Franz Kafka ist ein ganz eigenes Phänomen. Seine Werke sind anders, düster, seltsam, und in den Augen vieler wohl ohne Botschaft oder Moral. Dass hinter solchen Werken auch ein seltsamer, wohl gequälter Mensch stecken muss, ist eigentlich klar. Kafka wollte nie, dass seine unveröffentlichen Werke, Tagebücher oder Korrespondenz nach seinem Tod veröffentlicht werden. Es wurde sich aber darüber hinweggesetzt. Dies ist zum einem ein Glück für uns, zum anderen schon irgendwie unverschämt. Nachdem ich dieses Buch gelesen habe (bzw bereits nach den ersten Seiten) ist mir klar, warum er diesen Wunsch hatte. Denn Kafka war ein sehr unsicherer Mensch. Voller Zweifel und Selbstkritik. Durch seine Briefe an seine erste Verlobte Felice, die in diesem Buch über 5 Jahre gehen, lernt man den Autor kennen. Man bekommt tiefe Eindrücke in sein Leben und vor allem sein Leiden. Er leidet unter furchtbaren Zweifeln und Ängsten und "quält" damit auch Felice. Ich konnte dieses Buch, gerade Anfangs, nur in kleinen Etappen lesen, denn es ist sehr anstrengend. Auf der einen Seite war ich fasziniert von Kafkas Gedanken und von seinen Worten, aber auf der anderen Seite konnte ich diese Unsicherheit manchmal kaum ertragen, vor allem, wenn sich über Seiten alles nur darum drehte, Vorwürfe an Felice, dann die Entschuldigung, das Flehen um Verzeihung, die Ansicht, dass er das Verzeihen doch gar nicht verdient... Manchmal wollte ich ihn nehmen und schlagen. Doch man sieht in den Briefen auch Kafkas emotionale Entwicklung. Generell finde ich ist dies eher ein Buch, das man in richtiger Stimmung aus dem Regal nimmt und einfach ein paar Briefe liest, dann gefällt es einem sicher besser, als wenn man es an einem Stück liest. Fazit: Auch wenn ich mit zeitweise schwer mit dem Buch getan habe, hat es mir gut gefallen und ich sehe Kafka und auch seine Geschichten jetzt aus einer anderen Perspektive.
Invalid Date15. Jan. 2024
Briefe an Felicevon Franz KafkaFISCHER Taschenbuch