Eigentlich mag ich die Reihe von Helen Hoang wirklich gerne.
Ich finde es großartig, wie einfühlsam und authentisch sie das Thema Autismus darstellt – alle Protagonist*innen bewegen sich im Autismus-Spektrum, was selten so gut und nuanciert umgesetzt wird. Der letzte Band der Reihe, auf den man ja eine Weile warten musste (wenn man das Nachwort liest, versteht man auch warum), dreht sich um Anna, eine begabte Violinistin, die ihre Karriere nicht mehr fortsetzen kann – sie ist festgefahren, erschöpft, ausgebrannt. Relativ schnell wird klar, woher das kommt: Ihre Familie hat enorme Erwartungen an sie, und durch ihre Autismus-Diagnose fällt es ihr noch schwerer, diesen gerecht zu werden. Als wäre das nicht schon genug, eröffnet ihr langjähriger Freund Julian, dass er vor der Hochzeit noch “Erfahrungen sammeln” will – sprich: eine offene Beziehung. Anna ist überfordert, fühlt sich zurückgewiesen, und fragt sich, warum sie trotz aller Anstrengung nicht „normal“ genug ist. Auf Anraten ihrer Therapeutin und ihrer Freund*innen wagt sie ein Date – mit Quan, der ebenfalls mit eigenen Themen zu kämpfen hat. Die Dynamik zwischen den beiden hat mir richtig gut gefallen. Beide sind keine Klischee-Charaktere – zwar attraktiv, aber auf eine bodenständige, nicht stereotype Art. Beide tragen Verletzlichkeit und Stärke in sich, und das macht sie sehr greifbar. Ich habe das Buch auch ziemlich schnell durchgelesen, aber mein größter Kritikpunkt war Annas Familie. Ich verstehe, was die Autorin damit zeigen wollte – besonders den kulturellen Kontext in asiatischen Familien. Aber irgendwann war mir das zu viel und es hat sich in die Länge gezogen. Das Ende kam mir dann wiederum zu schnell und zu kitschig – fast zu „happy happy“, nachdem davor so viel Druck aufgebaut wurde. Ich glaube, ich bin mittlerweile einfach ein bisschen aus dem Genre rausgewachsen. Fazit: Ein gutes Buch mit wichtigen Themen, das ich definitiv weiterempfehlen kann – besonders an Leser*innen, die sich für neurodiverse Perspektiven interessieren. Für mich persönlich lag der Fokus zu sehr auf der familiären Belastung und zu wenig auf der Liebesgeschichte, die ich mir intensiver gewünscht hätte. Vieles passierte getrennt – und das hat man gemerkt.