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Bewertung:4

Wie kann Gott all das Leid in der Welt zulassen, wenn er ein gerechter Gott ist? Diese Theodizee-Frage stellte sich schon immer, vom biblischen Hiob bis zur heutigen Corona-Krise. Gerade heute Morgen stellt der Pfarrer bei seinen Gedanken in den Tag im Radio diese Frage. Passend zu diesem Buch. Leider gibt es viele Antworten auf diese Frage, aber ist die Richtige dabei, wenn man selbst in einer Krise steckt? Joseph Roth steckte in einer solchen Krise als er 1930 den Roman schrieb. Es sah das Unheil auf sich und seine jüdischen Mitbürger zukommen. Und so schrieb er eine moderne Hiob-Geschichte. Doch das Wort „modern“ passt aus heutiger Sicht gar nicht, denn unser Hiob heißt Mendel, ein alter, jüdischer Bibellehrer in Ostgalizien (heute Westukraine). Im Gegensatz zum biblischen Vorbild, der ein reicher, einzigartiger, gottesfürchtiger Mann war, ist Mendel lediglich gottergeben. Ansonsten ist er wie im Untertitel schon genannt, ein einfacher, armer, gewöhnlicher Mann. Zu seinen drei Kindern hat er keine innige Beziehung und die Liebe zu seiner Frau erkaltet zunehmend. Da bekommt sie doch nochmal ein Kind, doch der Junge scheint zurückgeblieben, motorisch wie geistig. Die Mutter liebt den Kleinen abgöttisch, so dass sich die drei Großen vernachlässigt fühlen. Der Älteste geht zur Armee, der Zweite wandert nach Amerika aus und das Mädchen wird dabei erwischt, dass sie sich heimlich mit einem Kosaken trifft. Das kann Mendel nicht akzeptieren und so beschließen sie, zusammen mit der Tochter dem Sohn nach New York nachzureisen, aber ohne den Kleinsten. Den übernehmen quasi die Nachmieter. Dies war die Stelle, die mich völlig aus der Geschichte herausgebracht hat. Die Idee nach Amerika zu reisen, war für mich nicht nachvollziehbar, und dann läßt man als gläubige Familie auch noch den Hilflosesten der eigenen Sippe zurück? Mendel ist ein langbärtiger, verschrobener, alter Mann. Was will der in den USA? Es bestand keine Not für diese Entscheidung. Letztlich wurde ich doch noch versöhnt, denn Mendel sieht seine Fehler am Ende ein. Die eigentliche Hiob-Geschichte beginnt dann in den USA. Nach und nach sterben seine Liebsten, doch er hält lange an Gott fest, bis er schließlich auch vom Glauben abfällt und um Gott zu strafen, Schweinefleisch im Nachbarviertel ißt. Mendel bricht mit Gott, aber nicht absolut. Die Gebetsutensilien bewahrt er doch noch auf. Und als er sich den Tod herbeisehnt, ergibt sich aus der Hiob-Geschichte auch noch eine Joseph-Geschichte, die mir dann am Ende eine Spur zu kitschig war. Vom Glück beseelt schläft Mendel mit dem letzten Satz ein. Fazit: Joseph Roth kopiert nicht einfach die biblische Geschichte in die Neuzeit. Er verändert die Charaktereigenschaften seines Hiobs in einigen, wesentlichen Punkten, was ich nach längerem Überlegen auch recht gut fand. Sprachlich ist das Werk ein Genuss, den Roth trifft mit einem sehr getragenen-poetischen Stil fast schon den biblischen Ton. Auch wenn ich mich zwischenzeitlich entzweit hatte mit Mendel, so habe ich am Ende doch noch mit ihm Frieden geschlossen. Er ist ein armer, dummer Mann, dem wenigstens am Ende ein Glück beschert ist. Das beantwortet dann aber immer noch nicht die Frage, nach dem Leid und dem gerechten Gott. Da findet dieser Roman auch keine Antwort darauf. Trotzdem lesenswert.

