durchschnittliche Lektüre, leicht zu lesen, viele Schreibfehler
"Bis die Liebe uns findet" von Keff Vidala könnte an sich eine ganz interessante Geschichte sein, wenn da nicht dieser holprige und zugleich platte Schreibstil wäre, der leider so gar nicht überzeugen kann.
Aber worum geht es denn eigentlich?! Wer wären wir, wenn wir unsere Masken fallen ließen? Keff und Aaliyah könnten unterschiedlicher nicht sein. Sie ist der Star ihrer Mädchenclique, bewundert für ihre Intelligenz und Schönheit. Er hingegen ist ein komischer Außenseiter, gemieden von den anderen Schülern. Doch hinter Keffs unscheinbarer Fassade verbirgt sich ein außergewöhnliches Talent, das Aaliyahs Aufmerksamkeit erregt und eine unerwartete Verbindung zwischen ihnen knüpft. Während sie sich kennenlernen, beginnen Mauern zu bröckeln, und es entfaltet sich eine zarte Liebe, die ihr beider Leben zu verändern droht. Doch unter Aaliyahs scheinbar makelloser Oberfläche lauert ein Geheimnis, so düster und tief, dass es ihre neu entdeckte Welt zu erschüttern droht.
Die gesamte Story, die auf wahren Begebenheiten beruhen soll, ist mal mehr, mal weniger fesselnd aber insgesamt eher mäßig gehalten. Zudem ist die Geschichte leider mit zahlreichen Schreibfehlern gespickt, was mich persönlich ziemlich stark gestört hat.
Besonders enttäuschend ist aber die mehrfach angepriesene Liebesgeschichte, die bei mir keinerlei emotionale Resonanz ausgelöst hat. Trotz der zahlreichen Zitate gelingt es dem Buch einfach nicht, eine tiefere Verbindung zum Leser herzustellen. Die zitierten Passagen sind demnach ein nettes Extra, bleiben für mich aber oberflächlich.
Obwohl das Buch wirklich sehr leicht zu lesen ist, hat mich die zunehmende Einbindung von religiösen Themen und Glaubensfragen dann doch stark überrascht. Diese Entwicklung mag für manche Leser passen, ich persönlich habe von dem Inhalt aber etwas ganz anderes erwartet. Ich vermute stark, dass sich speziell diese Themen in den beiden Folgebänden noch weiter intensivieren, daher werde ich diese auch nicht mehr lesen.
Meiner Meinung nach somit eine durchschnittliche Lektüre, die möglicherweise sogar die Sichtweise einiger Leser verändert, für mich aber nicht das erhoffte Lesevergnügen bieten konnte.
Danke an Keff Vidala, dass du mir ein Rezensionsexemplar deines Buches “Bis die Liebe uns findet” angeboten hast. Kein Danke für die Drohung mit dem Anwalt für diese Rezension. Leider hat mir das Buch gar nicht gefallen. Auf dem Cover steht “Nach einer wahren Begebenheit” und der Autor selbst schreibt über sich selbst, seine Jugend, seine Beziehungen und seine Ansichten.
[CN: Ableismus, Body Shaming, Depression, Exotisierung, Fetischisierung, Heteronormativität, HP Referenz (19, 20), Misogynie, Rassismus, Saneismus, Selbstverletzung, Sexismus, Suizidgedanke, Transfeindlichkeit]
Bereits mit dem ersten Satz im Vorwort habe ich bereits ein Problem. “Der größte Fehler, den wir Männer in einer Beziehung machen, ist, dass wir uns nie mit der Frau zufriedengeben, die wir erobert haben.” Zum einen wird hier lediglich heterosexuelle Beziehungen dargestellt und der Mann ist immer der Eroberer, während die Frau immer die Eroberte ist. Sexismus und Misogynie ist in dem Buch durchgehend vertreten. Männer werden passiv dargestellt “Wir lassen uns von Frauen in sozialen Netzwerken verführen und um den Finger wickeln, wenn wir mit ihnen chatten.” (9) “Lass dich nicht von [Schl*mpen] verführen [...].” (10) Diese Aussagen implizieren, dass es ja nicht die Schuld der Männer sei, wenn sie ihre*n Partner*in(nen) betrügen, da sie doch verführt wurden.
Manche Verwendungen von bestimmten Begriffen sind unpassend. Meiner Meinung nach sollte der Begriff “vergewaltigen” nur bei einer Vergewaltigung verwendet werden. Andernfalls werden Vergewaltigungen verharmlost, doch Vidala schreibt “[...] um zu verhindern, dass man meinen richtigen Namen vergewaltigte.” (15) Das hätte anders ausgedrückt werden können. Außerdem verwirrt es mich, dass Vidala “Mädels”, “Frauen”, “Damen” als austauschbare Synonyme verwendet. Ein Mädchen, das 16 ist, ist keine Frau. Vidala schreibt auch, “Was ich aber noch vergessen habe zu sagen [...]” (83) Das ist ein Buch. Das Manuskript kann überarbeitet werden.
