Realistisch, uneitel und sehr nahbar
Wir treffen Eva und Thomas 30 Tage vor ihrer Trennung und begleiten sie bis zum Tag des Showdowns. Und auch nach der Trennung gehen wir mit ihnen durch neue Affären, Liebeleien und viel Schmerz, Zweifel und Hoffnung. Was kann es? Besonders die Tage vor der Trennung sind so intensiv und realistisch, dass ich kaum jemanden kenne, der das Buch gelesen hat und nicht sagt: OMG ich erkenne mich / die Ex / den Mann darin wieder. Es ist eine wahnsinnig große Kunst so zu schreiben, dass das gelingt. Und noch etwas ist eine große Kunst: zwei Protagonisten zu schaffen, die einen nerven, leid tun und denen man trotzdem nur das Beste wünscht. Besonders beeindruckt hat mich, dass Anna Brüggemann komplett uneitel schreibt: es geht ihr um die Geschichte, es geht ihr ums Erzählen. Ich hab selten ein so uneitles Buch gelesen und das ist wirklich eines der größten Komplimente, die ich mache. Einziger Wermutstropfen: Ich finde die Zeit nach der Trennung hätte kürzer sein können, dafür hätte ich mir mehr aus der Beziehung gewünscht bevor sie so katastrophal in die Brüche geht. Aber trotzdem empfehle ich dieses Buch wirklich uneingeschränkt weiter. Es ist wirklich wirklich gute Literatur. Für wen ist es? Ich glaube, ich würde das Buch nicht gerne gelesen haben während einer Trennung. Gerade Thomas Perspektive kann sehr schmerzhaft dann sein. Mit etwas Abstand kann und sollte das Buch aber jeder lesen, der sehr, sehr, sehr realistische Beziehungsdynamiken mag, der keine Lust auf Kitsch und Quatsch hat, der weiß, dass Liebe manchmal ganz leise verschwindet und dass genau das manchmal das größte Drama von allem sein kann.