Ich bin erstaunt, wie mich ein Buch mit so einer unsympathischen Protagonistin und mit einem so bekannten Thema so fesseln konnte.
Dieses Buch schildert den Sommerurlaub einer Frau und ist gespickt mit Erinnerungen an ihr eigenes Leben und stellt die Frage nach der Bedeutung von Mutterschaft. Leider ist der Schreibstil überhaupt nicht zu mir durchgedrungen und die eigentliche Handlung hat mich gelangweilt und irritiert zurückgelassen. Es gibt sicherlich einen ehrlichen Einblick in das Mutter sein und ist sicherlich eine spannende Lektüre, wenn man denn einen Zugang zum Schreibstil findet.
Atmosphärisch und reflektiert
Ein sehr intensives Buch - eine Frau beobachtet im Urlaub eine junge Mutter und ihre Tochter und reflektiert dabei ihre eigene Mutterrolle. Auch sehr gut verfilmt mit der wunderbaren Olivia Coleman.

Als Ledas Töchter zu ihrem Vater nach Kanada ziehen, verspürt die knapp 50-Jährige vor allem Erleichterung. Sie mietet sich eine kleine Wohnung an der süditalienischen Küste und verbringt die heißen Sommertage lesend und ihren Unterricht vorbereitend am Strand. Dort beobachtet sie eine neapolitanische Familie, insbesondere eine junge Mutter und deren Tochter. An einem besonders warmen und vollen Sonntag tut Leda etwas Unüberlegtes, was einen dunklen Schatten über ihren Sommer werfen wird. In "Frau im Dunkeln" verbindet Elena Ferrante, übersetzt von Anja Nattefort, italienischen Sommer-Urlaubsflair mit einer abgründigen, unbehaglichen Stimmung, was für mich sehr gut funktioniert hat. Sie erzählt in ihrem schmalen Buch von der Zerrissenheit von Müttern zwischen Karriere, Selbstverwirklichung und Elternschaft. In Kombination mit Ferrantes außergewöhnlichem Schreibstil ist diese Geschichte zwar nicht besonders angenehm, dafür aber spannend und eindrücklich zu lesen. Von mir gibt es eine Empfehlung, nicht nur für den Urlaub in Italien, und ich werde wohl in diesem Sommer noch die Neapolitanische Saga weiterlesen müssen.

Tiefgründige Einblicke in die Persönlichkeit der zentralen Figur, eine sehr ehrliche und ergreifende Selbstreflexion als Mutter und Frau. Leider zum Teil etwas langatmig.
Wer Ferrante mag muss diese kurze aber aufwühlende Geschichte lesen. Ehrlich und hässlich wie das Leben eben sein kann. *** Sie beobachtet die junge Mutter mit ihrer kleinen Tochter. Faszination und unerklärliches Interesse. Ihre Kinder sind erwachsen, leben auf einem anderen Kontinent. Eine unbegreifliche Tat, die heranrollt wie eine Welle an einem italienischen Strand. *** Das Buch habe ich mir zu Hundert Prozent aufgrund der Autorin ausgesucht. Elena Ferrante schreibt unglaublich simmungsvoll und das faszinierenderweise mit wenigen Worten. Meiner Meinung nach ein echtes Ausnahmetalent. Das erste was ich zu dem Buch schreiben muss ist die Stimmung die es auslöst. Und das schon auf den ersten Seiten. Ich war als Kind oft in Italien, am Meer, an den Ober-italienischen Seen. Mit wenigen Worten hat die Autorin in mir ein fast unbeschreibliches Gefühl ausgelöst. Die Luft um mich herum hat plötzlich nach Sonnencreme gerochen, in der Luft lag der Duft von Harz und warmem Teer und ich habe Möwen gehört. Nichts davon hatte die Autorin so geschrieben, und dennoch war ich mit ihr in Italien. *** Ich sehe mich mit Elena Ferrante (die kein Gesicht hat, weil der Name ja auch nur ein Pseudonym ist) auf wackeligen Plastik Stühlen an einem kleinen Strand Kiosk am italienischen Meer. Vor uns sitzt Leda unter einem fransigen Sonnenschirm, mit ausgeblichenen gelben Streifen und beobachtet die laute Familie. Ich sehe das klar und deutlich vor meinem inneren Auge. Ich rieche, ich schmecke, ich höre. Und dann das Cover. Ich fühle dieses Bild fast körperlich. Genau da war ich. Genau diese Leute habe ich auch schon beobachtet. Ich weiß wie sich der leicht raue Sand zwischen den Zehen anfühlt. Wie das lauwarme San Pellegrino schmeckt und die Kokosnussstücke die ein dunkelhäutiger Mann aus einem Plastikeimer verkauft. Dieses Buch ist mir alleine schon heilig, weil es mich an viele Sommer meiner Kindheit erinnert. Und ich habe noch nicht mal von der Geschichte gesprochen, sondern nur vom Flair und dem Schauplatz bisher... *** Die Geschichte ist recht melancholisch und ein wenig deprimierend. Leda erwähnt zwar oft genug (gedanklich) wie sehr sie ihre Töchter liebt, doch fügt stets an dass sie sich selbst mehr liebt. Sie hat keine besonders hohe Meinung von ihren Kindern und ist teilweise sogar sehr gehässig. Diese hässlichen Charakterzüge machen sie zu einem nicht besonders tollen Menschen aber durchaus zu einer spannenden Protagonistin. Identifizieren kann und will man sich nicht mit ihr, doch wie so oft finden wir Menschen besonders spannend die weit ab der Norm fungieren.
