Als aller erstes muss ich sagen, dass das Buch sehr weit außerhalb meiner Komfortzone war, deswegen hat es mir wahrscheinlich nicht so ganz gut gefallen wie es bestimmt vielen anderen gefallen könnte. Denn dies ist ein historischer Roman, vielleicht sogar der erste den ich gelesen habe.😅 die Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten, was sie für mich interessant gemacht hat. Außerdem bin ich medizinisch interessiert, also schon mal zwei Punkte warum ich das Buch gekauft habe. Der Anfang hat mir ganz gut gefallen, es war direkt ziemlich spannend, es ging erstmal um die Anfänge der Rechtsmedizin, genauer gesagt ging es ziemlich schnell um die Lungenschwimmprobe. Ab da nimmt die Geschichte dann seinen Lauf, auf knapp über 700 Seiten hat der Autor den kompletten Prozess der Anna Voigt, bis hin zu ihrer Verurteilung oder Freispruch. Da das ganze ab dem Jahr 1681 spielt, kann man sich vorstellen wie die Geschlechterrollen damals waren. Es gab von Anfang an Charaktere die ich wirklich gehasst habe, andere Charaktere haben einem Hoffnung gegeben… trotzdem gab es insgesamt sehr wenige Charaktere die mir wirklich sympathisch waren. Es war eine Geschichte über Ungerechtigkeit, Geltungsdrang, Religion… gerade das Thema Religion hat einen guten Einblick in das Gedankengut der damaligen Zeit geliefert. Was alles im Namen der Religion als gerechtfertigt angesehen war, ist aus der heutigen Sicht wirklich schockierend. Manche religiösen Texte und Predigten hätten für mich nicht unbedingt eingebaut werden müssen, ich verstehe warum der Autor sich dazu entschieden hat, aber für mich hatte das Buch dadurch einfach Längen die es nicht gebraucht hätte. Man verfolgt aber nicht nur Annas‘ Leben, sondern auch das Leben des Arztes, des Anwalts und das Leben von Anna‘s Vater. So bekommt man einen guten Überblick wie der ganze Prozess abgelaufen ist, welche Hürden es gab.. dabei kommen immer wieder die menschlichen Abgründe zum Vorschein. Es werden immer wieder Gewaltverbrechen, sexuelle Verbrechen, Mord und Folter thematisiert, also wer das nicht lesen kann, dann lest lieber ein anderes Buch. Insgesamt bin ich trotzdem froh es gelesen zu haben, auch wenn sich bestätigt hat, dass historische Romane einfach nicht meins sind. Ich fand es sehr interessant und spannend, der Autor hat sicher unglaublich viel Recherche in dieses Buch gesteckt und das merkt man auch. Die Übersetzung ist auf jeden Fall auch sehr gut gelungen, die Sprache war an das 17. Jahrhundert angepasst und ich hatte nie das Gefühl, dass Dialoge nicht genau so stattgefunden haben könnten.

Das ist die wahre Geschichte von Anna Voigt, die im Jahre 1681 im Alter von nur 15 Jahren des Mordes an ihrem neugeborenen beschuldigt wird. Anna kommt aus gutem Haus und ihre Eltern versuchen alles, um sie vor dem Todesurteil zu retten. Dafür engagieren sie Christian Thomasius, ein ehrgeiziger Anwalt, der stets bemüht ist, neue Denkanstöße zu setzen und die Menschen die Wissenschaft näher zu bringen und alte Vorurteile über Board zu werden. Dabei wird er von einem angesehenen Arzt unterstützt, der die Lungenschwimmprobe durchführte. Tore Rengberg hat hier einen gut recherchierten historischen Roman geschrieben, der durch seine verschiedenen Erzählperspektiven zu fesseln weiß. Für mich war das ein absolut spannendes Leseerlebnis, ich habe viel aus der damaligen Zeit und die vorherrschenden Umstände gelernt. Das Buch hatte durchaus auch seine Längen, doch tut das dem Gesamtbild des Romans keinen Abbruch und ich möchte eine Leseempfehlung für diejenigen aussprechen, die Interesse an historischen Romanen haben, oder für solche, die mehr darüber erfahren wollen, wie es vielen Frauen in der Neuzeit erging und mit welchen Hindernissen die moderne Medizin und Wissenschaft zu kämpfen hatte.
