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Dieses Buch habe ich nicht einfach gelesen, ich habe es mit Bleistift, Lineal und Textmarkern regelrecht "durchgearbeitet" - und das mit großem Vergnügen und einem bereicherten Gefühl nach der Lektüre. Auf fast jeder Seite fand sich mindestens eine Passage, die ich mit einem Ausrufezeichen oder Pfeilen versehen habe, um sie später leichter wiederzufinden. Da auch ich nichts von "Erziehung" im klassischen Sinne mit "Reiß dich zusammen-Appellen", Bestrafen und in Stein gemeißelten Regeln halte, sind mir die Gedanken von Nora Imlau schon früh in Büchern und einschlägigen journalistischen Publikationen zum Thema Elternschaft und Familie begegnet und ich konnte mich sogleich damit identifizieren. Einen bedürfnisorientierten, begleitenden Weg mit meinem Kind zu gehen war von Anfang an mein Ziel, auch wenn ich Begriffe wie "Attachment Parenting" etc. vor der Geburt meiner jetzt vierjährigen Tochter noch nie gehört habe. Hier kommt Nora Imlau ins Spiel. In ihren Texten nimmt sie uns an die Hand bei unserem Vorsatz, es "anders" machen zu wollen und eine liebevolle Eltern-Kind-Beziehung auf Augenhöhe zu leben. In "Mein Familienkompass" steckt ihr gesammeltes theoretisches Wissen als langjährige Journalistin mit Schwerpunkt Familie und auch die praktische Erfahrung als Mutter von vier Kindern (vom Baby bis zum Teenager). “Hinterfragen der eigenen Glaubenssätze”, “gemeinsame familiäre Wertebasis schaffen”, “den Nordstern finden”, Frühkindliche Prägung, Co-Regulation, Zugewandtheit, Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit, Selbstoptimierung, künstliche vs. natürliche vs. persönliche Konsequenzen - Das alles sind Begriffe und Formulierungen, mit denen Nora Imlau operiert und anhand derer sie uns erklärt, wie ein “zugewandtes” Familiensystem funktionieren kann. Desweiteren seziert sie Floskeln, die in Bezug auf Erziehung immer wieder fallen wie z.B. der Satz "Kinder brauchen Grenzen" oder das belächelnd-tadelnde Modewort “Helikoptereltern”. Was dieser Satz oder dieses geflügelte Wort eigentlich impliziert, darüber klärt uns Imlau in ihrer sachlichen und verständlichen Art auf. Nora Imlau will uns mit diesem Buch am Schwarz-Weiß-Denken vorbeiführen: "In Wirklichkeit ist die Sache komplizierter" oder "so einfach ist es nicht" sind häufig verwendete Sätze von ihr wenn es darum geht, uns zu erörtern, dass es mehr als einen Weg zum Ziel gibt und man die Dinge - gerade im Umgang mit unseren Kindern - von mehreren Seiten betrachten und stets hinterfragen muss. Ihre eigene Fehlbarkeit als Mensch und Mutter wirft die Autorin immer mal wieder in den Ring. Damit macht sie sich nicht nur sympathisch und nahbar, sondern sie signalisiert damit: Elternschaft füreinander statt gegeneinander. Imlau ist keine "instamom", die im luftleeren Raum einer perfekt inszenierten Familie schwebt (die hinter den Kulissen vielleicht ganz anders aussieht) - sie holt uns Eltern stattdessen in unserer Unsicherheit und Verletzlichkeit ab und sendet das Signal, dass wir am Ende des Tages alle gleich sind. Gleichzeitig warnt sie aber davor, sie als Vorbild zu sehen, denn jedes "ethische Dilemma" (S. 242) verlange nach einer individuellen Lösung. Auch Nora Imlau ist nicht perfekt in ihrer Unperfektheit und kann uns letztendlich nicht die Entscheidungen abnehmen, die wir - ganz individuell - für unsere eigene Familie treffen sollen und müssen. Ich lege dieses Buch einfach allen Eltern wärmstens ans Herz - man kann sich durch die Lektüre die meisten anderen "Erziehungsratgeber" getrost sparen!
Teilweise etwas langatmig und viel "um den heißen Brei geredet"
Teilweise sind Kapitel sehr langatmig und es wird, vor Allem am Anfang viel um den heißen Brei geredet. Dennoch konnte ich eine Menge aus dem Buch für mich mitnehmen und schaue auch Wochen später immer wieder in meine Markierungen. Für mich eine gute Hilfe und ein guter Start in eine Bindungsorientierte Erziehung.