Ich hatte definitiv Probleme mit diesem Roman. Leider ist die Hauptperson nicht sympathisch, und das ist etwas, was mir bei Büchern am wichtigsten ist. Mutter und Frausein stehen hier im Mittelpunkt, und nichts wird verschönert dargestellt. Leda ist keinesfalls eine perfekte Mutter, doch was heißt es überhaupt perfekt zu sein? Mir war die Geschichte einfach zu kurz um irgendeine Art von Verständnis für Leda aufzubauen. Ich konnte keine Verbindung zu ihrem Charakter aufbauen, und auch die Geschichte packte mich nicht. Wenigstens war der Roman sehr kurz. Ferrante will ich irgendwann mal eine zweite Chance geben.
This isn’t a feel good book and I didn’t like the characters at all - but it truly deserves 4 stars for its captivating writing style and its brutal honesty regarding Ledas ambivalent thoughts, emotions and actions.
Ein Buch für zwischendurch. Es liest sich gut weg, wird jedoch nicht hängen bleiben.

Frau im Dunkeln von Elena Ferrante, erschienen im Suhrkamp Verlag, aus dem Italienischen übersetzt von Anja Nattefort (188 Seiten) Leda, eine fast 50 jährige Professorin, genießt ihren Urlaub in Süditalien am Meer. Sie lebt alleine, hat zwei erwachsene Töchter. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, als Leda unter den vielen Menschen am Strand eine Großfamilie ins Auge sticht. Eine dazugehörige junge Mutter und ihre kleine Tochter fallen ihr besonders auf und sie fängt an beide Tag für Tag sehr genau zu beobachten und letztlich auch mit ihnen in Kontakt zu kommen. Doch der Kontakt ist alles andere als eine beiläufige Bekanntschaft am Strand. Es werden in Leda schmerzliche Erinnerungen und Schuldgefühle geweckt. Sie reflektiert teils bewusst die Entscheidungen in Bezug auf ihre Kinder, die sie damals getroffen hat und teils unbewusst überrollen sie Gefühle in Bezug auf Schwangerschaft, Kinderkriegen sich aufopfern, alles hinschmeißen, die eigene Wünsche und Ziele über die Familie stellen wollen. Sie verliert immer mehr die Kontrolle über ihre Handlungen und verstrickt sich in eine ausweglose Situation. „Der Körper einer Frau macht tausend verschiedene Sachen, er arbeitet, rennt, studiert, fantasiert, erfindet, reibt sich auf, und derweil werden die Brüste größer, die Schamlippen schwellen an, das Fleisch pocht in einem runden Leben, das zu dir gehört, dein Leben, doch es drängt woandershin, es wendet sich von dir ab, obwohl es deinen Bauch bewohnt, einen freudvollen und schweren Bauch, köstlich wie ein gieriger Impuls und doch abstoßend wie ein giftiges Insekt, das sich in einer Vene einnistet.“ (Seite 47) Mein erster Roman von Elena Ferrante und ich bin sehr begeistert. Sie ermöglicht mit ihrem Schreibstil einen Einstieg mit Leichtigkeit. Das zugängliche Setting ist eine wunderbare Urlaubsszenerie, in die man leicht eintaucht. Und dann wird es Schritt für Schritt ernster, düsterer und sie verwebt gesellschaftliche Perspektiven auf Mutterschaft mit der fiktiven Geschichte von Lena. Als Leser*in bekommt man ein sehr detailliertes Bild davon in welcher Beziehung sie jeweils zu ihren Töchtern steht, wie sie aufgewachsen sind und wie ihr Leben zu Beginn ihrer Mutterschaft verlaufen ist. Genau detailliert beobachtet Leda die junge Mutter und das Kind am Strand. Die Stimmung des Romans wechselt im Laufe der knapp 190 Seiten schnell zu einer angespannten und fesselnden Atmosphäre, die Geschehnisse werden immer fragwürdiger und abstruser und doch ist klar, dass dahinter ein starkes Statement steckt. Nämlich, dass Mütter kaum Freiheiten in ihrer Rolle besitzen und auf sehr viel negative Kritik stoßen, wenn sie sich aus dieser Rolle befreien und eigene Wege gehen möchten. Dieses Buch ermutigt sich von festgefahrenen Strukturen zu befreien und den eigenen Weg zu reflektieren. Elena Ferrante schafft es diese Gesellschaftskritik auf eine so raffinierte und entwaffnende Art zu transportieren. Es ist mit Sicherheit nicht mein letzter Roman von ihr. Auf dem Bild abgebildet: die Lizenzausgabe der Büchergilde / unbezahlte Werbung, selbst gekauft