Ein historischer Roman ganz nach meinem Geschmack
Dieser historische Roman führt seine Leser:innen zurück in die Geburtsstunde der Gerichtsmedizin. Allein dieses Versprechen war für mich Grund genug, mich an die ca. 700 Seiten zu wagen. Tatsächlich nimmt der medizinische Teil mit der titelgebenden Lungenschwimmprobe einen eher geringen Teil der Geschichte ein. Aber sie ist der Stein des Anstoßes. Der Rest war nicht weniger interessant und offensichtlich ausgesprochen intensiv und sehr gut recherchiert. Beruhend auf einem historischen Gerichtsfall, kommen viele Stimmen zu Wort, die insgesamt ein bedrückendes Bild des Gerichts- und Rechtssystems im späten 17. Jahrhundert zeichnen. Einige Charaktere sind herauszuheben. Da ist natürlich die des Kindsmord beschuldigte Anna Voigt aus Zwenkau bei Leipzig. An Erzählraum nimmt jedoch ihr Vater Hans Heimrich Voigt insgesamt wohl den größten Raum ein. Seine Kapitel bekommen auch durch die von allen anderen abweichende Erzählweise ein besonderes Gewicht. Man spürt der Geschichte ab, dass dahinter als Autor ein Vater steht. Und auch sonst gibt sich der Autor ab und an selbst das Wort, erklärt, ordnet ein. Unter allen anderen Charakteren ist wohl der Leipziger Jurist und Publizist Christian Thomasius die schillerndste Person. Noch interessanter fand ich jedoch die mangels Quellen am stärksten fiktive, dennoch aber an anderen historischen Quellen orientierte Darstellung des Lebens des Leipziger Scharfrichters Christoph Heintze und seiner Familie. Auch die Sprache des Romanes mochte ich total, die einerseits ein Stück ins 17. Jahrhundert entführen will und dennoch dabei gut lesbar bleibt. Ein Balanceakt, der sehr gut gelungen ist inclusive einer tollen Übersetzungsleistung. Ich habe mich gerne ich diese Geschichte mitnehmen lassen und die Lektüre sehr genossen. Nun lese ich eher wenig historische Romane, fand dieses darunter aber allemal herausragend. Große Leseempfehlung.
Das ist die Geschichte von Anna Voigt, die 1681 nach einer Totgeburt des Kindsmordes angeklagt wurde. Es ist auch die Geschichte von Christian Thomasius, einem jungen aufstrebenden Anwalt, der ihr Rechtsbeistand war und der seine Verteidigung auf einer zu diesem Zeitpunkt ganz neuen wissenschaftlichen Methode, der Lungenschwimmprobe, aufbaute. Christian Thomasius wird später einer der Mitbegründer der Universität Halle sein und einen bedeutenden Anteil am Ende der Folterstrafen und Hexenverbrennungen haben. Tore Renberg hat einen hoch interessanten historischen Roman in einer sehr schönen Sprache (zumindest die Übersetzung ist großartig!) geschrieben, die sehr gut in die Zeit passt aber für uns trotzdem fließend lesbar ist. Die historischen Ereignisse rund um Anna Voigt und Christian Thomasius scheinen sehr gut recherchiert. Der Kampf, wissenschaftliche Erkenntnisse gegenüber Kirche und Obrigkeit durchzusetzen, die Brutalität des Alltags, die Banalität der Brutalität (zum Beispiel die Beschreibung des Familienlebens des Scharfrichters) und die ausweglose Situation der Frauen in dieser Zeit sind sehr gut und authentisch beschrieben. Der Roman ist stellenweise grausam und ich musste über einige Szenen hinweg lesen, weil ich sie nicht ertragen konnte. Das tut aber meiner Begeisterung für dieses Buch keinen Abbruch. Die Geschichte von Anna Voigt muss erzählt werden, heute - angesichts der politischen Entwicklungen auf der ganzen Welt - umso dringender.
Sehr interessantes Thema, hat sich für mich aber schon etwas in die Länge gezogen.
Sehr interessant zu lesen, hatte aber definitiv auch seine Längen. Etwas (rechts-)geschichtliches Interesse braucht man definitiv!

Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, wie genial dieses Buch ist, um auch nur ansatzweise diesem großartigen Werk gerecht zu werden.