Hiob. Roman eines einfachen Mannes
Hiob. Roman eines einfachen Mannesvon Joseph RothAnaconda Verlag
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Bewertung:4

Wie kann Gott all das Leid in der Welt zulassen, wenn er ein gerechter Gott ist? Diese Theodizee-Frage stellte sich schon immer, vom biblischen Hiob bis zur heutigen Corona-Krise. Gerade heute Morgen stellt der Pfarrer bei seinen Gedanken in den Tag im Radio diese Frage. Passend zu diesem Buch. Leider gibt es viele Antworten auf diese Frage, aber ist die Richtige dabei, wenn man selbst in einer Krise steckt? Joseph Roth steckte in einer solchen Krise als er 1930 den Roman schrieb. Es sah das Unheil auf sich und seine jüdischen Mitbürger zukommen. Und so schrieb er eine moderne Hiob-Geschichte. Doch das Wort „modern“ passt aus heutiger Sicht gar nicht, denn unser Hiob heißt Mendel, ein alter, jüdischer Bibellehrer in Ostgalizien (heute Westukraine). Im Gegensatz zum biblischen Vorbild, der ein reicher, einzigartiger, gottesfürchtiger Mann war, ist Mendel lediglich gottergeben. Ansonsten ist er wie im Untertitel schon genannt, ein einfacher, armer, gewöhnlicher Mann. Zu seinen drei Kindern hat er keine innige Beziehung und die Liebe zu seiner Frau erkaltet zunehmend. Da bekommt sie doch nochmal ein Kind, doch der Junge scheint zurückgeblieben, motorisch wie geistig. Die Mutter liebt den Kleinen abgöttisch, so dass sich die drei Großen vernachlässigt fühlen. Der Älteste geht zur Armee, der Zweite wandert nach Amerika aus und das Mädchen wird dabei erwischt, dass sie sich heimlich mit einem Kosaken trifft. Das kann Mendel nicht akzeptieren und so beschließen sie, zusammen mit der Tochter dem Sohn nach New York nachzureisen, aber ohne den Kleinsten. Den übernehmen quasi die Nachmieter. Dies war die Stelle, die mich völlig aus der Geschichte herausgebracht hat. Die Idee nach Amerika zu reisen, war für mich nicht nachvollziehbar, und dann läßt man als gläubige Familie auch noch den Hilflosesten der eigenen Sippe zurück? Mendel ist ein langbärtiger, verschrobener, alter Mann. Was will der in den USA? Es bestand keine Not für diese Entscheidung. Letztlich wurde ich doch noch versöhnt, denn Mendel sieht seine Fehler am Ende ein. Die eigentliche Hiob-Geschichte beginnt dann in den USA. Nach und nach sterben seine Liebsten, doch er hält lange an Gott fest, bis er schließlich auch vom Glauben abfällt und um Gott zu strafen, Schweinefleisch im Nachbarviertel ißt. Mendel bricht mit Gott, aber nicht absolut. Die Gebetsutensilien bewahrt er doch noch auf. Und als er sich den Tod herbeisehnt, ergibt sich aus der Hiob-Geschichte auch noch eine Joseph-Geschichte, die mir dann am Ende eine Spur zu kitschig war. Vom Glück beseelt schläft Mendel mit dem letzten Satz ein. Fazit: Joseph Roth kopiert nicht einfach die biblische Geschichte in die Neuzeit. Er verändert die Charaktereigenschaften seines Hiobs in einigen, wesentlichen Punkten, was ich nach längerem Überlegen auch recht gut fand. Sprachlich ist das Werk ein Genuss, den Roth trifft mit einem sehr getragenen-poetischen Stil fast schon den biblischen Ton. Auch wenn ich mich zwischenzeitlich entzweit hatte mit Mendel, so habe ich am Ende doch noch mit ihm Frieden geschlossen. Er ist ein armer, dummer Mann, dem wenigstens am Ende ein Glück beschert ist. Das beantwortet dann aber immer noch nicht die Frage, nach dem Leid und dem gerechten Gott. Da findet dieser Roman auch keine Antwort darauf. Trotzdem lesenswert.

Hiob. Roman eines einfachen Mannes
Hiob. Roman eines einfachen Mannesvon Joseph RothAnaconda Verlag