Vor kurzem sagte ich noch, dass das erste Drittel von Menasse‘s „die Hauptstadt “, das best komponierte Buch war, das ich las. Während des Lesens lief ständig Musik in meinem Kopf. Lady‘s and Gentlemen! Ich präsentiere: Zukunftsmusik- von vorne bis hinten das best komponierte Buch das ich jemals las! Was für ein Sound, eine Verspieltheit und Leichtigkeit, auf der Leinwand des gezeichneten Homo Sovieticus, der keine Freiheit und Zukunft kennt, in ständiger Angst verraten zu werden, im System überlebt oder irgendwann einfach verschwindet. Die Autorin erschafft ein grandioses Geflecht des Zusammenlebens von 4 Frauen-Generationen auf engstem Raum. Ein großes Herz für die Älteste, die Verantwortung hoch hält, schön derb daher kommt, die Klamotten ihrer Tochter heimlich trägt und sich nie unterkriegen lässt. Das kurze Buch ist so dicht und voll mit Gedanken, Hoffnung, Erinnerungen, Ungesagtem, Bildern, Emotionen. Ich bin tief bewegt und dankbar für dieses Kunstwerk.
Nicht ganz überzeugend
Zukunftsmusik von Katerina Poladjan hat mir so mittelmäßig gefallen. Eine Kommunalka weit östlich von Moskau, wo sich Großmutter, Mutter, Tochter und Enkelin ein Zimmer teilen. Dazu noch einige andere Mieter in der Wohnung. Der Roman spielt am 10. März als der Generalsekretär Konstatin Tschernjenko starb. Wir begleiten die Protagonisten in ihrem doch sehr tristen Leben, die Veränderung durch Michael Gorbatschow flammt nur in kurzen Momenten auf. Zum Ende des Romans wird es surreal. Positiv fand ich die Beschreibung des Alltags, der beengten Wohnberhältnisse und die gewisse Trostlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Zwischen den Zeilen spürte man aber schon die bessere Zukunft für die Bevölkerung. Allerdings konnte ich zu den Personen überhaupt keine Nähe aufbauen. Das finde ich immer Schade in einem Roman. Auch das surrealistische Ende gefiel mir nicht so wirklich. Das ist aber sicher Geschmacksache. Sehr schön fand ich aber die Einflüsse russischer Literatur insbesondere Anton Čechovs.
Etwas sperrig, aber trotzdem klingt es nach.