🫁 𝘍𝘶̈𝘳 𝘦𝘪𝘯𝘦𝘯 𝘍𝘢𝘭𝘭 𝘸𝘪𝘦 𝘥𝘪𝘦𝘴𝘦𝘯 𝘸𝘢𝘳𝘦𝘯 𝘥𝘪𝘦 𝘡𝘦𝘪𝘵𝘦𝘯 𝘮𝘪𝘴𝘦𝘳𝘢𝘣𝘦𝘭. ⁽ᵁᴺᴮᴱᶻᴬᴴᴸᵀᴱ ᵂᴱᴿᴮᵁᴺᴳ ⁻ ˢᴱᴸᴮˢᵀᴷᴬᵁᶠ⁾ 💭 Ich lese selten historische Romane, doch das Cover und das Thema des Beginns der modernen Rechtsmedizin haben mich neugierig gemacht. Und was soll ich sagen, Tore Renbergs 𝘋𝘪𝘦 𝘓𝘶𝘯𝘨𝘦𝘯𝘴𝘤𝘩𝘸𝘪𝘮𝘮𝘱𝘳𝘰𝘣𝘦 hat mich schließlich vollkommen begeistert. Der Roman basiert auf dem wahren Fall der 15-jährigen Anna Voigt, die 1681 in Sachsen des Kindsmords beschuldigt wurde. Renberg schildert die Ereignisse so unglaublich lebendig, dass ich das Gefühl hatte, selbst dabei zu sein. Dies liegt nicht nur an der akribischen Recherche und den detailliert beschriebenen Figuren, sondern auch daran, dass der Autor immer wieder eigene Anmerkungen einbringt, wodurch es sich anfühlte, als würde ich gemeinsam mit ihm die Geschehnisse verfolgen. Die Erzählung folgt nicht strikt einer chronologischen Reihenfolge aus einer einzigen Perspektive. Stattdessen erhalten wir Einblicke in verschiedene Figuren wie Christian Thomasius: Ein junger Rechtsgelehrter, der den Fall von Anna Voigt übernehmen möchte; Annas Vater: Seine Gedanken und Gefühle, wie er sich in Rache verliert; Balladen und Märchen, die die Geschehnisse aufgreifen und das Bild der Zeit vervollständigen; und noch viele weitere. Besonders bewegend war es, Annas Schicksal zu verfolgen, insbesondere mit dem Wissen, dass all dies auf wahren Begebenheiten beruht. Oft hatte ich beim Lesen eine Gänsehaut, vor allem gegen Ende des Buches. Es fällt mir schwer, in Worte zu fassen, wie genial dieses Buch ist, um auch nur ansatzweise diesem großartigen Werk gerecht zu werden. Ich kann es jedoch jedem ans Herz legen: Lest dieses Werk! Das ist Literatur! Für mich ist es definitiv ein Jahreshighlight und ich werde es sicherlich erneut lesen. Eine große Empfehlung! Liebs einfach. ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ ♥️ mange takk @tore for dette flotte mesterverket
Bewegend erschütternd und unglaublich spannend .
Anfangs dachte ich, dass ich einen ganz netten historischen Roman vor mir habe. Manchmal musste ich das Buch zur Seite legen und manchmal war ich zu erschüttert um weiter zu lesen. Kaum war die Kirche fertig mit der Hexenverfolgung fand sie einen anderen Weg junge Frauen zu quälen und umzubringen. Anna Voigt bringt ein totes Kind zur Welt und wird des Kindsmords beschuldigt. Über mehrere Jahre ist ihr Urteil ungewiss und die gesamte Familie wartet und verzweifelt. Danach folgt totale Isolation, Gewalt und Leid. Die gesamte Familie schlittert in den Abgrund. Währenddessen versuchen ein Anwalt und ein Arzt ihre Unschuld zu beweisen. Der Roman gibt tiefe Einblicke in das Justiz und Kirchen System im 17 Jahrhundert welche eng miteinander verbunden waren. Meiner Meinung nach waren die Einblicke in Thomasius leben ein bisschen überschattend und zu einnehmend. Annas Geschichte ist immer wieder in den Hintergrund gerückt.
„Die Lungenschwimmprobe“ von Tore Renberg ist ein unnötig langatmiger Roman, der sich leider als echte Geduldsprobe erweist. Die Geschichte zieht sich ohne ersichtlichen Grund in die Länge, und trotz einzelner interessanter Ansätze bleibt die Handlung zäh und ermüdend. Die Charaktere wirken blass, und es fehlt jegliche emotionale Tiefe, die das Lesen lohnenswert machen könnte. Statt fesselnder Erzählkunst bekommt man hier ausschweifende Passagen, die mehr Frust als Freude bereiten. Alles in allem war es eine Qual, sich durch dieses Buch zu ackern – der einzige Lichtblick ist die wirklich ästhetische und zum Buch passende Cover-Gestaltung.