Stichwort Rassismus: Vidala hat als Teenager damit angegeben mit wie vielen Frauen er schon etwas hatte. Dabei hat er Geschichten erfunden, um dies glaubwürdiger zu machen. Dies kann man ihm vielleicht nachsehen, da er jung war und die Akzeptanz seines Umfelds gesucht hat. Was ich ihm nicht nachsehe, ist die Verwendung des I-Wortes und die Anmache “Na, Pocahontas”. Hinzu kommt, dass das Japanerin-Klischee (läuft im Alltag im Cosplay mit Schuluniform herum) aufgegriffen wird. In dieser Geschichte beleidigt er die Japanerin mit “Du, [Schl*mpe]” auf Mandarin, woraufhin die Japanerin mit ihm schlafen will. (22) Im Buch steht “Chinesisch”, aber angesichts der größeren Probleme ist mein Pet Peeve zweitrangig.
Später sagt ein Freund zu Keff: “[...] aber du musst wissen, dass afrikanische Mischlingsfrauen [sic!] echt gefährlich sind, denn sie werden von weißen und schwarzen [sic!] Jungs begehrt.” (46) Mixed people mit Afrika Bezügen werden hier über einem Kamm geschert, ohne dass darauf aufmerksam gemacht wird, wie problematisch diese Aussage ist. Als Vidala von dem ersten Mädchen erzählt, das mit ihm gehen wollte, dachte er, “Lustig nur, dass die erste Frau, die mich fragte, eine muslimische Türkin war.” (27) Inwiefern ist das lustig? Und als der Protagonist mit einer kopftuchtragenden Muslimin telefoniert, wundert er sich über ihre “ziemlich Deutsch klingende Stimme, als würde ich mit einer Melanie oder Lisa reden”. (94) Hier noch eine Prise Rassismus. Offensichtlich erwartete er, dass Menschen mit nicht stereotypischen deutschen Namen “anders” zu klingen haben. Ich dachte, der Autor wollte seine Entwicklung darstellen. Hin und wieder benennt er sich selbst als “Arschloch”, doch durch die Art und Weise, wie er diese Situationen darstellt, ohne Diskussion oder konkretes Aufweisen, wieso das rassistisch war, zeigt mir, dass keine Aufarbeitung stattgefunden hat.
Nun kommen wir zu den zwei großen Themen in diesem Buch: Misogynie und Sexismus.
Wir fangen mit etwas Leichtem an und gehen dann über zu dem schwer verdaulichen, das ich widerwärtig finde: “Frauen entdeckten plötzlich das Schminken für sich, wobei ich mir bei manchen wünschte, sie hätten es nie ausprobiert.” (22) Die Meinung einer Person, wie Frauen etwas zu tun haben, was ihren eigenen Körper betrifft, ist irrelevant. Ich dachte, das wäre mittlerweile bei allen angekommen? Er selbst ist oberflächlich bis zum Gehtnichtmehr, aber sich selbst darüber auslassen wie oberflächlich Frauen seien. “Ich hatte das Gefühl, dass die hübschen Frauen mehr auf Aussehen, Geld und Style achten als auf das Herz.” (53) Und worauf werden Frauen in diesem Satz reduziert? Auf ihr Äußeres. Doppelmoral gefunden!
Ein Freund von ihm hat vier parallel laufende Beziehungen und betrügt die Frauen, doch anstatt das zu kritisieren, wird das als Errungenschaft dargestellt. Das einzige Problem für den Protagonisten sei die Logistik… Ich hoffe, es ist zu erkennen, was hier die Problematik ist. Der Satz “Du hast mir beigebracht, wie man sich als Frau verhalten sollte.” (131) wird von Aaliyah gesagt. Da diese Geschichte auf wahre Begebenheiten beruht, weiß ich nicht, ob dies tatsächlich von Aaliyah gesagt wurde, aber nichtsdestotrotz, bin ich der Meinung, dass niemand das Recht hat pauschal zu sagen, wie sich Frauen verhalten sollten.
“Dass ich so späte Erfahrungen gesammelt habe, lag ganz einfach daran, dass ich sehr schüchtern war und extrem viel Respekt vor Frauen hatte. (22) Der Respekt ist, meiner Meinung nach, nicht ersichtlich. Er beschreibt, dass er versuchte immer nett und freundlich zu allen Frauen zu sein und sie ihn daraufhin lediglich als den “Kumpel-Typ” ansahen. Er erwähnt auch die “Friend Zone”. Diese existiert nicht. Das ist ein Konstrukt, dass sich Männer ausgedacht haben, um zu zeigen, dass sie erwarteten mit einer Person zusammenzukommen, indem sie nett und freundlich sind, und sich diese Erwartung nicht erfüllt hat. “Nett” und “freundlich” ist das mindeste, was ein Mensch mitbringen sollte, um überhaupt als potenzielle*r Partner*in wahrgenommen zu werden. Das Konzept einer “Friend Zone” ist toxisch. Freundschaften werden abgewertet, und nur zu einer Person “nett” zu sein, um mit der Person zusammenzukommen, ist verdammt nochmal nicht nett. Niemand schuldet euch eine Beziehung. Die “Friend Zone” gehört in den Müll. “Ich war immer nett und respektvoll; als Dank habe ich nur Dreck bekommen. Ich bekam nur irgendwelche freundschaftlichen Angebote.” (53) Gut zu wissen, dass er Freundschaften mit Frauen als Dreck erachtet.
