
Verstehen kann man das Leben rückwärts; leben muss man es aber vorwärts. (Søren Kierkegaard)
Nach zwei Seiten wusste ich, was ich bei diesem Buch vermisse. Den Punkt am Ende eines Satzes. Dafür bekam ich als Leser unglaublich viele Wortwiederholungen. 😅 Da dieses Werk nur 122 Seiten umfasst, wollte ich das Buch dann irgendwie schnell hinter mich bringen. Doch dann passierte etwas spannendes. Der Text rund um die Geburt des Protagonisten Johannes liess eine hohe Lesegeschwindigkeit einfach nicht zu. Ja, er forderte geradezu Ruhe ein. Jede erlittene Wehe, jedes Pressen der werdenden Mutter forderte Platz sich zu entfalten. Ich gab dem Text Zeit und Raum, was beinahe zu einer meditativen Erfahrung wurde. Obwohl inhaltlich nicht viel passiert, hat dieses Buch sehr viel zu sagen. Was ist im Leben wichtig, was sind die grossen Dinge, wie möchte man gelebt haben, was schafft Identität? All das erwähnt Jon Fosse mit keinem Wort, doch schwingen diese Fragen durch seine Erzählweise die ganze Zeit mit. Ein Buch, das anders ist, wie alles andere, das ich bis zum heutigen Tage gelesen habe. Grosses Kompliment an den Übersetzer Heinrich Schmidt-Henkel, der den Erzählstil Fosses gut ins Deutsche überführt hat.