Die Lungenschwimmprobe bildet „nur“ die Grundlage für diesen großartig recherchierten und meisterhaft verfassten Roman. Grandios vertont!

Mit „Die Lungenschwimmprobe - Verteidigung einer jungen Frau, die des Kindsmords bezichtigt wurde“ hat Tore Renberg ein Buch geschrieben, das wahre historische Ereignisse mit fiktionalen Elementen verwebt. Unter Bezugnahme auf zwei Originalquellen erzählt er die Geschichte der fünfzehnjährigen Anna Voigt, deren Kind tot geboren wurde. Da sie zuvor nichts von ihrer Schwangerschaft geahnt hatte, geschieht dies in Heimlichkeit - und dies genügt nach dem im Jahr 1681 geltenden Strafrecht, um Anna wegen des Mordes an ihrem Kind anzuklagen. Von „in dubio pro reo“ keine Spur: Der heutige Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ wird sich im Laufe der frühen Aufklärung erst noch etablieren. Die Geschichte wird aus häufig wechselnden Perspektiven erzählt, wobei Tore Renberg stets kennzeichnet, welche Teile der Realität und welche seiner Fantasie entsprungen sind. Stellenweise schiebt er auch seine eigene Sichtweise ein: „(…) mich überkam der plötzliche Drang, dich zu umarmen und dir zu sagen, dass es mir leid tut, was wir dir angetan haben, anders kann man es nicht sagen, die Geschichte der Welt ist auch die Geschichte des männlichen Bedürfnisses, Frauen kleinzumachen.“ Während die sogenannten Hexenverbrennungen vielen ein Begriff sind, wird der Augenmerk hier auf ein weniger bekanntes, aber sehr vergleichbares dunkles Kapitel deutscher Geschichte gelegt, in dem Frauen erneut dafür bestraft werden, dass sie Frauen sind: „Die Pfarrer hatten in diesen bedauernswerten Frauen (…) das perfekte Symbol gefunden für alles, voran das Land krankte - Krieg, Pest, Armut, Hungersnot, Unzucht.“ Gerade die realen und teils sehr sachlich erzählten Elemente der Geschichte habe ich deshalb als besonders schockierend empfunden. Wer historisch interessiert ist und besonders etwas über die Geburtsstunde der Rechtsmedizin oder den Übergang vom deutschen Mittelalter in die frühe Phase der Aufklärung erfahren möchte, wird mit diesem Buch viel anfangen können. Der Autor bedient sich dabei einer modern gut verständlichen, historisch angehauchten Sprache. Das wirkt zwar sehr authentisch, hatte für mich aber den Effekt, dass ich nicht wie sonst in einen richtigen Lesefluss gefunden habe. Da ich den Inhalt aber so spannend fand, habe ich es trotzdem innerhalb weniger Tage gelesen und kann es sehr empfehlen.
Wirklich ein einzigartiges Buch, allerdings mit einigen Längen und unnötigen Szenen. Sprachlich aber top!