Wieder einmal ein Buch, dass ich nur sehr schlecht bewerten kann. Der Schreibstil gefällt mir, aber die Protagonistin, aus deren Sicht das Buch erzählt wird (mit sehr viel innerem Monolog, Rückblenden, Betrachtung ihrer Gedanken und Gefühle), ist mir zutiefst unsympathisch und ich will sie eigentlich nicht wirklich verstehen. Zum Glück war das Buch sehr kurz, denn das Lesen hatte ein bisschen was von diesem berühmten Autounfall, wo man durch die Faszination des Grauens einfach nicht wegsehen kann. (Ich möchte betonen, nicht dass jemand nach meiner Bemerkung etwas falsches erwartet: Ich verwende zwar den Begriff Faszination des Grauens, beziehe mich aber nicht auf Ereignisse im Buch, sondern auf die Gedanken der Protagonistin - das Buch ist eher handlungsarm) Fazit: Gut geschrieben, aber nahezu unerträglich.
Ihre Kinder sind erwachsen und zurzeit bei ihrem Vater in Kanada. Was liegt da näher als sich mal einen ausgiebigen Strandurlaub zu gönnen. Leda beinahe 50 Jahre alt, Literaturprofessorin und noch immer eine attraktive Frau wird schnell Teil der Strandszene. Besonders eine junge Frau hat es ihr angetan, die mit ihrem kleinen Kind und ihrer ganzen Familie täglich am Strand zu finden sind. Als die Puppe der Kleinen verschwindet, ist diese totunglücklich und weigert sich auch nur ein anderes Spielzeug anzuschauen. Was keiner weiß Leda hat die Puppe vom Strand mitgenommen und wird nun von Erinnerungen aus ihrer Zeit als Mutter heimgesucht. Durch die Suche kommt sie der Mutter der Kleinen immer näher, nicht wissend wie sie den Raub der geliebten Puppe rückgängig machen soll. Nachdem ich fast durch bin mit dem Neapolitanischen Zyklus und dieses Buch in meiner Bibliothek stehen sah, wollte ich es mit einem weiteren Werk der Autorin versuchen. Der Schreibstil ist gewohnt klar und die beschriebenen Emotionen von Leda gingen mir unter die Haut. Das Résumé über ihre Zeit als Mutter, das Abwägen von guten und schlechten Dingen, der Vergleich ihrer Töchter mit sich selbst und dem Eingeständnis sie verlassen zu haben um sich selbst zu verwirklichen. Durch Nina und möglicherweise ihr Alter stellt Leda sich den letzten 20 Lebensjahren. Ich konnte gut nachvollziehen, dass sie zu jung Mutter geworden ist und daher dachte etwas zu verpassen. Insbesondere, als sie die Anerkennung eines renommierten Professors erhält. Leda war trotzdem sie eine starke Hauptprotagonistin ist, mir sehr unsympathisch. Zu akademisch und unterkühlt in ihren Gefühlsäußerungen. Gestört hat mich ebenso, dass das Ganze Werk klang wie ein Stück aus der Neapolitanischen Sage. Auch da verlässt Elena ihre Kinder um mit ihrer Jugendliebe zusammen zu sein. Auch Elena fühlt sich unwohl in der Mutterrolle, will dem kleinbürgerlichen Leben entgehen und als Intellektuelle Anerkennung erheischen. Sie ist ebenso gefühlskalt zu ihren Kindern wie Leda und auch die heimlichen Telefonate in Telefonzellen mit ihren Liebhabern gleichen sich auffallend. Daher hatte ich nicht wirklich das Gefühl einen eigenständigen Roman zu lesen. Es kam mir eher so vor als würde ich ein weiteres Stück mit Elena gehen, hier fehlte aber der kluge, spritzige Gegenpart Lila, der das Ganze aufgewertet hätte. Es war unterhaltsam aber mich hat es zu sehr an die Neapolitanische Sage erinnert, bei der mir noch der letzte Band zur Vervollständigung fehlt, der aber schon griffbereit auf meinem SUB liegt.
