Liebe ist eine Kunst, kein Zufall – fordernd, aber lohnend.
Die Kunst des Liebens von Erich Fromm war für mich keine einfache, aber eine sehr bereichernde Lektüre. Ich hatte gehofft, mehr über zwischenmenschliche Beziehungen zu lernen – bekommen habe ich aber viel mehr: eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Menschsein, mit Freiheit, Reife, Verantwortung und der Fähigkeit zu lieben. Fromm stellt Liebe nicht als etwas dar, das einem einfach passiert, sondern als eine Haltung, eine Fähigkeit, die man entwickeln und üben muss – ähnlich wie eine Kunst. Das hat mich sehr angesprochen, weil es Liebe dadurch nicht idealisiert oder romantisiert, sondern realistisch und gleichzeitig tiefgründig betrachtet. Besonders beeindruckend fand ich seine Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Liebe: romantischer Liebe, Nächstenliebe, Selbstliebe, Mutterliebe usw. Dabei wird klar: Liebe ist nicht einfach ein Gefühl, sondern eine Entscheidung, ein aktiver Prozess, der Reife, Geduld und Selbsterkenntnis erfordert. Was mich allerdings auch gefordert hat, war der philosophisch-psychologische Stil. Manche Abschnitte sind sehr theoretisch und erfordern Konzentration – es ist kein Buch, das man mal eben nebenbei liest. Aber wenn man sich darauf einlässt, wird man mit vielen Denkanstößen belohnt. Ich habe oft innegehalten, reflektiert und mir Fragen gestellt: Wie liebe ich eigentlich? Bin ich bereit, wirklich Verantwortung zu übernehmen? Fromms Gesellschaftskritik – etwa an der Konsumhaltung in Beziehungen oder der Idee, Liebe sei etwas, das man „findet“ statt entwickelt – fand ich sehr treffend und erstaunlich aktuell, obwohl das Buch schon vor Jahrzehnten geschrieben wurde.