Mich hat das Cover neugierig gemacht und als ich gelesen habe, worum es geht, war klar, ich muss dieses Buch lesen. Wir haben hier eine besondere Mischung aus historischem Roman, der im barocken Leipzig spielt, wahre Begebenheiten und auf eine spezielle Weise einen True Crime Anteil. Das Eintauchen ins Buch hat mir gut gefallen, wobei ich schnell gemerkt habe, dass ich mich etwas mehr als sonst beim Lesen konzentrieren musste, was ich aber nicht als negativ empfunden haben. Wir erleben Annas Geschichte und einen intensiven Einblick in die damalige Zeit, was die Rechtsprechung und die medizinische Entwicklung betrifft, was ich ultra spannend fand. Tore Renberg hat Fiktion und Wahrheit so geschickt verknüpft, dass ich das Gefühl hatte, alles gut unterscheiden zu können und eine tolle Story ohne Stolpersteine erlebt zu haben. Außerdem hat er es geschafft mich in die damalige Epoche zu katapultieren, weil ich gefühlt hautnah bei allem dabei war und die Settings förmlich sehen konnte. Auf der einen Seite wurde ich sehr gut unterhalten und auf der anderen Seite habe ich auch etwas dazugelernt, was in Kombination genial war. Die Charakterzeichungen waren sehr unterschiedlich, somit facettenreich, interessant, liebenswert, verwirrend, unsympathisch und im Zusammenspiel passend abgestimmt, ohne dass es gestellt oder erzwungen wirkte. Deshalb haben mir die einzelnen Rollen mehr als nur gut gefallen und mich zusätzlich zum Verlauf gefesselt. Der Autor konnte zusätzlich punkten, indem es am Ende Zusatzmaterial in Form von Texten und Karten gibt, die über einen QR-Code zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt, und das ist mein einziger Kritikpunkt, hätte ich mir trotz Begeisterung, vielleicht hundert oder hunderfünfzig Seiten weniger gewünscht, dann wäre diese Geschichte perfekt für mich gewesen. „Die Lugenschwimmprobe“ ist ein außergewöhnlicher Roman, der mir auf allen Ebenen sehr gut gefallen hat und unvergessen bleibt. Happy reading! Jasmin ♡
Frauenhass
Dieser Roman hat es in sich, reibt auf und erzählt ein weiteres dunkles Kapitel historischen Frauenhasses. Um ehrlich zu sein wurde ich von der Wucht dieses Textes nach den ersten Kapiteln derart überrumpelt, dass ich aus der Schockstarre gar nicht mehr herausgekommen bin. Dabei dümpelte die Geschichte scheinbar (!) zunächst so dahin, während wir dem Arzt Johannes Schreyer bei der Obduktion eines Säuglings über die Schulter schauen und später den Anwalt Christian Thomasius kennenlernen, welcher die Mutter und angebliche Kindsmörderin vertreten wird. Nicht falsch verstehen: All das und die Informationen rund um die titelgebende Lungenschwimmprobe waren sehr interessant, jedoch offenbarte sich im Mittelteil des Buches der wahre Kern und die Tragik dieser Geschichte. Und so historisch bedeutsam die Namen der beiden Herren oben auch sein mögen, sollte man sich vor allem den Namen Anna Voigt merken, deren Schicksal nicht nur einem selbst das Herz zerreißt, sondern auch einige Protagonisten um den Verstand bringt. Tore Renberg zeigt mithilfe fantastischer Recherche und erzählerischer Feinfühligkeit die Ausmaße von Misogynie und der abscheulichen Willkür des sogenannten „Rechtssystems“ im 17. Jahrhundert, was einem wirklich schlaflose Nächte bereiten kann. Auch stilistisch ist der Roman durch die Kombination unterschiedlicher Erzählmodi ein einzigartiges Fundstück und somit nicht nur ein informativer Text, sondern ein Gesamtkunstwerk.
Zunächst einmal möchte ich den Hut ziehen, vor diesem monumentalem Werk. Angefangen bei dem grandiosen Cover mit einer Illustration von Lotta Kühlhorn, und der Gestaltung der Buchinnenseiten am Anfang und am Ende. Hier werden die Alterungsprozesse von einem Mann und einer Frau historisch dargestellt. Das alles ist sehr detailverliebt und wirklich schön. Bis hin zu der akribischen Recherche des Autors. Der Roman ist jedoch ebenso detailverliebt. Erzählt wird, unter anderem, die Geschichte von Anna, die ihr Kind nach der Geburt getötet haben soll. Im Jahr 1681 ein Grund für Folter und Hinrichtung. Allein das sie sich hat schwängern lassen ist in diesen Zeiten Zeichen genug für ihre Liederlichkeit. Wen interessiert es, ob sie mit 14 Jahren den Geschlechtsakt überhaupt wollte? Niemanden. Was folgt ist die Denunziation und eine Anklage. Der Vater kämpft für seine Tochter und der engagierte Anwalt lässt spitzfindig die neumodische Lungenschwimmprobe durchführen. Diese ergibt, da die Lunge im Wasser nach unten sinkt, dass das kleine Mädchen bei der Geburt bereits tot war. Was interessiert das die Oberen, die sie vor Gericht sehen wollen? "... anders kann man es nicht sagen, die Geschichte der Welt ist auch die Geschichte des männlichen Bedürfnisse, Frauen kleinzuhalten." Über 700 Seiten wird der, über Jahre andauernde, Prozess von Anna erzählt, diese allerdings auf weiten Strecken aus den Augen verloren. Vielmehr geht es um den Anwalt Christian Thomasius und seinem Wirken. "Das Gericht, sagt er, ist ein Schlachtfeld. Oft sind Menschen in diesem Kampf die Opfer. Ich würde mir wünschen, das hätte ein Ende." Genau wie der Anwalt, kommt auch der Autor gerne ins weitschweifende Plaudern, was zu einigen Längen führt. Auch meldet sich der Tore Rensberg zwischendurch selbst zu Wort und kommentiert das Geschehen. Der Roman beruht auf waren Begebenheiten und lässt sich sehr gut und flüssig lesen. Wer sich für historische Romane interessiert, den wird dieses Werk sicherlich begeistern. Respekt vor der, sicherlich nicht leichten, Arbeit der Übersetzerinnen👌

Verteidigung einer jungen Frau, die des Kindsmords bezichtigt wurde!
