
Ein literarisch wie gesellschaftlich hochrelevantes Buch – klug, mutig, zutiefst erschütternd. Ein absolutes Must-Read in diesen Zeiten.
Ein Roman wie ein Stich ins Herz – Die spürst du nicht von Daniel Glattauer, erschienen im Zsolnay Verlag, trifft mit voller Wucht. Ich habe das Buch an einem einzigen Tag gelesen, konnte es nicht mehr aus der Hand legen – und war danach wie benommen. Zurück bleibt ein Gefühl von Fassungslosigkeit, Nachdenklichkeit und einer tiefen Erschütterung. Dieses Buch lässt einen nicht los. Was zunächst mit tiefschwarzem österreichischem Humor beginnt – entwickelt sich bald zu einem beklemmenden, komplexen Drama. Zwei österreichische Familien verbringen gemeinsam einen luxuriösen Sommerurlaub. Mit dabei ist ein geflüchtetes Mädchen, eine Freundin der Tochter. Die Situation scheint auf den ersten Blick offen und herzlich – bis alles in einer Katastrophe endet. Was danach folgt, ist das eigentliche Zentrum des Romans: Glattauer analysiert mit großer sprachlicher und psychologischer Feinfühligkeit die juristischen, gesellschaftlichen und persönlichen Folgen. Er zeichnet mit schonungsloser Genauigkeit nach, wie Verantwortung verschoben, Schuld verdrängt, Moralgrenzen ausgelotet und Wahrheiten zurechtgebogen werden. Die mediale Dynamik, die öffentliche Empörung, das private Schweigen – alles greift ineinander und wirkt bedrückend realistisch. Die spürst du nicht zeigt eindrücklich, dass wir unseren Umgang mit Geflüchteten nicht nur überdenken müssen – wir müssen endlich genauer hinsehen und vor allem hinhören. Es ist ein Roman, der nicht nur anklagt, sondern aufdeckt: wie fragil unsere Überzeugungen sind und wie schnell unsere Werte ins Wanken geraten, wenn es unbequem wird.