Bestes Buch über Familie, Bindung, Bedürfnisorientierte Erziehung
Klasse Buch. Setzt ganz am Anfang an, nicht einfach mitten drin. Erklärt vieles einleuchtend. Verändert somit auch die Sicht des Lesers. Nur zu empfehlen wenn man sich ernsthaft mit dem Thema auseinander setzen will!
Ich war auf der Suche nach einem Buch, das wirklich am Anfang ansetzt und nicht quasi mitten drin startet. Es ist mein erstes Buch über dieses Thema und ich kann die Wahl, dieses Buch als erstes über das Thema gewählt zu haben, nicht bereuen! Das habe ich mit diesem Buch gefunden! Es setzt wirklich von Anfang an an, erklärt viele Verhaltensweisen und Reaktionen. Es zeigt was WIRKLICH gemeint ist, beim Thema Bindungs-/Bedürfnissorientiert. Es hält einem aber auch immer wieder vor Augen, dass es okay und auch in gewissem Maße gut ist Fehler zu machen! Einen halben Stern habe ich abgezogen, da die Sätze teilweise sehr lang und daher nicht immer direkt und einfach zu verstehen sind. Das Buch ist also nicht das einfachste und sollte wirklich mit Ruhe und Zeit gelesen werden. Ich kann das Buch nur ganz klar empfehlen!
Tolles Buch!
Ich liebe die Bücher von Nora Imlau. Dieses beginnt wirklich von Anfang an und geht ins Thema liebevoll begleiten tief hinein. Es werden wirklich alle Thema abgearbeitet . An manchen Stellen war es mir etwas zu ausführlich, ansonsten aber ein super Buch. Vorallem für Menschen die neu im Thema sind!
Ein umfangreiches und sensibles Aufklärungsbuch! Meine Meinung Ich folge der Autorin schon lange auf ihrer FB-Seite und mir gefällt, was sie über Kinder, Bedürfnisse, Wünsche, Freiheiten wie auch Grenzen von Kindern und Eltern erzählt. Auch ich bin Mutter, habe zwei Kinder und stoße täglich an meine Grenzen. Ich muss versuchen das Muttersein und meine Kindererziehung mit meinem Arbeitsplatz und auch meiner verdienten Freizeit unter einen Hut zu bringen, und das alles möglichst unkompliziert, so gut es geht. Wäre alles nicht so schwer, wenn Kinder nicht kleine Menschlein mit eigenem Charakter und Vorstellungen von ihrem Leben hätten. Deshalb war ich auch auf das neue Buch von Nora gespannt. Ich wollte möglichst viel Input und Unterstützung bekommen. Dieses Buch ist kein Familien- und Erziehungsratgeber im eigentlichen Sinne. Die Autorin zeigt die historische Entwicklung von Erziehung in Deutschland und der DDR auf, geht auf viele wissenschaftliche Erkenntnisse ein und klärt Eltern auf, was ihrer Meinung nach nötig ist, wenn man eine zugewandte Elternschaft leben möchte. Damit führt sie neben der bedürfnis- bzw. bindungsorientierten Erziehung eine neue Begrifflichkeit ein, die mir sehr gut gefällt. Im Kern geht es darum, dass Eltern ihre Macht Kindern gegenüber nicht ausnutzen. Es gilt zu erziehen, und zwar ohne Gewalt und ohne Strafen. Doch wie ist das möglich? “Weil unsere Kinder von uns Erwachsenen so abhängig sind, tragen wir die Verantwortung für unsere Beziehung zu ihnen. Dazu gehört auch, Frust und Wut von Unterlegenen auszuhalten, ohne es ihnen aus unserer überlegenen Machtposition heraus mit gleicher Münze zurückzuzahlen.” (BuchS. 