Protagonistin nachempfinden, ihre Ängste und Zweifel fassen. Die Geschichte wird aus Sicht der 13-jährigen Karin in der dritten Person Singular erzählt, deren unbedarfte Perspektive dieses Buch umso nahbarer macht. Wir können gemeinsam mit Karin begreifen. Kirsten Boie hat eine vermeintlich unbeteiligte (Erzähl-)Perspektive gewählt, in der sich sicherlich viele Deutsche wiederfinden und -erkennen, die letztlich aber nicht annähernd so unbeteiligt ist wie man zunächst meinen oder es sich vielmehr wünschen würde, und das ist eine unheimlich wichtige Erkenntnis, die junge Leser:innen hier gemeinsam mit Karin erlangen können. Kirsten Boie holt ihre Leser:innen dort ab, wo sie gerade stehen, wodurch dieses Buch seine Wirkung umso intensiver entfalten kann. Der Fokus dieses Buches liegt nicht auf dem Kriegsgeschehen, sondern auf der daran anschließenden Verschleierung der (eigenen) Taten. Es erzählt vom Schweigen und Verdrängen, vom Herausreden und Schuld-Von-Sich-Weisen. Von den Lügen und schöneren Wahrheiten, die an die nachfolgende, junge Genereation weitergegeben wurden. Von der Ahnungslosigkeit, den ersten Zweifeln, der inneren Zerrissenheit und schließlich der schmerzlichen Erkenntnis, was damals wirklich geschehen ist und dass die eigene Familie daran nicht so unbeteiligt war wie bisher geglaubt. Von dem erdrückenden Gefühl der Gewissheit und des Trotzdem-Nicht-Wahrhaben-Wollens. Kirsten Boie hat all diese Gedanken und Emotionen einfühlsam, lebendig und wahrhaftig eingefangen und greifbar transportiert. Durch die kurzen Sätze und eine dem Alter der Protagonistin gemäße Sprache ist dieses Buch einerseits gut verständlich, anderseits springt die Autorin auch wiederholt in Raum und Zeit, was das Folgen der Geschichte anspruchsvoller gestaltet. Zudem wird hier nicht alles wortwörtlich ausgesprochen, man muss zwischen den Zeilen lesen, um alles zu begreifen, den Unterschied von Tatsachen und deren subjektiver Wiedergabe vollends zu erfassen und die Verschleierung zu durchdringen. In meinen Augen eignet sich dieses Buch daher perfekt als Schullektüre, da die komplexen Zusammenhänge dort erklärt, diskutiert und eingeordnet werden können. Eine gemeinsame Besprechung, Verarbeitung und Reflexion des Gelesenen ist hier meines Erachtens mehr als sinnvoll. 4/ 5 Sterne ⭐️

Vorbei ist eben nicht vorbei
Vorbei ist eben nicht vorbeivon Kirsten BoieVerlag Friedrich Oetinger GmbH
11. Okt. 2023
Bewertung:2.5

Der Schreibstil war nichts außergewöhnliches, aber in Ordnung. Karin fand ich am Anfang ziemlich naiv besonders weil sie da schon dreizehn war. Sie macht aber eine interessante Entwicklung durch und nach und nach konnte ich mich immer besser mit ihr identifizieren. Es war halt sehr kurz und man hatte nicht sonderlich Einblick in die Gedankenwelt von Karin.

Vorbei ist eben nicht vorbei
Vorbei ist eben nicht vorbeivon Kirsten BoieVerlag Friedrich Oetinger GmbH