Der Roman ist verfasst wie ein Gerichtsprotokoll. Das bedeutet sehr lange Kapitel, eine Sprache aus der Zeit und damit viele Schachtelsätze und altmodische Formulierungen. Wir erfahren nur das, was in Protokollen überliefert wurde und dazu ein paar fiktive Fakten, wo der Autor sich sogar direkt an den Leser wendet. Man bekommt ein gutes Gespür für den historischen Bewegungsraum der Figuren. Die Dialoge und Marotten der Charaktere sprühen demgegenüber vor Leben und Details. Nicht nur die herausragende Recherchearbeit glänzt hier im Vordergrund, sondern auch das Gespür für die Zeit, die Emotionen der Beteiligten und der zähe Verlauf der Verhandlung. Das ist auch mein einziger Kritikpinkt. Ab der Mitte zieht es sich doch etwas und es treten ein paar Wiederholungen auf, wo man Durchhaltevermögen zeigen muss. Es gibt immer mal wieder Momente für die sich die Geduld auszahlt, wie zum Beispiel Gedicht, Märchen oder Mythen, die spielerisch in die Handlung gewoben wurden. Am Ende des Buches ist ein QR-Code bzw. ein Link, der zu einer Datei führt in der die verwendete Sekundärliteratur, ein Namensverzeichnis historischer Personen und Abbildungen zu finden sind. Angesichts der Länge des Buches ist verständlich, weshalb der Verlag dies nicht mit in den Roman aufgenommen hat und ich finde es hilfreich, dass ich so einen Blick auf die Quellen werfen konnte. Wobei eine Karte und ein Register noch Platz im Buch gefunden hätten. Abschließend ist es ein einzigartiger Roman, der sehr sorgfältig und zeitaufwendig recherchiert wurde und mit Fingerspitzengefühl und Herzblut geschrieben. Sehr zu empfehlen allen die wirklich Interesse an der Zeit, dem Umschwung des Denkens und Gerichtsprozessen haben, sonst könnte das Buch etwas langatmig werden.
Das Buch entführt einen ins Jahr 1681 nach Leipzig. Anna Voigt wird beschuldigt ihr neugeborenes Kind nach der Geburt, getötet zu haben. Der tote Säugling wird allerdings gefunden, da dieser im Kräutergarten begraben wurde. Von da an wird Anna beschuldigt, als Kindsmörderin. Ihr Vater nimmt sich einen Anwalt Christian Thomasius und versucht mit allen Mitteln, Anna aus dieser Situation zu befreien. Die Zeit in der das Buch spielt ist voller Gewalt, Pietät und Aberglaube, was der Autor sehr gut aufgegriffen hat. Der Roman ist historisch recherchiert worden und viele Charaktere des Buches haben wirklich gelebt. Das fand ich besonders spannend. Ich mochte den Schreibstil und konnte mich sehr gut in diese Zeit fallen lassen. ▪️ Thomasius ▪️Kindsmörderin ▪️Rechtsmedizin ▪️Schreyer ▪️Lungenschwimmprobe ▪️Gerüchte ▪️Scharfrichter ▪️Carpzov ▪️Scheinheilig ▪️zum Tode verurteilt ▪️Rache
Der Autor Tore Renberg war mir bis dato nicht bekannt, obwohl vier seiner Bücher in Deutschland erschienen sind. Die Thematik dieses aktuellen Buches hat mich aber interessiert. Tore Renberg nimmt uns mit in die Jahre 1681-1696. Der 30jährige Krieg liegt 33 Jahre zurück und gerade geht letztmalig die Pest über Leipzig. Die gerade einmal 15 Jahre junge Anna Voigt ist angeklagt, ihr neu geborenes Kind getötet zu haben. In dem spektakulären Fall verteidigt sie der Rechtsgelehrte Christian Thomasius mit Hilfe von Doktor Johannes Schreyer. Ein Buch mit 702 Seiten muss mich zügig in die Geschichte ziehen, damit ich es nicht wieder weg lege. Und genau das ist diesem Werk gelungen. Man muss bereit sein, sich teilweise auf eine ungewöhnliche Sprache einzulassen und durchaus ein Faible für Medizin und Rechtsprechung haben, damit man sich für das Buch begeistern kann. Der Autor hat jahrelang recherchiert und erzählt die Geschichte der Anna Voigt gespickt mit diversen wahren Begebenheiten. Ich kann das Buch trotz manchen Schachtelsätzen, etwas langatmigen Passagen und Sprüngen in Zeit und Perspektiven absolut empfehlen. Manche Szenen sind brutal und haben mich schauern lassen, aber ich denke, sie sind den damaligen Situationen nachempfunden.
