fängt sehr stark an, lässt aber irgendwann sehr nach
Clemens Setz begibt sich in seinem 2020 erschienen Sachbuch “Die Bienen und das Unsichtbare” auf Entdeckungsreise in die Welt der erfundenen Sprachen und führt uns mit unglaublichem Feingefühl und Erzählkunst durch seine Recherchearbeit: von großen Plansprachen wie Esperanto und Volapük bis zu Nonsensdichtungen und KI-Lyrik. Seine eigene Begeisterung für diese mysteriöse Welt scheint in jeder Zeile durch und wird mit persönlichen Tagebucheinträgen aus der Zeit, in der er einige der Sprachen selbst erlernte, untermalt. Dabei geht er auch der Frage nach, welche Umstände Menschen überhaupt dazu bewegen, eine neue Sprache zu erfinden und wer die Menschen sind, die diese Sprachen dann erlernen. So machen wir Bekanntschaft mit den “Päpsten und Programmierern” der einzelnen Sprachen, aber auch mit Anwendern, mit Sprechern und Dichtern, die sich Esperanto und Co. zu eigen machten. Mich hat besonders fasziniert, wie sich durch eine neue Sprache auch eine neue Weltanschauung Bahn bricht und sich der Zugang zu unserer alltäglichen Welt verändern kann. Setz führt dabei immer wieder inspirierende, lustige, aber auch sperrige Beispiele aus dem Wortschatz verschiedener Sprachen an: Es gibt auf Volapük ein eigenes Wort für "unerwünschtes Wachsen": luglof. Und großartig ist auch das Wort für "Schlaganfall": breiniflap. (S. 184) Viele Láadan-Wörter sind von perfekt in sich ruhender Gestalt. odithámála: etwas oder jemanden mit der Zunge streicheln óol: Mond Und davon abgeleitet: óolewil: Menstruationsblut [Mond + Fluss] Oder wie Elgin im Original schreibt: Moon River. (S. 155) Für mich war diese Lektüre so bereichernd, wie ich es niemals erwartet hätte. Clemens Setz bettet die Thematik in einen philosophischen Zusammenhang, bleibt dabei aber extrem nahbar und scheut sich nicht, eine persönliche, verletzliche Seite zu zeigen. Ich liebe es, wenn er eine schlecht verständliche Aussage zitiert und danach einfach schreibt, er kapiere das auch nicht