Wałbrzych über die Jahrzehnte: Eine triste Stadt in Niederschlesien; unter der es Kohle gibt und in die Bergarbeiter nach dem zweiten Weltkrieg aus den ehemaligen Ostgebieten Polens, dem heutigen Weißrussland und der Ukraine, gebracht werden; an deren Rand Piaskowa Góra errichtet wird, eine Plattenbausiedlung, in die bald schon das Ehepaar Chmura zieht. Wir begleiten nicht nur Wałbrzych auf seinem Weg durch den Sozialismus, sondern vor allem Jadzia und die anderen Frauen in ihrer Familie auf eben jenem Weg aus Tristesse, Verlust, Enttäuschung und Hoffnung auf einen Schwiegersohn (und Waschmittel) aus der BRD. In der Familie Chmura/Strąk warten schwere Lebenswege auf die Frauen, die nur einen geringen Bildungsgrad aufweisen und trotzdem sie am Rande des Geschehens bleiben, sehen wir alle politischen Wandlungen an ihnen, wenn sie auch meistens nur "erleiden" statt aktiv gestalten. Ihre Männer scheitern, sterben früh und tragen grundsätzlich nur dazu bei, ihr Leben zu erschweren. All diese Trostlosigkeit und Tristesse wird in solch eine zauberhafte Sprache verpackt, sodass man sich urplötzlich und unbemerkt auf einmal in einem polnischen Plattenbau (der, je höher das Stockwerk, immer schiefere Wände und unpassendere Nischen für Wandschränke aufweist) zu Hause fühlt. Unbedingt mehr von Joanna Bator! Ich warte nun sehnlichst auf das nächste auf Deutsch erscheinende Buch im März.
31. Mai 2024
Sandbergvon Joanna BatorSuhrkamp