Sternebewertung fiktiv
Tore Renbergs historischer Roman basiert auf einem wahren Kriminalfall aus Deutschland und entführt uns in das Jahr 1681, mitten ins alte Leipzig. Übersetzt von Karoline Hippe und Ina Kronenberger, erzählt der Roman eine ergreifende Geschichte von Schuld, Aberglauben und den frühen Anfängen der modernen Wissenschaft. Im Mittelpunkt steht die Tochter eines Gutsherrn, die des Kindsmordes und der Unzucht beschuldigt wird. Ein toter Säugling mit Stichwunden wird gefunden und der angesehene Arzt Dr. Schreyr soll durch seine Untersuchung klären, ob das Kind bereits tot geboren wurde. In einer Zeit, in der Religion die Oberhand hat und neue wissenschaftliche Methoden Misstrauen hervorrufen, sind Schreyrs Untersuchungen eine Gradwanderung zwischen Medizin und Ketzerei. Renbergs Roman ist nicht nur inhaltlich überzeugend, sondern auch handwerklich eindrucksvoll gestaltet: Die Kapitelüberschriften sind kleine, eigenständige Geschichten, die sich zu einem strukturierten und mitreißenden Ganzen fügen. Die lebendigen Charaktere und die düsteren, unbarmherzigen Umstände jener Zeit lassen den Leser unmittelbar an den Konflikten und Ängsten der Protagonisten teilhaben. Mit seinen etwa 700 Seiten bietet das Buch eine eindringliche Reise durch das historische Leipzig, in eine Epoche, in der die Gesellschaft an der Schwelle zur modernen Medizin steht, während Religion noch das Gesetz bestimmt. Wer bereit ist, tief in die Welt des 17. Jahrhunderts einzutauchen und eine Geschichte voller Spannung und Atmosphäre zu erleben, wird von diesem Roman nicht enttäuscht sein – ein Werk, das in seiner Vielschichtigkeit und Detailtreue begeistert. Das Nachwort ist diesmal auch sehr spannend übrigens. Es erzählt den Schaffensprozess und die jahrelange Recherche des Autors
Gemischte Gefühle
Ich habe das Buch abgebrochen. Viele Seiten lang habe ich mich teils gequält. Dabei war der Anfang so vielversprechend! Die medizinischen Themen genau mein Ding und alles auf Tatsachen beruhend! Das positive: Das Cover ist ein Meisterwerk in der Gestaltung! Richtig schick und ansprechend. Ich finde, dass es genau das Buch widerspiegelt. Genauso positiv finde ich, dass die Szenerie sehr detailliert beschrieben wird. Manchmal etwas zu sehr. Jede noch so kleine Person wird im Detail wiedergegeben. Was der ganzen Welt und den Personen eine unheimliche Tiefe gibt. Nun; das negative. Das schließt genau an dem Punkt an. Für mich war es teilweise zu detailiert. Der bereits stockende und anspruchsvolle Schreibstil hat das noch verstärkt. Leider konnte ich keine 10 Seiten flüssig lesen. Das hat letztendlich zu meinem Abbruch geführt. Die Geschichten und was passiert interessiert mich brennend. Vielleicht greife ich nochmal auf das Buch zurück.
