schöner abschluss, dennoch schwächer als die anderen bänder
mit „kein ozean zu tief“ beendet alexandra flint ihre horizont-reihe der roman lebt von seiner bereits bekannten atmosphärischen kulisse, der persönlichen entwicklung der protagonist:innen und einer unterschwelligen spannung zwischen zwei grundverschiedenen charakteren. trotz vieler schöner momente bleibt die geschichte erzählerisch stellenweise zu glatt und vorhersehbar im zentrum der handlung stehen milou und kai – zwei charaktere, die unterschiedlicher kaum sein könnten, sich aber auf einer gemeinsamen reise nach und nach annähern kai, der in vorigen bänden eher distanziert und egozentrisch wirkte, überrascht in diesem band mit emotionaler tiefe und nachvollziehbarer motivation. seine gründe für den rückzug aus seinem alten leben werden im verlauf glaubhaft und sensibel aufgearbeitet milou hingegen, bisher eher eine blasse figur am rande, tritt hier endlich in den vordergrund. ihre innere entwicklung – von der zurückhaltung hin zu mehr selbstvertrauen – ist ein starker aspekt des romans. ihr wunsch, die welt zu sehen, wird authentisch eingefangen, und auch ihre leidenschaft für das unterwegssein spiegelt sich in vielen stimmungsvollen szenen wider trotzdem bleibt die handlung insgesamt recht vorhersehbar. das knistern zwischen milou und kai ist spürbar, entwickelt sich aber entlang genretypischer bahnen, ohne große überraschungen oder brüche. die dynamik zwischen den beiden ist charmant, manchmal ein wenig unbeholfen, aber nie unangenehm – sie sorgt für einige auflockernde, beinahe humorvolle szenen kai überrascht als figur positiv. was zunächst wie ein klischee vom arroganten travelblogger wirkt, entpuppt sich als komplexere persönlichkeit mit vergangenheit und verletzlichkeit. seine entwicklung wirkt glaubwürdig, wenn auch stellenweise etwas schnell vollzogen milou überzeugt vor allem durch ihre schlagfertigkeit und leidenschaft. man bekommt erstmals einen umfassenderen einblick in ihre gedanken und beweggründe, was sie als figur nahbarer macht. ihre entwicklung ist ein zentrales element des romans – wenngleich manche konflikte etwas schnell gelöst werden die nebenfiguren treten in diesem band merklich in den hintergrund. wer die e.m.i.l²-gruppe aus vorherigen bänden ins herz geschlossen hat, könnte deren abwesenheit hier vermissen. zwar nachvollziehbar durch den fokus auf den roadtrip, hinterlässt es dennoch eine gewisse leerstelle alexandra flint’s schreibstil ist gewohnt bildhaft und atmosphärisch. die reiseorte sind detailliert beschrieben, sodass man sich als leser:in teils mittendrin fühlt. besonders die darstellung des social-media-alltags – mitsamt seinen höhen und schattenseiten – bringt interessante perspektiven ein, gerade für leser:innen, die sich mit diesem thema sonst wenig beschäftigen allerdings gibt es auch passagen, die sich etwas ziehen, insbesondere in der mitte des romans. konflikte könnten an einigen stellen pointierter dargestellt werden, während andere momente gerne mehr raum zur entfaltung hätten „kein ozean zu tief“ ist ein gelungener abschuss mit emotionaler tiefe, einem charmanten roadtrip-setting und zwei figuren, die auf ihre eigene art über sich hinauswachsen. trotz einiger längen und einer recht vorhersehbaren handlung bietet der roman solide unterhaltung für fans des genres