Kurzweilige Bedeutungslosigkeit: Tristesse trifft Tanzmusik 🎺🍖🎷
Hamburg-Harburg in den 80er Jahren: Heinz Strunk wächst auf zwischen grauem Alltag, eitriger Akne und einer ordentlichen Portion Perspektivlosigkeit. Als Anfang 20-Jähriger findet er seine vermeintliche Rettung, als er Bläser in der Tanzband „Tiffanys“ wird. Es geht hinaus auf Schützenfeste, Dorfbälle und Hochzeiten – Orte, an denen „An der Nordseeküste“ und andere musikalische Zumutungen der 80er zum festen Repertoire gehören. Während sich die Band durch die Schlager-Hölle spielt, bleibt Heinz Leben von Stillstand geprägt: Frauen? Fehlanzeige. Erfolg? Nicht in Sicht. Aber immerhin gibt es Kartoffelsalat mit Würstchen, Alkohol und schräge Begegnungen auf und neben der Bühne. Mit „Fleisch ist mein Gemüse“ liefert Heinz Strunk eine autobiographische Rückschau, die irgendwo zwischen Tragik und Komik schwebt – allerdings ohne sich je wirklich für eine der beiden Seiten zu entscheiden. Der Humor, den viele Leser so loben, ist durchaus pointiert und manchmal herrlich trocken, doch die ständige Tristesse des Erzählten erstickt das Lachen oft im Keim. Strunk zeichnet ein Sittengemälde der Zeit, das so trostlos ist, dass es manchmal schwer fällt, sich über die satirischen Passagen wirklich zu freuen. Die Stärke des Buches liegt definitiv in der Sprache: deftig, direkt, manchmal schonungslos, aber immer passend zur Thematik. Es ist diese Authentizität, die Strunk auszeichnet – man glaubt ihm jedes Wort, vor allem wenn man das Dorfleben (wenn auch 20 Jahre später) selbst kennt. Auch die präzise Wiedergabe der damaligen Schlager-Kultur und ihrer „Hits“ ist handwerklich großartig, aber langfristig auch ermüdend, wenn man mit dieser Musikkultur grundsätzlich wenig anfangen kann. Et is halt Kultur. Das große Problem des Buches: Es passiert einfach nichts. Die Episoden sind unterhaltsam, aber sie münden in nichts. Es gibt keine echte Entwicklung, keine klare Linie, keine Spannung. Die angerissenen Themen wie Spielsucht oder die Beziehung zu seiner Mutter werden erwähnt, aber nicht vertieft. Am Ende bleibt der Eindruck eines Werks, das zwar kurzweilig ist, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlässt – eine Aneinanderreihung von Episoden, die mehr wie Stichpunkte als wie eine zusammenhängende Erzählung wirken. Fazit: „Fleisch ist mein Gemüse“ ist ein authentischer Einblick in das Leben eines Jugendlichen vom Dorf in den 80er Jahren – ein Sittengemälde für Fans von Heinz Strunks derbem Humor. Doch wer auf eine packende Handlung oder tiefgehende Charakterentwicklungen hofft, wird enttäuscht. Das Buch ist kurzweilig, teilweise witzig, aber auch unglaublich trist und letztlich bedeutungslos. Für vier Stunden leichte Unterhaltung an Neujahr reicht es, aber mehr bleibt nicht hängen. Ich werde in diesem Leben wohl kein eingefleischter Strunk-Fan mehr. ⭐️⭐️