Es ist schon widerwärtig, wie er darüber berichtet, dass seine Freundin zu seinem “persönlichen Spielball” wurde und wie er sich dann das nächste “Opfer” sucht. Dann kommt noch mehr Sexismus mit Sätzen, wie “Nicht zu tussimäßig, aber eben wie eine Frau für mich sein sollte - gutriechend und sauber.” (64) und “Kleine Mädels standen auf ‘Swag’, Frauen auf ‘Classic’.” (72) Was ist das für eine Einteilung von Frauen? Wie war das nochmal mit “extrem viel Respekt vor Frauen”? Jedenfalls machte er mit einer Frau Schluss und bekam mit, dass sie nach zwei Wochen in einer neuen Beziehung war und wurde wütend. Er rief sie an, beleidigte sie und sagte ihr dann doch, das er sie liebe. Außerdem fragte er sich, wie sie ihn einfach so ersetzen konnte. Dabei stand in wenigen Absätzen davor, dass er sofort, nachdem er sich von Alexandra getrennt hatte, unzählige Frauen anschrieb und seine Freiheit genoss. Aber wehe, sie ist in einer Beziehung und trauert ihm nicht hinterher! Dass dieses Verhalten und diese Denkweise falsch war, wird nicht aufgearbeitet. Stattdessen versinkt der Protagonist in Selbstmitleid.
Der Autor schreibt über psychologische Taktiken, um Frauen “herumzukriegen”, die er heute noch anwendet. Dinge, die er durch “Pick-Up-Artist” Bücher/Videos gelernt hat. Anstatt die Frau als Person anzusehen und so mit ihr zu interagieren, ist das Ziel “Frau klarmachen”. Die Frau wird dann als “Opfer” oder als “Fang” betitelt. “Diese kleinen Partymäuse, die sich betranken und überall ihren Arsch zum Wackeln brachten, reizten mich nicht im Geringsten; für mich und meine Jungs waren das einfach nur billige Objekte.” (73) Danke, für diese klare misogyne Ansage. Es ist so degradierend, wie er über Frauen schreibt. Nachdem er sein “Opfer” losgeworden ist, indem er ihr, nachdem er sie den ganzen Abend angelogen hat, endlich die Wahrheit sagte, dass er nämlich keine Beziehung wollte, steht geschrieben: “Es war mir wichtig, die Sache frühzeitig und vor allem im Guten zu beenden.” (82) Inwiefern kann das als “im Guten zu beenden” verstanden werden?
Was ich extrem widerwärtig fand: die Einteilung in “qualitativ hochwertige Frauen” und… alle anderen. “Ich war der Psychologe, der Frauenversteher. Ich konnte zwar nicht so schnell mehrere Nummern auf einmal klarmachen, aber dafür qualitativ hochwertige Frauen, die Jura und Medizin studierten.” (87) Danke, ich bin wohl keine qualitativ hochwertige Frau, aber das will ich für ihn auch gar nicht sein. Gegen Ende der Geschichte hat er wieder einmal vor eine Frau zu verarschen, aber hat es gelassen, weil sie sich menschlich gut verstanden haben. Wow. Wie großzügig. Ist das mit “nett und freundlich” gemeint? So kann das also gehen, wenn er Frauen als Menschen ansieht. Applaus!
Dann habe ich noch einige andere inhaltliche Fragen, aber angesichts der größeren Problematiken, sehe ich diese als zweitrangig an und lasse es einfach. Der Protagonist zeigt sich von seiner besonders unsensiblen Seite, indem er eine Mutter zu der Vergewaltigung ihrer Tochter befragt… Was hat er sich dabei gedacht? Anscheinend nicht viel. “Wir leben in einer Welt, in der die Liebe nicht mehr ernst genommen wird. Männer werden zu Frauen, Frauen werden zu Männern.” (168) Anscheinend rundet noch ein bisschen Transfeindlichkeit das ganze Buch ab.
Leider wird auch Ableismus in diesem Buch reproduziert. Vergleiche mit Menschen mit Be_hinderungen sind unnötig und meist, wenn nicht sogar immer, ableistisch. Auch sich selbst als “schizophrener Penner” zu beschreiben ist saneistisch und unnötig. Die anderen Vergleiche möchte ich hier nicht wiedergeben.
Ach ja, die Leser*innen werden außerdem auch noch direkt beleidigt. “Aber diese Geschichte über sie kann ich dir im Moment nicht erzählen, es wären zu viele Informationen auf einmal, zu viel für dein Gehirn.” (99) Geht’s noch? Zu viel für mein Gehirn? Fazit: Die ganze Geschichte war zu viel für mein Gehirn.