"Oxen – Das erste Opfer" hat bei mir gemischte Eindrücke hinterlassen. Die Ausgangsidee ist spannend, doch die Umsetzung wirkte stellenweise übertrieben und wenig glaubwürdig. Besonders einige Entwicklungen im späteren Verlauf empfand ich als zu konstruiert. Die Geschichte versucht, groß und tiefgründig zu sein, verliert dabei aber an Bodenhaftung. Letztlich blieb bei mir das Gefühl zurück, dass weniger mehr gewesen wäre.
Mit "Oxen – Das erste Opfer" beginnt Jens Henrik Jensen eine Thriller-Reihe rund um den ehemaligen Elitesoldaten Niels Oxen. Das Buch verspricht Hochspannung, politische Intrigen und eine tiefgründige Hauptfigur – doch nicht alles hält dem Anspruch stand. Starke Prämisse, schwankende Umsetzung Zweifelsohne bietet die Grundidee des Romans Potenzial: Ein traumatisierter Kriegsveteran, der sich aus dem öffentlichen Leben zurückzieht, wird in eine geheimnisvolle Mordserie verwickelt und muss sich seinen Dämonen ebenso stellen wie skrupellosen Gegenspielern. Die Figur Oxen wirkt anfangs vielversprechend – ein Mann, der von seiner Vergangenheit gezeichnet ist und dennoch versucht, wieder Halt im Leben zu finden. Leider verliert sich die Darstellung im Verlauf der Geschichte zunehmend in Übertreibungen. Oxen wirkt stellenweise beinahe übermenschlich, was der Glaubwürdigkeit der Figur schadet. Seine Fähigkeiten und Intuitionen entwickeln sich in manchen Szenen zu einem fast schon klischeehaften Actionhelden-Narrativ, das nicht zum anfangs psychologisch gezeichneten Bild passt. Spannung mit Bruchstellen Jensen versteht es durchaus, Spannung zu erzeugen. Es gibt Passagen, die gut komponiert sind und mit Atmosphäre punkten. Auch die Schauplätze sind sorgfältig beschrieben und verleihen der Geschichte ein greifbares, nordisch-düsteres Setting. Doch die Handlung selbst schlägt manchmal Haken, die zu konstruiert wirken. Besonders gegen Ende kommt es zu einem überraschenden Fund, der wie ein dramaturgisches Hilfsmittel wirkt, um offene Fäden schnell zu verknüpfen. Dieser Moment fühlte sich für mich nicht organisch gewachsen, sondern künstlich herbeigeführt an – als hätte man auf Teufel komm raus noch eine Wendung gebraucht. Nebenfiguren und Dialoge Die Nebenfiguren, insbesondere die PET-Agentin Margrethe Franck, bringen etwas Farbe ins Spiel, bleiben aber ebenfalls eher schablonenhaft. Dialoge wirken mitunter hölzern und gezwungen, was der Dynamik zwischen den Figuren nicht guttut. Die angedeutete politische Tiefe rund um geheime Machtzirkel bleibt oberflächlich und wird von der überbordenden Action zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Fazit "Oxen – Das erste Opfer" ist kein schlechtes Buch, aber für mich persönlich zu überzeichnet und in Teilen zu wenig glaubwürdig. Wer realistisch geerdete Thriller schätzt, wird möglicherweise enttäuscht. Wer jedoch an überlebensgroßen Figuren mit militärischem Hintergrund und Verschwörungselementen Gefallen findet, könnte eher auf seine Kosten kommen. Ich hatte mir mehr Substanz und weniger Effekthascherei erhofft – deshalb vergebe ich solide, aber zurückhaltende 3 von 5 Punkten.