Die Lungenschwimmprobe von Tore Renberg – ein sehr interessanter Historienroman nach wahrer Begebenheit. Der Schneidersohn Hans Heinrich Voigt wird Erbe eines Gutes in der Nähe von Leipzig. Da er kein offiziell geborener Adeliger ist, hat er es schwer und muss sich regelrecht gegen Neider beweisen. Es gibt genug Menschen, die Ihn nicht anerkennen und teilweise sogar hassen, wie der Amtsmann Walther, aber auch seine eigene Köchin. Nun wird seine 15-jährige Tochter Anna ungewollt schwanger. Die Schwangerschaft wird bis zum Schluss geheim gehalten. Und dann kommt dieses Kind auch noch still zur Welt. Die Gegner des Herrn Voigts glauben nicht an die stille Geburt, sondern an eine Kindstötung, weswegen Anna nun wegen dieser vor Gericht steht. Ihr droht der Tod. Doch es gibt Menschen, die die Unschuld der Anna beweisen möchten. Zum einen gibt es den Arzt Schreyer, welcher sehr gebildet ist und sich an das Experiment der ‚Lungenschwimmprobe‘ traut. Und da gibt es auch noch den Anwalt Thomasius, der diesen Fall übernimmt, obwohl er aussichtslos scheint. Da ist auch noch der wohlhabende Herr Voigt, Vater der Anna, welcher jederzeit an ihre Unschuld glaubt und diese mit allen Mitteln rechen möchte. Dieses Buch ist sehr gut recherchiert und zeigt sehr schön die Anfänge der Rechtsmedizin. Es ist allerdings etwas schwieriger zu lesen, da es zwischen den einzelnen Perspektiven (Vater, Arzt, Tochter, Anwalt, Amtsmann, etc) und Zeiten springt. Die Sprache im Buch entspricht der aus der damaligen Zeit, was die Schwierigkeit beim Lesen etwas erhöht, aber das Buch so auch authentischer wirken lässt. Dieses Buch ist für mich wahnsinnig interessant, da ich selbst aus dem medizinischen Bereich komme und mich die historischen Begebenheiten schon immer begeistert haben. Es gibt mir einen sehr guten Einblick in die damaligen Verhältnisse. Lediglich die einzelnen Charaktere werden etwas oberflächlich behandelt. Die Anna wird zum Beispiel ‚einfältig‘ genannt, doch es kommt nie wirklich durch, warum das so ist. Das Cover des Buches passt sehr gut zum Thema. Die ‚Dicke‘ des Buches täuscht. Es wirkt schmäler als es mit seinen 700 Seiten, welche sehr dünn sind, ist. Alles in allem fand ich dieses Buch gut und spannend und kann es jedem empfehlen, der gern Historische Romane und Sachbücher aus dieser Zeit mag.
Medizingeschichte finde ich super spannend, deswegen hat sich "Die Lungenschwimmprobe" nach einem Buch angehört, das mir gefallen könnte. Allerdings war es deutlich mehr Rechts- als Medizingeschichte und viele der Erzählerstimmen hören sich einfach gerne reden und erzählen bis ins kleinste Detail. Das liegt aber auch am Schreibstil des Autors, der diese Eigenheit nicht nur seinen Protagonisten andichtet, sondern selbst auch immer wieder Kommentare aus der Gegenwart einwirft und in einem Kapitel einen Teil der Recherche beschreibt - ganz wichtig ist dabei natürlich, dass der Leser erfährt, was er dabei gegessen bzw. getrunken hat 🙃 Die Sprache orientiert sich an der des 17. Jahrhunderts, was es manchmal etwas schwerfällig zu lesen macht. Das Cover gefällt mir dagegen wirklich gut und passt mit den stilisierten Lungenflügeln gut zum Thema - ist allerdings auch etwas irreführend, weil der medizinische Aspekt nur einen kleinen Anteil an der Geschichte hat. Auf eine gewisse Art und Weise, war es ein spannendes Buch, aber auch teilweise sehr dröge. Ich war froh, als ich die letzte Seite gelesen hatte, da es sich über weite Teile eher wie ein Geschichtsbuch, als ein Roman angefühlt hat...
War gut. Nur die Schreibart von der damaligen Zeit ist für mich etwas schwierig gewesen