Der verkaufte Feminismus (2021) von Beate Hausbichler passt zum aktuellen Kino-Hype wie Ken zu Barbie. Während es in den 1980er- und -90er-Jahren noch zur Außenseiterin machte, sich als Feministin zu bezeichnen, handelt es sich mittlerweile um eine Selbstbezeichnung, die T-Shirts schmückt. Hausbichler untersucht, was in diesem durch den Konsumkapitalismus vereinnahmten Slogan noch von der politischen Bewegung übrig ist. Der liberale Feminismus bzw. Choice-Feminismus reduziert Feminismus auf persönliches Vorankommen durch richtige individuelle Entscheidungen. "Empowerment wird zum ultimativen Heilmittel gegen Diskriminierung." (S. 51) Ausgeblendet wird, dass soziale Strukturen und Hierarchien verändert werden müssen, sodass allen Menschen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch Fortschritt möglich ist. Die Kernidee der feministischen Bewegung wird konterkariert, indem die Verantwortung auf Individuen verlagert wird, die sich in ständiger Selbstoptimierung üben. Dies ist kein Zufall, sondern steht in einer Wechselwirkung mit Konsumkapitalismus und Neoliberalismus. Feminismus wird kommerzialisiert und verstanden als die Wahlfreiheit in Konsumentscheidungen. Auch wenn als feministisch deklarierte Debatten medial präsent sind, handelt es sich vorwiegend um Karrieretipps und allgemein Themen, die für ohnehin privilegierte weiße cis Mittelstandsfrauen bedeutsam sind. Es geht mehr um Selbsthilfe als um Geschlechterpolitik. Gefordert wird keine grundlegende systemische Veränderung, sondern einzelne Schönheitskorrekturen an einem System, das die grundlegenden feministischen Forderungen im Wesentlichen durchgesetzt zu haben scheint. Dass Unternehmen den Slogan Feminismus zur Gewinnmaximierung verwerten, ist nicht weiter schlimm, sondern erwartbar. Es sollte aber nicht mit feministischem Engagement verwechselt werden. Auch sollten wir nicht vergessen, dass es gerade die großen Unternehmen (etwa der Schönheitsindustrie) sind, die bestimmte Körpernormen geschaffen haben, gegen die sie jetzt - da absatzfördernd - Kampagne machen.
4.25 ⭐️ Liebe selbsternannte Feministin, wenn du wirklich glaubst, deine individuelle Konsum- und Lebensentscheidung ist das, wofür im Feminismus gekämpft werden muss, wenn deine Entscheidung gegen Kind oder Karriere, für Beinrasur oder Brustimplantate eine feministische ist, weil du diese angeblich freiheitlich und aus eigenen Überzeugungen (lol) getroffen hast, wenn du wirklich glaubst, Geschlechtergerechtigkeit ist das, was Feminismus will, mehr noch, wenn du selbst von „feministischen Strömungen“ sprichst: Raff dich & lies dieses Buch. Danke.
Für Einsteiger*innen sehr gut, für Fortgeschrittene dennoch kurzweilige Lektüre. Es geht nicht sehr in die Tiefe, macht aber auf jeden Fall Lust darauf, tiefer zu graben und sich weiter zu informieren.
Das Buch ist eher für Einsteiger in das Thema, mir persönlich hat es aber keine großen neuen Erkenntnisse gebracht und ich fand es da und dort etwas langatmig.