Bis vor kurzem ist das Ferrante-Fieber ja gänzlich an mir vorbei gegangen. Zum einen, weil ich nicht wirklich etwas mit den diversen Klappentexten ihrer Bücher anfangen konnte, die ich hin und wieder schon einmal überflogen hatte und zum anderen, weil, naja, wie drücke ich das diplomatisch aus, Italien als Schauplatz für Geschichten nicht gerade hoch in meinem Kurs stehen. Doch dann kam Das lügenhafte Leben der Erwachsenen bei mir an und nach kurzen Startschwierigkeiten war ich drin – angesteckt mit dem Fieber, dass ich gar nicht wieder senken möchte und was soll ich sagen? Ich wollte mehr. Daraufhin hat mir die liebe Tabitha aus dem Verlag schließlich Frau im Dunkeln ans Herz gelegt und binnen eines Tages war ich durch mit dieser fantastischen Geschichte. Aber lasst mich kurz erklären, worum es in diesem Buch überhaupt geht: Leda, Wissenschaftlerin an einer Florentiner Universität, macht Ferien in Kalabrien, an einer Küste im Süden Italiens. Sie ist geschieden, ihr Ex-Mann und die beiden gemeinsamen Töchter leben in Kanada. Am Strand umsorgt sie ein attraktiver, junger Strandwächter, was ihrem Ego sichtlich guttut und dabei bereitet sie sich auf das nächste Semester vor. Aber durch eine laute und unverschämt wirkende Großfamilie wird sie immer wieder gestört. Und dann fällt ihr die junge Mutter Nina, und deren kleine Tochter auf. Sie ist fasziniert davon, wie das Kind ihre Puppe behandelt: liebevoll, umsorgend, genauso wie die Mutter sie behandelt. Leda sucht Kontakt zu den beiden, warum, ist ihr erst nicht so recht klar. Aber ihr früheres Leben sowie ihr Verhalten drängen sich in ihr Bewusstsein: Sie hatte ihre Familie plötzlich verlassen, die Kinder waren noch klein. Leda war den oft abwesenden Mann, der sie auch betrog, und die anstrengenden Kinder leid. Und so arbeitete sie einige Jahre an ihrer Karriere, kehrte dann wieder zu Mann und Kindern zurück, doch später kam es zum endgültigen Bruch. Nun ist Leda allein und arrangiert sich vermeintlich gut mit der Situation – aber das Familienleben am Strand führt ihr überdeutlich vor Augen, dass doch nicht alles so gut ist, wie sie es sich gern einredet. „Die Dinge, die wir selbst nicht verstehen, sind am schwierigsten zu erzählen“, sagt Leda, die 48-jährige Ich-Erzählerin des Romans und erzählt uns dann von ihrem Strandurlaub, der sie zurück in ihre Vergangenheit versetzt. Das kling jetzt für viele nicht weiter aufregend, doch Elena Ferrante hat eine einzigartige Begabung, von den dunklen, schambehafteten Seiten der Menschen zu schreiben. Insbesondere die Auseinandersetzung mit den Themen Partnerschaft und Muttersein ist stets schmerzhaft. Es geht um quälende Schuldgefühle, um Neid und um Minderwertigkeitskomplexe, aber auch um Konkurrenz und den Zwang, sich selbst oder die eigenen Kinder mit anderen zu vergleichen. Und hier ist es nicht nur der Vergleich ihres jüngeren Ichs mit der jungen Mutter Nina, die zunächst ausgesprochen entspannt wirkt, sondern auch der Vergleich ihren längst erwachsenen Töchtern mit deren Freundinnen: Leda fühlt sich noch unsicher in ihrer Position und Rolle und versucht dem Gefühl der Bedrohung aggressiv zu begegnen, nur um wenig später eine Freundin, die ihrer Tochter gefährlich wird, zu beschimpfen und zu demütigen. Gerade diese menschlichen Schwächen machen Ferrantes Protagonistinnen so authentisch. Menschliche Krisen und der Umgang mit ihnen sind ein großes Thema und dabei rutscht sie nie in den Kitsch oder die Rührseligkeit ab, sondern bewahrt eine gewisse Kühle und Distanz. Als Leser schwankt man zwischen Verständnis und Ablehnung. Manchmal fühlt man sich unangenehm ertappt, weil man vielleicht selbst schon einmal die gleichen Gedanken und Gefühle hatte, über die man aber nie sprechen würde. Und so ist Frau im Dunkeln ein Buch geworden, dass mich immer wieder gefordert und zum Nachdenken gebracht hat. Es hat mich mehr als begeistert und mein Ferrante-Fieber sogar noch angeheizt und deshalb stellt sich erneut die Frage: Welches lese ich als nächstes von ihr?