119) Im ersten Drittel klärt Nora Imlau auf, dass die heutige Elterngeneration glücklicherweise einen neuen Weg der Erziehung gehen kann. Doch dieser Weg bringt nicht unbedingt Erleichterung. Es ist eher der schwierigere Weg, im Vergleich zu dem unserer Eltern und Großeltern. Diese hatten mehr oder weniger klare Regeln in Punkto Erziehung, die von der Gesellschaft vorgegeben wurden. “Kinder müssen hören und folgen” und wer das nicht tat, wurde bestraft. Oftmals wuchsen Kinder in Angst gegenüber ihren Eltern auf und verhielten sich ob dieser Angst sehr brav und zurückhaltend. Gut für die Eltern, doch nicht wirklich gut für die Kinder, da sie keine echte Verbindung und Beziehung zu ihren Eltern hatten. Heute will man es besser machen und die Autorin gibt sehr gute und stichhaltige Antworten und Beispiele, warum die zugewandte Elternschaft besser für Kinder ist. Dies hat mir sehr gut gefallen und war für mich nachvollziehbar. Probleme ergeben sich nun aus der gewünschten Perfektion von Eltern, die zum einen alles besser machen wollen und zum anderen in den sozialen Medien, wie Instagram zum Beispiel, nur perfekte Familien mit perfekten Kindern und perfekt aussehenden Wohnungen / Häusern zu sehen bekommen und daran verzweifeln. Doch nichts muss, alles kann (was gut tut)! Wir müssen nicht perfekt sein und neben dem Kampf um gute Eltern zu sein, gleichzeitig auch die perfekte Haushälterin zu mimen, den perfekten Kindergeburtstag auszurichten und den perfektesten Kindergartenfestkuchen zu backen. So schafft dieses Buch zugeleich Erleichterung wie auch Schmerzen! Es ist ein sehr guter Wegweiser, um sich und seine Familie einzunorden und für sich zu erörtern, was man will, brauch und kann, um an seine Ziele, die man wieder niedriger stecken muss / kann, zu gelangen. Doch gleichzeitig zeigt es in aller Bandbreite die Defizite auf, die man aus seiner Kindheit mitbringt und überreicht bekommen hat, gegen die man permanent ankämpfen muss. Denn das sogenannte Bauchgefühl, auf das man sich oftmals verlassen hat, “ist [ … ] in vielen Fällen nichts weiter als eine wilde Mischung eigener Erfahrungswerte sowie Glaubenssätzen und Überzeugungen, die wir unbewusst aus unserer eigenen Kindheit mitgenommen haben, und die jetzt unser Denken und Fühlen in Bezug auf unsere eigenen Kinder prägen.” (Buch S.18) Somit stehen wir als Eltern vor einer Mammutaufgabe, die so nicht zu bewältigen ist, ohne seine Glaubenssätze zu be- und zu hinterfragen und neu zu sich zu finden. Nora Imlau gibt ihrer Leserschaft auch kleine Einblicke in ihre eigenen Verfehlungen und Tipps, wie man mit der einen oder anderen Situation beherrschter und gelassener umgehen kann. Auch dies ist hilfreich, denn es gibt genug Eltern, die sich mit neuen und anderen Ideen schwertun, die sie nicht kennen und tief in ihren emotionalen Blockaden stecken und nicht frei umdenken können. Hier hätte ich mir deutlich mehr Offenlegungen und Anregungen von der Autorin gewünscht. So bleibt deshalb doch der Eindruck bestehen (obwohl sie in dem Buch dies oft negiert und dagegen ankämpft, sie so zu sehen), dass die Autorin unglaubliche Kräfte besitzt, um ein Familienleben mit 4 Kindern zu wuppen, eine gesunde Paarbeziehung zu leben, in ihrer Freizeit (welcher Freizeit?) permanent neue Bücher zu schreiben, ihre sozialen Medienkanäle auf Facebook und Instagram zu bedienen, auf Leserpost zu antworten, Interviews zu führen… Fazit Trotz kleiner Kritikpunkte, insgesamt ein absolut lesenswertes Aufklärungsbuch über Erziehung, Elternschaft, Kinderempfindungen, Gewalt und Strafen. Ein Buch, das ich ganz sicher noch ein paarmal lesen werde, um mir die eine oder andere Erklärung und auch Empfehlung in Erinnerung zu rufen. Denn aus meiner praktischen Erfahrung mit meinen Kindern habe ich jetzt schon festgestellt, dass vieles, das Frau Imlau empfiehlt, sich als richtig und hilfreich erwiesen hat.
Ein ganz wunderbarer Ratgeber mit vielen Informationen, Tipps und Anekdoten. Würde ich allen Eltern empfehlen, da auch die eigenen Prägungen sehr gut beleuchtet werden. Habe das Hörbuch gehört und fand es sehr gut eingesprochen