sensible Thematik ohne Tiefgang, blasse Charaktere, klischeebehaftet
Diagnose Chorea Huntington... Eine unaufhaltsame Krankheit, die das zentrale Nervensystem zerstört und den Betroffenen langsam, aber sicher seiner Selbstständigkeit beraubt. Kein leichtes Thema und doch wagt sich Julie Lawson Timmer mit "Fünf Tage die uns bleiben" an genau diese Thematik. Kommen wir aber zuerst einmal zum eigentlichen Inhalt: Mara, erfolgreiche Anwältin und liebevolle Ehefrau und Mutter, lebt seit einigen Jahren mit einer schrecklichen Gewissheit: Sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Um ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter einen qualvollen Leidensweg zu ersparen und ihnen als glücklicher Mensch in Erinnerung zu bleiben, beschließt sie, sich nach dem Auftreten bestimmter Symptome das Leben zu nehmen. Nun bleiben ihr noch fünf Tage. Fünf Tage, um sich von den Menschen zu verabschieden, die sie am meisten liebt. Fünf Tage, um letzte Spuren in ihren Herzen zu hinterlassen. Fünf Tage, um für immer loszulassen... Der Entschluss seitens Mara ist äußerst schwierig zu betrachten und ethisch hochkomplex. Ja, ich persönlich verstehe letztlich, warum sie ihre Entscheidung für notwendig hält. Sie will nicht erleben, wie die Krankheit sie völlig entmündigt und ihrem Umfeld zur Last wird. Doch leider bleibt Mara als Figur für mich so distanziert, dass sie mich trotzdem nicht berühren konnte. Anstatt in irgendeiner Form emotional mitzuleiden, war sie mir schlichtweg einfach nur unsympathisch. Auch die anderen Charaktere haben mich unglücklicherweise nicht überzeugen können. Eindimensional, blass, austauschbar – aber keine wirklich lebendigen Figuren. Und das bei einem so sensiblen Thema. Schade, denn gerade hier hätte ich mir zumindest ein wenig Tiefe gewünscht. Warum es hier unbedingt zwei verschiedene Schicksale und zwei Erzählstränge braucht, hat sich mir ebenfalls nicht erschlossen?! Der einzige Zusammenhang zwischen Maras und Scotts Geschichte ist ein Online-Forum, in dem beide Hauptfiguren aktiv sind – was mir als Verbindung viel zu mager ist. Die eingefügten Chatverläufe mit den Kommentaren der anderen User haben auf mich zudem ziemlich störend gewirkt. Naja, erst auf den letzten Seiten kam bei mir dann so etwas wie Gefühl auf. Die finalen Passagen sind tatsächlich recht ergreifend geschrieben und man bekommt einen kleinen Einblick, was dieses Buch hätte sein können, wenn es durchgehend mit dieser Intensität erzählt worden wäre. Aber ein starkes Ende kann eben nicht die Schwächen der vorherigen 90% wett machen. Demnach eine Story mit großem Potenzial, bei der es aber leider an der eigenen Oberflächlichkeit scheitert. Trotz des tragischen Themas bleibt die Geschichte für mich einfach erschreckend flach und klischeebehaftet.