14. Apr. 2024
Bewertung:5

Dies ist ein Buch, welches wie ein großer Gong auf mich wirkte beim Lesen und auch danach weiter hallt. So etwas hatte ich lange nicht mehr. Ich bin schlichtweg begeistert von diesen drei kurzen Reisenovellen, in dem wir den jungen Südafrikaner Damon auf seinen Reisen in Griechenland, Afrika und Indien begleiten. Die Namensgleichheit zwischen Autor und Protagonist ist kein Zufall, denn beide Figuren verschmelzen in der Erzählung oft ineinander, wenn der Autor sogar im selben Satz zwischen Dritter und erster Person springt. Damon ist ein Sucher auf seinen Reisen. Er sucht aber weniger nach visuellen Eindrücken und Sehenswürdigkeiten, sondern nach zwischenmenschlichen Bindungen. Da steckt so viel Sehnsucht in der knappen Art, wie der Autor seine Sätze formt, dass weniger die Geschichte bewegt als das Gefühl, welches beim Lesen entsteht. Klingt vielleicht wenig greifbar, ist aber auch schwer in Worte zu fassen. Ich empfand das Buch als sehr philosophisch und nach dem Lebenssinn suchend. Welche Bedeutung hat das eigene Sein auf der Welt? Was passiert, wenn man einen Ort verlässt, den man bereist hat? Niemand erinnert sich, das man je dort war. Alles verbleibt in unseren Erinnerungen. Damon denkt nie an die Zukunft, sondern lebt nur im Jetzt und in der Vergangenheit. Das hat mich vom Lesegefühl unheimlich an Milan Kundera und die unerträgliche Leichtigkeit des Seins erinnert. Das viele Reisen hat ihn zu einem ortlosen Subjekt gemacht, er steht außerhalb von allem, Geschichte ereignet sich woanders, hat nichts mit ihm zu tun. Er ist auf der Durchreise. […] Dabei ist er keineswegs zum Reisen geboren, die Umstände haben ihn gezwungen. Wenn er unterwegs ist, leidet er zumeist unter akuter Angst, die alles plastischer und lebendiger erscheinen läßt. Das Leben wird zu einer Kette ständiger Bedrohungen, er fühlt sich von allem abgeschnitten, hat ständig Angst vorm Sterben. Folglich ist er dort, wo er sich aufhält, selten glücklich, irgendetwas in ihm drängt immer schon zum nächsten Ort, und doch bewegt er sich nie auf etwas zu, sondern stets fort, fort. Dieser Charakterfehler hat das Reisen zur Krankheit werden lassen. Und da er immer weiterreisen muss, kann er keine echten Beziehungen aufbauen. Doch jedesmal, wenn er sich diesem Umstand bewusst wird, ist es zu spät und die Beziehung kann nicht mehr hergestellt werden. Dies zieht sich als roter Faden durch alle drei Erzählungen. Ein tolles Buch und zurecht auf der Shortlist des Booker-Prizes im Jahr 2010.

In fremden Räumen
In fremden Räumenvon Damon GalgutManhattan
23. Feb. 2024
Bewertung:5

Dies ist ein Buch, welches wie ein großer Gong auf mich wirkte beim Lesen und auch danach weiter hallt. So etwas hatte ich lange nicht mehr. Ich bin schlichtweg begeistert von diesen drei kurzen Reisenovellen, in dem wir den jungen Südafrikaner Damon auf seinen Reisen in Griechenland, Afrika und Indien begleiten. Die Namensgleichheit zwischen Autor und Protagonist ist kein Zufall, denn beide Figuren verschmelzen in der Erzählung oft ineinander, wenn der Autor sogar im selben Satz zwischen Dritter und erster Person springt. Damon ist ein Sucher auf seinen Reisen. Er sucht aber weniger nach visuellen Eindrücken und Sehenswürdigkeiten, sondern nach zwischenmenschlichen Bindungen. Da steckt so viel Sehnsucht in der knappen Art, wie der Autor seine Sätze formt, dass weniger die Geschichte bewegt als das Gefühl, welches beim Lesen entsteht. Klingt vielleicht wenig greifbar, ist aber auch schwer in Worte zu fassen. Ich empfand das Buch als sehr philosophisch und nach dem Lebenssinn suchend. Welche Bedeutung hat das eigene Sein auf der Welt? Was passiert, wenn man einen Ort verlässt, den man bereist hat? Niemand erinnert sich, das man je dort war. Alles verbleibt in unseren Erinnerungen. Damon denkt nie an die Zukunft, sondern lebt nur im Jetzt und in der Vergangenheit. Das hat mich vom Lesegefühl unheimlich an Milan Kundera und die unerträgliche Leichtigkeit des Seins erinnert. Das viele Reisen hat ihn zu einem ortlosen Subjekt gemacht, er steht außerhalb von allem, Geschichte ereignet sich woanders, hat nichts mit ihm zu tun. Er ist auf der Durchreise. […] Dabei ist er keineswegs zum Reisen geboren, die Umstände haben ihn gezwungen. Wenn er unterwegs ist, leidet er zumeist unter akuter Angst, die alles plastischer und lebendiger erscheinen läßt. Das Leben wird zu einer Kette ständiger Bedrohungen, er fühlt sich von allem abgeschnitten, hat ständig Angst vorm Sterben. Folglich ist er dort, wo er sich aufhält, selten glücklich, irgendetwas in ihm drängt immer schon zum nächsten Ort, und doch bewegt er sich nie auf etwas zu, sondern stets fort, fort. Dieser Charakterfehler hat das Reisen zur Krankheit werden lassen. Und da er immer weiterreisen muss, kann er keine echten Beziehungen aufbauen. Doch jedesmal, wenn er sich diesem Umstand bewusst wird, ist es zu spät und die Beziehung kann nicht mehr hergestellt werden. Dies zieht sich als roter Faden durch alle drei Erzählungen. Ein tolles Buch und zurecht auf der Shortlist des Booker-Prizes im Jahr 2010.

In fremden Räumen
In fremden Räumenvon Damon GalgutManhattan